Die Terranauten 072 - Das Erbe im Eis
worden.
»Nahe … Ganz nahe …«
Hinter dem nächsten Dämmervorhang erkannten sie undeutlich die Gestalt einer Frau, gegen die die Aufgeschwemmte, die sie hinter sich gelassen hatten, geradezu schlank gewesen war. Sie vergnügte sich offenbar mit einem Jungen von knapp sechzehn Jahren.
Sie nickten sich zu. »Das ist sie. Hm, ich glaube, wir werden sie stören müssen.«
Die Hand des Sprechers ertastete kaltes Metall, berührte einen Sensor, spürte das sanfte Vibrieren, das Einsatzbereitschaft verkündete.
Der Dämmervorhang war ein nur immaterielles Hindernis. Als sie hindurchschritten, wußten sie, daß sie am Ziel waren. Vor ihnen lag Lucia Takamahi, Generalmanag von Interstellar Wood & Furniture.
Die fette, mehr als zweihundert Pfund schwere Frau kam nicht mehr dazu, ein Wort zu sagen. Die beiden Mietkiller zogen in fließenden Bewegungen ihre Waffen und feuerten.
Der Junge hatte sich noch zur Seite rollen wollen, doch Takamahi hatte ihn in einer Reflexbewegung an sich gezogen. Sie nahm ihn mit in den Tod. Die Strahlschüsse durchbohrten sie beide.
Sie riß die Augen auf.
Aber es waren keine Augen. Es waren Teleoptiken, die das Bild der beiden Attentäter in einem Sekundenbruchteil aufnahmen und an einen entfernten Empfänger abstrahlten. Bevor die beiden Männer noch ihren Fehler registrieren konnten, detonierte der Sprengsatz in dem elektronischen Double aus Synthofleisch. Die Explosion beendete das Leben der beiden Mietkiller, die die einzigen wirklichen Menschen der ganzen Szenerie gewesen waren.
*
Lucia Takamahi hieb mit der Faust auf den breiten Tisch. »Ich werde diese Brut auslöschen!« brüllte sie. »Ich werde den Kerlen die Gurgel durchschneiden. Ich werde sie vierteilen lassen. Ich zerstückele sie.« Ihr wilder Blick hob sich und lastete auf der schmächtigen Gestalt vor ihr.
Sicherheitsmanag Ays hob die Augenbrauen.
»Die beiden Assassinen sind tot, Generalmanag.«
»Schade.« Sie sprang auf die Beine und schritt in dem luxuriös eingerichteten Büro auf und ab. »Das war das vierte Double in zwei Wochen.« Sie fluchte ausgiebig. »Ich habe alles überstanden, selbst die Nachstellungen Valdecs. Er hat damals meine Kusine Tariana erwischt, Gott hab sie selig.« Ihre Augen verdrehten sich, der Blick klebte für eine Sekunde an der Decke. »Aber jetzt reicht’s mir langsam, mein lieber Ays. Ich kann mich ja bald nicht mehr auf die Straße wagen.«
Der Sicherheitsmanag wartete geduldig ab, bis sich Lucia wieder beruhigt und ihre zweihundert Pfund Lebendgewicht auf den Pneumosessel hinabgelassen hatte.
»Na los, reden Sie schon!«
»Da sich, wie Sie gerade gesagt haben, die Attentate auf Ihr Leben in letzter Zeit in einem außerordentlich unangenehmen Maße häuften, war nur eine statistische Wahrscheinlichkeitsermittlung notwendig, um den nächsten Mordanschlag voraussagen zu können. Wir haben daraufhin ein spezielles Double eingesetzt, das einerseits die Identität der Attentäter ermitteln und sie gleichzeitig auslöschen sollte.«
»Und? Was haben Sie herausgebracht? Nun reden Sie, Mann!«
»Dies.«
Damit reichte er einige dreidimensionale Fotos herüber. Lucia nahm sie entgegen und warf einen wütenden Blick darauf.
»Nie gesehen. Und diese Tätowierungen … Wie geschmacklos!«
»Wir hatten es offenbar mit Profis zu tun«, fuhr Ays leise fort. »Das, was Sie dort sehen, sind nichts als Illusionsprojektionen. Unserer Dechiffrierung gelang es jedoch, die Identität der Betreffenden zu ermitteln. Es waren diese beiden Männer.«
Etwas ruhiger betrachtete die Generalmanag auch diese Bilder. »Ebenfalls nie gesehen.«
»Vermutlich. Es handelte sich hierbei um Profikiller, die von jedermann mit entsprechend umfangreicher Börse gemietet werden konnten.«
»Zum Teufel auch, wer hat sie denn nun auf mich angesetzt? Ich will endlich mal wieder ruhig schlafen können …«
»Auch das haben wir herausgefunden. Es steht zweifelsfrei fest, daß die beiden Killer von ASK engagiert wurden …«
Einen Augenblick lang blieb die Generalmanag von Interstellar Wood & Furniture ganz ruhig, dann explodierte sie erneut. Sie begann mit einer Reihe von Flüchen, die ihr Sicherheitsmanag geflissentlich überhörte.
»Meine liebe Freundin Anlyka terCrupp, sie mal einer an«, fuhr sie dann fort. »Aber warum …? Ah, ich hab’s. Natürlich! Wenn ich das Zeitliche segne, dann dauert es zumindest einige Wochen, bis ein Nachfolger bestimmt ist. Wann ist die nächste
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