Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Terranauten 070 - Das grüne Paradies

Die Terranauten 070 - Das grüne Paradies

Titel: Die Terranauten 070 - Das grüne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
Vom Netzwerk:
beschleunigen. Es gab nur ein Mittel:
    Tiefkühlschlaf. Keine Lösung, aber eine Hinauszögerung, eine Verschiebung des Individualtods. Bisher, so erinnerte sie sich, waren die Körper von zwei Psychomechanikern eingefroren worden. Sie zweifelte jedoch daran, daß sie jemals wieder erwachten … Der Assistent konnte keine Rücksicht auf sie nehmen. Wenn der Körperzerfallsprozeß Pascals eine bestimmte Stufe erreicht hatte, mußte er eingefroren werden. Das war Pascals einzige Chance. Wenn sie dann noch in seiner Sphäre gefangen war …
    Die Psychomechanikerin konzentrierte sich erneut und trieb wieder davon, schneller diesmal. Ein Sog entstand vor ihr. Er war ein Hinweis. Er war der Weg, der zu der Psyche führte, in der das Teil-Ich Pascals nach wie vor gefangen war. Nur eine Möglichkeit, Pascals Leben zu retten: hinein in den Sog. Feststellen, wer der Stumme war, in dem er gefangen war. Und wo er war.
    Sie ließ sich nicht hineintreiben, sondern gab sich selbst einen starken Antriebsimpuls. Einen Sekundenbruchteil später zerrte der Strudel an ihr und riß ihr eigenes Teil-Ich mit sich fort. Duryea kämpfte nicht dagegen an. Kampf konnte Orientierungsverlust bedeuten, und das konnte sie sich auf gar keinen Fall leisten, wollte sie wieder zurückkehren.
    Irgendwann, nach einer Ewigkeit, beruhigte sich der Strudel, und auch der Sog begann nachzulassen. Sie schwamm in einem Meer aus Pseudoruhe, das von den hohen und steilen Klippen aus Aufregung, innerem Drängen und dem Verlangen, das Ziel zu erreichen, eingegrenzt wurde.
    Es kostete Duryea unsagbare Mühe, die Klippen zu besteigen. Es war anstrengend, sich an die entsprechende Ausrüstung zu erinnern. Doch sie wußte, daß dies der einzige Weg war, sich nicht in der Fremdsphäre zu verlieren. Sie rutschte aus, glitt ab, begann den Aufstieg von neuem – und erreichte schließlich die Ebene, die sich an die Klippen anschloß.
    Ein Blick aus den wirklichen Augen! befahl Duryea sich selbst. Und sie sah einen Wald, in dem alles grün war, hohe Bäume mit schwammiger, fast gummiartig wirkender Außenborke, Schwammoos, das unter den Schritten sanft und schmatzend und gluckernd nachgab. Ein breiter, durch und durch grüner Fluß, der sich zwischen den mächtigen Stämmen von Mammutbäumen hindurchschlängelte.
    Und ein Gesicht.
    Große, geschwungene Wimpern über Augen, deren Blick leer und doch nicht leer war. Blasse Wangen, weiche Lippen. Blonde Haare, die nun strähnig und ungepflegt waren.
    Die Unruhe in Duryea nahm zu. Ebenso die Gefahr, wußte sie. Der Zerfallsprozeß mußte bald das Stadium erreichen, in dem das Einfrieren eingeleitet werden mußte. Sie hatte nicht mehr viel Zeit. Das Wo feststellen. Und das Wer verifizieren.
    Aus fremden Augen sah sie auf einen grünen See, dessen Oberfläche nahezu unbewegt war. An den Ufern rankten sich Lianenstauden in die Höhe, die schließlich in den Mammutbäumen geeignete Symbiosepartner fanden. Die Blüten waren von verschiedenem Grün, mal heller, mal dunkler. Einige schwarze Traumhaken schwebten mit ihrem seltsamen, auf und ab sinkenden Flug davon. Ihre drei Flügelpaare sirrten leise. Die Psychomechanikerin wußte nicht genau, wo dieser See lag, aber sie war sicher, daß ihr ein Surine darüber Auskunft zu geben vermochte. Und jetzt …
    Ein Wechsel. Hinein in das Ego der Frau, um mit ihren Augen auf den Stummen zu blicken, in dem das Teil-Ich Pascals nach wie vor gefangen war. Dazu war eine Sekundärteilung ihrer eigenen Teilsphäre nötig. Ein schwieriges Unterfangen, zumal ihre Müdigkeit weiter zunahm. Ihre innere Unruhe intensivierte sich. Und sie war nicht nur auf den Körperzerfall Pascals zurückzuführen. Es existierte noch ein weiterer Faktor, den sie bisher nicht zu analysieren vermochte. Eine alte Erinnerung stieg in ihr empor.
    Dann endlich sah sie durch die Augen der Frau auf den Mann.
    Und im gleichen Augenblick spürte sie eine periphere Wiederherstellung jenes Bandes, das sie schon so lange zerrissen glaubte. Denn der Mann, dessen Psyche zum Gefängnis für das Teil-Ich Pascals geworden war, war niemand anderer als Arvid Alarone, ihr Mentalpartner.
    Arvid. O Arvid!
    Melbahrn-Suth … Die Planktonozeane … Die Nordwälder … Die Kristallwüsten …
    Diese Erinnerungsbilder kehrten mit einer solch unglaublichen Gewalt zurück, daß Duryea Ankrum für einige Sekunden die Orientierung verlor und in Panik zu verfallen drohte. Ihre Reflexe siegten. Die antrainierte, eiserne mentale Disziplin brachte die

Weitere Kostenlose Bücher