Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster
schien leichter zu sein. Und es hatte an Volumen gewonnen. Ganz wie es der Graue prophezeit hatte. Bald würde sie wieder mit dem Netz fliehen können.
Sie trat auf den Korridor, froh, dem Glaskerker entkommen zu sein, und sah sich um.
Rechts lagen vier graue Männer reglos auf dem Boden. Ihre Köpfe waren in einem unnatürlichen Winkel verrenkt, und sie waren tot.
»Ich mußte sie töten«, sagte das andere Ich heiser. »Sie wollten mich daran hindern, zu dir zu kommen, Herrin.«
Sayrin nickte nur.
»Wir müssen uns beeilen, Herrin«, drängte das andere Ich. »Es … Ich spüre, daß sich jemand nähert. Wir haben nicht viel Zeit.«
Sayrin huschte zu den Toten und musterte die Metalltür, vor der sie lagen.
Soviel Metall, dachte Sayrin. Soviel Reichtum.
Sayrin spürte mit untrüglicher Gewißheit, daß hinter dieser Pforte David schlief und auf seine Befreiung wartete.
Sie warf dem anderen Ich einen Blick zu.
»Offne«, sagte sie einfach.
Das andere Ich trat an ihre Seite und schloß die Augen. Sein Gesicht lief rot an. Schweiß trat auf seine Stirn. Ein lauter Knall ertönte. Eine unsichtbare Titanenfaust riß das Schott aus den Angeln, verbog und zerknautschte es, und dann fiel die schwere Metalltür mit einem ohrenbetäubenden Scheppern gegen die gegenüberliegende Wand.
Im gleichen Moment gewann das ferne, nervöse Gebrumm an Lautstärke.
Sayrin lief in den Raum mit den unsichtbaren Wänden, wo die Ebene greifbar nah schien, und erreichte das Bett, das in der Mitte stand. Am Kopfende des Bettes befand sich ein blitzender, summender Kasten.
»Die Maschine«, entfuhr es Sayrin. »Die schlaue, lauernde Maschine!«
Sie beugte sich hinunter, zu David terGorden, dem roten Kristall, und sie küßte den leise zitternden Mund. Sie sah die Schläuche und die schimmernden dünnen Seile, die David mit der Maschine verbanden.
Sie riß an den Drähten.
Sie riß sie los von Davids mild gebräunter Haut. Sie zerrte an den Schläuchen, und die Schläuche fielen ab.
David terGorden ächzte.
In das Ächzen dröhnte urwelthaftes Brummen, so laut, daß Sayrin unwillkürlich zusammenfuhr und dem anderen Ich einen entsetzten Blick zuwarf.
»Alarm«, sagte das andere Ich. »Schnell! Wir müssen uns beeilen!«
Er betrachtete den David terGorden auf dem Bett, und die Qual auf seinem Gesicht ließ Sayrin frösteln.
»Wach auf, David«, murmelte sie. »Wach endlich auf.«
Sie bat mit ihrer Stimme, und er hörte sie nicht. Dann bat sie mit ihrem Geist. Ein Zittern durchlief die schlanke Gestalt. Die Augenlider flatterten und öffneten sich. Müde Augen erwiderten Sayrins ängstliche Blicke.
»Sayrin!« krächzte terGorden. »Du hast es geschafft!«
Schwankend erhob er sich vom Bett, der Oberkörper nackt, nur mit Shorts bekleidet, und er taumelte und suchte Halt bei dem Mädchen.
Erst dann bemerkte er das andere Ich.
Die Ähnlichkeit der beiden Männer faszinierte Sayrin. Wäre das Mal auf der Stirn des anderen Ichs nicht gewesen, sie hätte sie nicht mehr unterscheiden können.
»Bruder«, sagte David terGorden. »Ich bin gekommen, um dich zu holen. Bist du bereit?«
Das andere Ich bewegte verwirrt den Kopf. »Ich … verstehe nicht«, sagte der zweite terGorden. »Was geschieht hier? Was … was geschieht mit mir?«
David berührte seinen Arm. Der körperliche Kontakt bewirkte eine seltsame Veränderung. Das andere Ich erstarrte. Es wurde bleich. Ein heiserer Laut entfuhr den trockenen Lippen. Dann blitzte Verstehen in seinen Augen auf.
»Oh«, murmelte das zweite Ich. »Ja, natürlich. Ich begreife. Der Weiße Stern … Ich erinnere mich. Ich weiß nicht, warum ich mich erinnere, aber ich begreife. Du bist gekommen, um mich zu holen. So wie du die sieben anderen Brüder holen wirst …«
Ein Laut an der Tür.
Polternde, aufgeregte Schritte.
Sayrin wirbelte herum.
Der graue Mann, der im Türrahmen stand, riß den Laserkarabiner hoch.
Im selben Moment griff eine unsichtbare Kraft nach ihm. Die blitzende Waffe wurde seinen Händen entrissen. Der Graue torkelte zurück, verlor den Boden unter den Füßen und prallte mit einem häßlichen, knirschenden Laut gegen die Wand.
»Kommt«, preßte David terGorden hervor. »Wir müssen verschwinden!«
VIII
Der MHD-Generator verlangsamte Claude Farrells tödlichen Sturz. Sanft landete er auf einer abschüssigen Geröllhalde am Fuß der Granitberge, an deren Gipfel die großen, bleichen, seesternähnlichen Weber klebten und an ihrem Purpurbaldachin
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