Die Terranauten TB 02 - Der grüne Phönix
»Mit Sporen. Mit Grünen Dienern, die die Verbindung der Menschen mit der Variökologie unterbrechen werden. Es wird zu einem Breakdown kommen.«
»Und wo befinden sich diese Sporen?«
»Mein Atem wird sie übertragen.«
Sie nickte. »Der tödliche Kuß. Auch das ist mir bekannt.« Sie drehte sich um. Ihr Haar war lang und feuerrot, das Gesicht hell und schmal, die Augen grün und unauslotbar tief. »Auf eine weitere gute Zusammenarbeit.«
»Auf gute Zusammenarbeit, Chan de Nouille.«
Die Herrin der Grauen Garden wandte sich um und verließ das quasiintelligente Steuerzentrum Suslats.
Der Grüne Phönix lächelte still in sich hinein und berührte einen Gewebekubus. Im gleichen Augenblick war er eins mit dem Organsegler.
Und er stellte fest, daß sich außer ihm und Chan noch jemand anders an Bord befand. Er zögerte nicht einen Sekundenbruchteil. Er öffnete seine Sinne und schlug sofort zu.
*
Für Merina DeNeuven war eine ganze Welt zusammengebrochen. Chan de Nouille, die Herrin der Grauen Garden, vor mehr als fünf Jahren mit einer großen Flotte von der Erde entkommen und in den Tiefen des Raums verschwunden – und der Grüne Phönix arbeitete mit ihr zusammen.
Die Zerstörungen auf Lyseiton. Die Toten und Dahinsiechenden, die Krankheiten, die bakteriologischen Bomben. Und die anderen Welten, die Merina gesehen hatte. Vielleicht war Chan de Nouille noch schlimmer als Max von Valdec, der die Kaiserkraft forciert und damit der Menschheit beinah den Untergang gebracht hatte. Schlimmer, weil sie umsichtiger handelte.
Merina zitterte und überlegte fieberhaft.
Der Grüne Phönix war nicht der Messias, für den ihn seine Anhänger hielten. Er war nicht der Verfechter der Grünen Reformation. Im Gegenteil. Er wollte zu ihrem Zerstörer werden. Nur zu deutlich erinnerte sich Merina an Sarym und die wunderbare Harmonie der Variökologie. Menschen, die mit ihrer Umwelt in Einklang standen. Sie kannte die neue Erde nicht, aber dort mußte es jetzt ähnlich sein.
Und der Phönix wollte diese neue Erde mit einem heimtückischen Anschlag zerstören und das auseinandergebrochene Sternenreich mit einem neuen Krieg überziehen. Er benutzte seine Jünger wie Werkzeuge. Er mißbrauchte Wünsche und Vorstellungen.
Merina kam in die Höhe und taumelte zurück. Ihre rechte Hand umklammerte eine in warmem Lichtschimmernde Mistel. Tränen rannen ihr aus den Augen.
Und sie stellte fest, daß sie einen Fehler gemacht hatte.
Eine fremde Gedankensphäre tastete nach ihr. Mißtrauisch, vorsichtig, analysierend.
Der Phönix.
Sie stolperte in die Schleusenkammer des Ringos. Chan de Nouille war auf dem Weg hierher. Sie mußte fliehen. Fliehen. Fliehen.
Die Erde hatte keine Chance. Die Biotechnologisierung anderer Welten ebensowenig. Wenn es keine Warnung gab.
Der Grüne Phönix schlug zu.
Schmerz rann durch Merinas Adern und Venen und Nerven. Schmerz zerkochte ihre Gedanken und füllte ihren Schädel mit Pein. Schmerz nahm ihr das Augenlicht und die Orientierung. Sie verlor den Halt und stürzte zu Boden. Die Mistel in ihrer Hand war warm und überschüttete sie mit einem prickelnden Glanz.
Der Schmerz ließ ein wenig nach. Merina konnte wieder sehen.
Der Transparentbehälter mit den anderen Misteln, die für Chan de Nouille vorgesehen waren, bildete ein flammendes Fanal aus loderndem Glanz. Dünne Spektrallinien erweiterten sich zu einem filigranen Netz, das sie umfaßte. Die Pein versiegte endgültig. Merina begriff in diesem Augenblick, daß sie unerhörtes Glück gehabt hatte. Die Misteln schützten sie vor dem brutalen psionischen Angriff des Grünen Phönix. Sie erhob sich und stolperte aus dem Ringo hinaus. Die mentalen Arme des Phönix waren ganz nahe. Sie preßte die eine Mistel an ihre Brust und eilte weiter, aus der Kammer mit dem Ringo hinaus. Fort. Nur fort. Die Wände der Gänge waren unbewegt. Aber nun begannen sie eine stumme Drohung auszustrahlen. Wenn der Phönix Suslat mit seiner Bittstimme aufforderte, einen Eindringling zu beseitigen …
Sie weinte. Und das salzige Naß rann an ihren Wangen entlang. Plötzlich fühlte sie sich schrecklich allein und verlassen, hilflos ausgeliefert einem geistigen Riesen. Die Mistel glühte.
Weiter.
Tapsende Schritte, keuchender Atem. Der Korridor lag verlassen vor ihr. Merina wußte, sie hatte nur eine Chance: die Kalbungsbereiche. Sie mußte den Organsegler mit einer Tochterkalbung verlassen. Und das, bevor der Grüne Phönix eine Einflußnahme
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