Die Terranauten 064 - Planetensterben
jemand Säure darübergegossen.
Daktar konnte nicht seinen Blick davon wenden.
»Beim nächsten Mal lasse ich dich erst vom Drachen entführen, wie es einem richtigen Heldenepos gebührt. Und dann kommt mein großer Auftritt. Ich bringe das Schwert der Wunder mit und köpfe das Untier, in dessen Blut ich mich bade, um Unsterblichkeit zu erlangen.«
Sie amüsierten sich beide und fielen sich in die Arme.
»Herrje, Quendolain, Liebling, du hast mir mit deinem Hinweis das Leben gerettet. Unglaublich, aber ich mit meinen ständigen Befürchtungen, was die Gefährlichkeit von Oxyd betrifft, habe den Drachen selbst geschaffen. Materie gewordene Angst, die in diesem Fall absolut tödlich gewesen wäre. Und ihr konntet natürlich nichts dagegen tun. Der Drache hätte anschließend auch euch verspeist. Die Veränderten von Oxyd hätten ein ganz schön trauriges Ende genommen. Meinst du nicht auch?«
»Spare dir deinen schwarzen Humor für später, und gib mir lieber einen Kuß!« schmollte Quendolain.
Er kam der Aufforderung gern nach.
Als sie hinaustraten und die lächelnden Gesichter der Gefährten sahen, rief Daktar aus: »Wir wissen jetzt, daß wir auf Oxyd nicht gefährdet sind. Ganz im Gegenteil. Wir befinden uns im Einklang mit seinen Energien – noch immer und viel intensiver als vorher. Ich nehme an, das war eine direkte Folge unserer gemeinsamen Bemühungen, diese Energien dazu zu verwenden, Oxyd von Rorqual zu entfernen und damit eine schlimme Katastrophe zu verhindern, der auch Oxyd zum Opfer gefallen wäre.«
Es gab keinen, der widersprach.
Sie hatten die Szene mit dem Drachen selbst erlebt und wußten, daß sie ihre Gedanken fürderhin im Zaum halten mußten.
Daktar hatte bewiesen, daß er sich rasch anpassen konnte. Waren andere zu einer ähnlichen Reaktion in der Lage?
Quendolain sagte kaum hörbar: »Der Mensch besteht leider nur zu einem kleinen Prozentsatz aus Verstand. Das andere ist Gefühl. Wie oft geschieht es, daß der Verstand anders entscheidet als das Gefühl, aber daß dieses Gefühl letztlich siegt? Anschließend paßt sich der Verstand an. Am Ende weiß der Mensch gar nicht mehr, daß er falsch entschieden hat.
Du hast bewiesen, Daktar, daß du auch in einer Extremsituation deinen Verstand über die Emotionen stellen kannst. Der Drache war feste Materie und nicht einfach eine Vision. Doch du hast nicht mehr an ihn geglaubt, obwohl er dir weh tat. Deshalb mußte er wieder verschwinden. Eine unglaubliche Tat, für die selbst ich dich beneide.«
»Ich höre es und wachse!« kommentierte Daktar grinsend. Dafür bekam er einen freundschaftlichen Tritt vor das Schienbein.
Als wäre nichts geschehen, wandte sich Quendolain an ihre Leute. »Nachdem die Ungefährlichkeit der Höhlen feststeht, können wir sie in Besitz nehmen. Ist jemand dagegen?«
Sie jubelten ihr zu.
»Na schön, fangen wir an. Anschließend versammeln wir uns, hm, sagen wir, dort drüben auf dem Plateau? Wir, Daktar und ich, werden jedenfalls diese erste Höhle nehmen. Was glaubt ihr, wie wir sie nennen sollen?«
»Drachenhöhle!« riefen ein paar fröhlich.
Quendolain wandte sich todernst an Daktar: »Einverstanden?«
»Nur, wenn du mein Drache bist!« entgegnete er bissig.
»Ich werde mir alle Mühe geben – für dich!«
Allgemeines Gelächter.
Quendolain hob ihre Stimme: »Nun, da Daktar meine Autorität endgültig begraben hat, kann ich froh sein, wenn ihr überhaupt noch auf mein Wort hört:
Ab in die Höhlen!«
Schreiend und johlend liefen sie hinüber. Unterwegs balgten und knufften sie sich wie übermütige Kinder.
Daktar und Quendolain sahen ihnen zu.
»Sie haben ein Stückchen Heimat auf einem fremdartigen Planeten gefunden.«
»Es ist kein Planet, sondern ein ganzes Miniaturuniversum mit eigener Gesetzmäßigkeit«, korrigierte Quendolain automatisch. »Sonst könnten nicht Gedanken zu Materie werden.«
Sie richtete ihren Blick über die leere Ebene. Sie erschien von oben gesehen endlos. Es gab keinen Horizont, sondern nur schillernde Farbfelder, die in der Ferne vorbeizogen, blitzschnell sich veränderten wie farbige Feuerwerksraketen, die auf einmal explodierten und dann den Himmel mit goldenen Streifen überzogen.
Es war ein unberechenbares Chaos, das sie aber nicht mehr schreckte.
*
Die Versammlung auf dem von Quendolain genannten Felsplateau fand bald statt.
Von hier aus hatte man einen ausgezeichneten Ausblick auf die weite Ebene und auch auf die Höhleneingänge.
Quendolain
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