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Die Terranauten 070 - Das grüne Paradies

Die Terranauten 070 - Das grüne Paradies

Titel: Die Terranauten 070 - Das grüne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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hinzufügen wollen, schwieg dann aber.
    Leise Stimmen drangen aus den Hütten, als sie – nachdem sie den Tausendfüßler der jungen Frau ins Gehege geführt hatten – durch das Dorf schritten. Nur langsam und fast widerwillig zog sich die Kälte aus den Gliedern des Mannes zurück. Irgendwo sang ein Kind ein trauriges, melancholisches Lied.
    Die Hütte der Heilerin lag abseits vom eigentlichen Dorf zwischen zwei gewaltigen Ulmen, die ihre Zweige wie schützend über das Dach ausbreiteten. Ein schwacher Lichtschein sickerte aus den trüben, beschlagenen Fenstern.
    Die dunkelhaarige Frau klopfte an die dicken Bohlen der Holztür. Schlurfende Schritte wurden dahinter laut.
    Die Heilerin war alt. Tiefe Furchen und Falten hatten sich in ein Gesicht gefressen, das viele Jahre gesehen hatte. Ihre Augen waren so dunkel wie das Haar der jungen Frau, die den Mann aus der Staubwüste gerettet hatte.
    Die Frau neigte den Kopf und legte ihre Hände auf die Brust. »Verzeih die späte Störung, Weise. Aber ich bringe dir hier einen Mann, der deine Hilfe braucht.« Sie erklärte der Heilerin in knappen Worten, was sie von ihrem Begleiter wußte und was ihm zugestoßen war. Die Heilerin nickte langsam und musterte den Mann mit einem seltsamen, undefinierbaren Blick.
    »Du hast richtig gehandelt. Dein Begleiter ist mir willkommen.« Sie trat zur Seite, um dem Mann Einlaß zu gewähren. An der Tür hielt er noch einmal inne und wandte sich zu seiner Retterin um.
    »Ich kenne deinen Namen nicht«, sagte er. »Nenn ihn mir, damit ich weiß, wem ich zu danken habe.«
    Die Frau lächelte warm.
    »Ich heiße Myriam«, antwortete sie.
     
    *
     
    Langsam verschwand die Inselkette im Süden hinter dem Horizont. Zwei Stunden, nachdem die sechs Seerosenquallen von dort aus in See gestochen waren, war um sie herum nur die Wüste des planetenumspannenden Ozeans. Die zweiundzwanzig Stummen Treiber verhielten sich ruhig. Sie blickten entweder starr geradeaus oder murmelten Laute, die vielleicht nur für sie selbst einen Sinn ergaben.
    »Es sieht fast so aus«, sagte die Mittlerin Nadine Thulin, »als hätte diese Reise tatsächlich einen ausgeprägten therapeutischen Effekt.«
    »Sie sind ruhiger geworden«, stimmte die Psychomechanikerin Myra Moran zu. »Freuen wir uns aber nicht zu früh. Sie sind im fortgeschrittenen Stadium. Ihr Verhalten kann sich von einem Augenblick zum anderen radikal ändern.«
    Nadine überprüfte ein weiteres Mal den Zusammenhalt der sechs Seerosenquallen, auf die die Stummen verteilt waren. Die Nervenbahnen und fädenartigen Fortsätze, mit denen sich die Quallen fortbewegten, waren fest miteinander verbunden. Keine Gefahr eines Auseinandertreibens.
    Die Psychomechanikerin teilte für einige Sekunden ihren Geist und drang in die Egosphären der Stummen ein. Ihr geistiges Geraune war nur schwer lokalisierbar. Dennoch hatte sie den Eindruck, als sei ihre Ruhe ein nicht nur oberflächlicher Eindruck.
    Der Kommunikator summte.
    Myra stellte ihre geistige Volleinheit wieder her und berührte einen Sensorpunkt an dem Gerät.
    »Hier spricht Medozentrum Neu-Thule«, meldete sich eine dumpf klingende Stimme. »Wir rufen Einsatzgruppe II. Bitte melden.«
    »Hier Einsatzgruppe II. Myra Moran, Psychomechanikerin. Um was geht’s?«
    »Hallo, Myra, hier ist Julien.« Er unterrichtete sie von den Ereignissen im Westen Surins, davon, daß eine Gruppe von Stummen Treibern ihre beiden Begleiter überwältigt hatte. »Zwei Ökowächter haben uns benachrichtigt. Die Stummen sind inzwischen wieder hierher ins Forschungs- und Behandlungszentrum transportiert worden.« Die Stimme räusperte sich. »Die nachfolgende Untersuchung hat zu einem außerordentlich besorgniserregenden Ergebnis geführt: Alle Stummen weisen eine drastische Veränderung in der Hirnaktivitätsstruktur auf. Damit einher geht ein rapider Zerfall von bis dahin aktiven Gehirnzellen. Offenbar hat der Aufenthalt in Surin und damit der Variökologie nicht einmal ansatzweise die beruhigende und heilende Wirkung, die wir uns davon versprochen haben. Im Gegenteil. Der Veränderungsprozeß scheint sich dadurch nur zu beschleunigen. Das entsprechende Programm gilt daher nicht mehr. Mach dich auf den Rückweg, Myra. Und zwar eiligst.«
    »Achtung!«
    Fast gleichzeitig mit dem Warnruf Nadines traf etwas Hartes an Myras Schläfe, und sie sank vornüber. Nur undeutlich sah sie in das verzerrte Gesicht eines Stummen. Der Mann keuchte und holte zu einem zweiten Schlag aus.
    Myra

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