Die Terranauten 083 - Chaos über Sarym
bis zum Horizont. Keine Berge. Nur Sand. Von Bodenwinden aufgewirbelter Schmirgelstaub. Felsen.
Und keine Winde.
Denn in der Windlosen Wüste gab es keine großen Bodenerhebungen, an denen sich die planetaren Stürme brechen und die Orkangewalten in die Höhe gelenkt werden konnten.
Dies war der einzige Bereich, in dem sie erwarten konnten, vor den Veränderungssamen der Quelle sicher zu sein. Denn auch sie brauchten die tragenden Winde, die hier nicht existierten. Auch sie brauchten die Böen, die sie davonschleuderten.
Der Boden kam näher. Oinji fuhr seine Steuerhäute ganz aus und stellte sie in einem stumpfen Winkel gegen den Wind. Schwebend sank er tiefer, bis sich seine Klammerwurzeln schließlich in den Boden bohrten.
Nach und nach trafen auch seine Stammesgenossen ein. Sie flatterten herunter, und ihre Signale kündeten davon, daß sie sich alles andere als wohl fühlten. Die Bodenwinde waren relativ stark. Sie zerrten an den rochenförmigen Körpern der Orkansegler, und die Klammerwurzeln mußten nach festem Halt suchen, sollte der Körper nicht von den unsichtbaren Händen des Ewigen Sturms gepackt und fortgewirbelt werden. Dicht über der Oberfläche ließ diese Bodenwindströmung rasch nach, und schon in einer Höhe von einigen Orkanseglerlängen herrschte praktisch Windstille.
Zitternd bewegten sich Oinjis Sensorstengel. Die psionischen Echos der Veränderungssamen drangen aus weiter Ferne. Ohne jeden Zweifel näherten sie sich aber. Es wurde Zeit.
Auf, auf, Kameraden! rief er in den psionischen Äther. Oder wollt ihr euch den Verändern ausliefern?
Signale des Abscheus und des Widerwillens. Oinji löste einen Teil seiner Klammerwurzeln und trippelte unbeholfen in die Windlose Wüste hinein, die hier, dicht über dem Boden, gar nicht so windlos war.
Die anderen Orkansegler folgten. Ebenso schwerfällig, ebenso mühsam. Sie waren nicht für lange Wurzelmärsche geschaffen. Ihr Reich waren die Hochwinde, nicht die Oberfläche der Welt.
Ihr solltet euch lieber beeilen, sandte Kuschelmutz aus, und nicht nur Oinji verstand seine Impulse. Die Veränderungssamen kommen immer näher. Schnell!
So hört, ihr Halbgötter! Stellen wir uns einer neuen Prüfung. Wir sind die ersten Orkansegler, die die Hölle selbst, die Windlose Wüste, durchqueren. Erweist eurem Stammesherrn Ruhm und Ehre!
Hurra! Hurra!
Und das Trippeln wurde schneller. Klammerwurzeln wurden in Felsritzen verankert, dann wieder gelöst. Immer rascher. Denn hinter ihnen, das spürten sie alle, kam die Gefahr näher. Oinji führte seinen Stamm an. Er war der Mutigste, der Größte, der Beste … Attribute, die er sich in seiner natürlichen Bescheidenheit selbst zugeschrieben hatte. Aus der Besorgnis in ihm wurde bald Frohlocken. Was waren solcherlei triviale Gefahren gegenüber einem Halbgott?
Gefahr!
Oinji reagierte nicht mehr rechtzeitig genug. Seine vordersten Klammerwurzeln suchten in einer Felsnische nach Halt. Die Nische war jedoch nicht leer. Etwas Irisierendes bewegte sich darin, etwas, das sich rasend schnell um die eigene Achse drehte.
Kristallteufel! KRISTALLTEUFEL!
Die anderen Orkansegler stoben auseinander, so schnell sie die Wurzeln trugen. Zwei wurden von Bodenwindböen gepackt und einige Dutzend Meter davongeschleudert, ehe sie neuen Halt gefunden hatten.
Oinji dagegen …
Er handelte aus einem Instinkt heraus. Automatisch leerten sich die Luftsäcke in seinem Hinterleib, und der plötzliche Schub warf ihn vorwärts. Nervös tasteten seine Wurzeln nach einem Stein, einer Spalte, in der sie sich verankern konnten. Hinter ihm stob der Kristallteufel aus seinem Versteck heraus. Es war ein konisch geformtes Gebilde, das in allen Farben des Spektrums erstrahlte. Der Wind konnte ihm nichts anhaben. Ruhig, als existierten die Bodenböen überhaupt nicht, schwebte er auf den Orkansegler zu.
Oinji, der Halbgott, zitterte vor Angst.
Die anderen Orkansegler waren noch immer vollauf mit ihrer Flucht beschäftigt und kümmerten sich nicht um ihren Anführer.
Als der Kristallteufel seine Außenschale das erstemal berührte, verspürte Oinji einen Schmerz, dem nicht einmal die Qualen der Großen Pein gleichkamen, damals, als er noch unter Entzugserscheinungen gelitten hatte, wenn er der Quelle zu lange ferngeblieben war. Es war ein Schmerz, der sein Innerstes verletzte, seine Sensorstengel erneut verhärtete, das Ende des Seins ankündigte. Der Kristallteufel schwebte davon, kehrte dann wieder zurück. Oinji wußte, daß in
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