Die Terranauten 080 - Der Himmelsberg
nie verstehen. Ich erzählte ihm also dasselbe, was ich kurz zuvor schon Fran erzählt hatte.
»Hm«, machte Dirk, als ich fertig war.
Ich empfand es als vielversprechend, daß er mich nicht spontan als armen Irren bezeichnete. Allerdings mußte ich auch zugeben, daß sich meine Altersgenossen in der Vergangenheit gegenüber meinen geheimnisvollen Stimmen und Bildern nicht ganz so ablehnend verhalten hatten wie die Erwachsenen. Der Grund war wohl der, daß ich sie ein paarmal mit meinem Wissen von zukünftigen Geschehnissen beeindruckt hatte. Die älteren Clanbrüder und -schwestern hatten das selbstverständlich als Zufall abgetan, während es meine Altersgenossen immerhin für möglich gehalten hatten, daß doch etwas an dem dran war, was ich sagte.
Und so ging es Dirk anscheinend jetzt auch. Er schluckte. »Glaubst du wirklich …?«
»Ja, ich bin fest davon überzeugt«, bekräftigte ich. »Bringst du mir nun die Trennscheibe?«
Dirk trat von einem Fuß auf den anderen. Deutlich spürte ich, wie unbehaglich ihm zumute war. Der Zwiespalt zwischen brüderlicher Hilfsbereitschaft und den Clangesetzen machte ihm schwer zu schaffen. Niemand verstand das so gut wie ich.
»Vielleicht«, druckste er, nachdem er sekundenlang gar nichts mehr gesagt hatte, »vielleicht solltest du mal mit dem Clanvater sprechen. Was meinst du dazu?«
»Glaubst du, das hätte ich noch nicht versucht?« Ich berichtete ihm von meiner Unterredung mit Fran.
»Tja«, quetschte Dirk hervor.
Dieser Ton sagte mir bereits, wie er sich entscheiden würde.
»Du willst mir also nicht helfen?«
»Versteh mich doch richtig, Bruder Thor. Ich kann doch nicht wirklich hingehen und …«
»Schon gut«, unterbrach ich ihn brüsk. »Ich weiß jetzt, was ich von deiner Freundschaft zu halten habe!«
Wütend knüllte ich die Tüte mit den Hefekugeln zusammen und warf sie ihm vor die Füße.
»Und diesen Dreck kannst du auch wiederhaben!«
Dann knallte ich das Fenster zu und kehrte erbittert zu meiner Pritsche zurück.
Erst als ich mich wieder ein bißchen von meinem Zorn erholt hatte, ging mir auf, wie ungerecht ich zu Dirk gewesen war. Ich nahm mir vor, mich bei ihm zu entschuldigen, sobald ich Gelegenheit dazu fand. In jedem Fall hatte ich jetzt auch noch den einzigen Menschen vergrault, der überhaupt bereit gewesen war, sich um mich zu kümmern.
Und die Hefekugeln waren auch weg …
Verbittert lag ich auf meinem harten Lager und zermarterte mir das Hirn, wie ich die verfahrene Situation zu meinen Gunsten verändern konnte.
Dann passierte etwas, womit ich im Traum nicht gerechnet hatte. Es klopfte jemand gegen die Scheibe.
Ich fuhr hoch und eilte zum Fenster.
»Thor?«
Es war inzwischen so dunkel geworden, daß ich denjenigen, der draußen stand, kaum sehen konnte. Aber ich erkannte seine Stimme. Es war die meines Clanbruders Falk.
Was wollte Falk von mir? Ich konnte es mir beim besten Willen nicht vorstellen.
»Ja, was ist?« meldete ich mich.
»Ich habe mit Dirk gesprochen«, sagte Falk. »Er hat mir alles erzählt – über Jelina, meine ich.«
»Und jetzt bist du gekommen, um mich zu verhöhnen, richtig?«
»Nein, Bruder Thor, darum bin ich ganz bestimmt nicht hier. Ich glaube dir nämlich!«
Wenn das keine Überraschung war – ein Erwachsener glaubte mir! Falk war elf Jahre alt und gehörte normalerweise zu denen, die mich wegen meiner inneren Stimmen und Bilder immer ganz besonders verlacht und verspottet hatten.
»Wie kommt es, daß du mich auf einmal nicht mehr für einen verrückten Spinner hältst?« erkundigte ich mich. So ganz traute ich dem älteren Clanbruder noch nicht.
»Wegen Jelina«, erwiderte Falk. »Auch ich habe schon immer gefühlt, daß sie nicht tot ist. Und nachdem du jetzt meine Ahnungen bestätigt hast … Du verstehst, was ich meine?«
»Nicht … so ganz«, gab ich zögernd zu.
»Thor, du weißt doch, daß ich zu Jelina eine besondere Beziehung habe, oder?«
Natürlich, jetzt fiel es mir ein. Jelina und Falk hatten dieselbe leibliche Mutter. Innerhalb der Clanfamilie spielten Blutsverwandtschaften zwar eine völlig untergeordnete Rolle, aber mitunter entwickelten sich daraus doch tiefergehende Verbindungen.
»Gut, Bruder«, sagte ich, »du glaubst mir also. Und was folgt nun daraus?«
»Ich werde mich mit dir gemeinsam auf die Suche nach Jelina machen«, erwiderte Falk mit fester, entschlossener Stimme. »Und zwar noch in dieser Nacht!«
Das hörte ich gerne. Aber Falk übersah offensichtlich
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