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Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster

Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster

Titel: Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
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die Nischen, die die Wand aus Panzerglas ausbuchteten. Die Nischen mündeten in hauchdünnen Plastikanzügen, die durch einen flexiblen Schlauch mit der Wand verbunden waren.
    So konnte man dicht an das sonderbare Kunststoffbett des Kranken herantreten, ohne die Intensivstation mit Krankheitserregern zu infizieren.
    Wortlos schob Gral die Hände in die knisternden Handschuhe. Sein Mund war trocken vor Erregung.
    »Wird er mich verstehen können?« fragte er Marks.
    Der Arzt griff in die Tasche seines Kittels und holte ein miniaturisiertes Terminal hervor. Stirnrunzelnd musterte er die Anzeigen.
    »Er ist wach«, sagte Marks. »Die Gehirntätigkeit ist normal. Allerdings …« Er lächelte schief. »Der Chef ist alt und geschwächt. Er träumt oft. Vergangenheit und Gegenwart vermischen sich zuweilen. Sie verstehen?«
    Gral nickte.
    Er setzte sich in Bewegung, fühlte die Kühle des transparenten Plastikanzugs, hörte das Knistern und Schaben des Schlauches, den er hinter sich herzog, und dann stand er vor dem Kunststoffzylinder und sah auf Dauns Totenschädel hinunter. Die Facettenaugen schienen ihn zu durchbohren.
    Gral schluckte.
    »Ich bin Gral«, murmelte er. »Vizedirektor Gral von der Abteilung Sicherheit. Sie haben nach mir gerufen, Herr Generaldirektor?«
    Daun schwieg.
    Sein Atem ging schnell, fast keuchend, und sein leises Keuchen wurde eins mit dem Pfeifen und Piepsen und Summen und Brummen der Diagnose- und Lebenserhaltungssysteme.
    Er ist taub, dachte Gral verärgert, als sein Blick auf die Schreibmaschine fiel, die in Höhe von Dauns Kopf neben dem Bett angebracht war. Er kann mich nicht hören.
    Er sah die feinen Drähte, die die Schreibmaschine mit den winzigen Elektroden an Dauns kahler Schädeldecke verbanden.
    Mit zwei Fingern tippte er: VIZEDIREKTOR GRAL VOM SD. SIE WOLLTEN MICH SPRECHEN.
    Schweigen.
    Dann: »Gral …«
    Mehr ein Hauch, undeutliches Gemurmel, schwerfällig und schleppend artikuliert, wie es typisch für alle Tauben war.
    Das Piepsen der Geräte wurde um eine Spur lauter.
    Gral fuhr zusammen, als die Schreibmaschine plötzlich von allein zu rattern begann. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf das Endlosblatt.
    SIE KOMMEN SPÄT, GRAL. SEHR SPÄT. ICH BIN MÜDE. WIE GEHT ES IHNEN? WAS IST MIT DEM SD LOS? ICH BEKOMME NUR NOCH SCHLECHTE NACHRICHTEN. WAS FÜR STÜMPER BESCHÄFTIGEN SIE EIGENTLICH, GRAL? FEUERN SIE DIE VERSAGER! UNVERZÜGLICH! DIES IST EIN BEFEHL!
    »Ich … selbstverständlich«, stotterte Gral.
    Die Schreibmaschine ratterte weiter.
    SIE HABEN NACH ZAMUEL GEFRAGT. ZAMUEL WAR EIN TÜCHTIGER MANN. ER WAR LOYAL. ICH SCHÄTZE LOYALITÄT. EINE SELTENE EIGENSCHAFT.
    Gral wartete, doch als keine weiteren Worte erschienen, nahm er seinen Mut zusammen und tippte: WAS IST MIT ZAMUEL?
    Die welken Lippen des Greises zitterten.
    ES TUT MIR LEID, tippte die Schreibmaschine, die mit dem Sprachzentrum in Dauns Gehirn gekoppelt war. DIREKTOR ZAMUEL IST TOT. HEUTE MORGEN KAM DIE MELDUNG. ER IST MIT SEINEM DÜSENKOPTER ABGESTÜRZT. EIN UNFALL. ICH HABE JARREUX VERANLASST, DIE ANGELEGENHEIT DISKRET ZU BEHANDELN, BIS DIE UNTERSUCHUNGEN ABGESCHLOSSEN SIND. DER AUTOPILOT DES DÜSENKOPTERS WAR DEFEKT. OFFENBAR KEINE SABOTAGE. AUSNAHMSWEISE HAT DIESER HURENSOHN CHELSEA SEINE FINGER NICHT IM SPIEL. ZAMUEL IST TOT. ICH HABE IHN GEMOCHT. ER WAR LOYAL.
    Gral war wie vom Donner gerührt.
    Zamuel mit seinem Düsenkopter abgestürzt? Ein Unfall?
    Es war absurd. Er hatte den SD-Direktor in Transkom-12 gesehen. Mit dem Loch in der Stirn, dem versengten Laserschußkanal. Und an der Wand der Killer, der sabbernde, blöde grinsende Killer.
    Es war Mord.
    Kaltblütiger, geplanter Mord. Kein Unfall.
    Grals Finger zitterten, als er schrieb: SIND SIE SICHER, DASS ES EIN UNFALL WAR? SIND SIE WIRKLICH SICHER?
    Daun ignorierte die Frage.
    ZAMUEL HAT EINE FRAU. DAS WUSSTEN SIE NICHT, GRAL, ODER? NIEMAND WEISS DAS. NUR ICH. ES WAR ZAMUELS WUNSCH, NICHTS DAVON VERLAUTEN ZU LASSEN. ICH ERFÜLLE DIE WÜNSCHE LOYALER MITARBEITER. ZAMUELS FRAU IST HIER. SIE WERDEN MIT IHR SPRECHEN, GRAL.
    Der Vizedirektor fuhr sich wie betäubt durch das schüttere Haar.
    Zamuel besaß eine Frau? Dieser fette Bastard war verheiratet gewesen, ohne daß der SD darüber informiert worden war? Warum hatte Zamuel das geheimgehalten? Aus Sicherheitsgründen? Um seinen Gegnern – ob sie nun zu General Chemical oder zu seinen Konkurrenten innerhalb Eurochems gehörten – kein Druckmittel gegen ihn in die Hand zu geben?
    SIE WERDEN MIR

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