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Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster

Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster

Titel: Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
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Der Stahl ist massiv und gleichzeitig flexibel. Man könnte ihn fast intelligent nennen. Er reagiert auf jede spezifische Belastung auf spezifisch andere Weise. Der Stahl weiß, wie er Druck, Hitze und Erschütterungen zu begegnen hat. Doch das ist nicht das eigentliche Geheimnis dieser Legierung. Soll ich Ihnen das Geheimnis verraten, Gral?«
    Es war nur eine rhetorische Frage, und Gral sagte nichts.
    Jarreux verzog die Lippen zu einem angedeuteten, falschen Lächeln. »Er hält die Erdstrahlen ab, Gral«, fuhr der Berater fort. »Die Erdstrahlen haben gegen diese Legierung keine Chance. Sie werden vollständig absorbiert.«
    »Erdstrahlen?« echote Gral. Wovon, zum Teufel, redete Jarreux?
    Die Augen des alten Mannes, der mehr Falten im Gesicht hatte, als er an Jahren zählte, begannen zu funkeln. »Jeder unterschätzt die Gefahr, die von den Erdstrahlen ausgeht. Aber nicht Viktor Daun. Viktor kennt sich aus. Er ist raffiniert genug, um etwas gegen diese verdammten Erdstrahlen zu unternehmen. Allein aus diesem Grunde lebt er noch. Weil ihn die Erdstrahlen nicht erwischen können. Er hat sie überlistet. Stellen Sie sich vor: Viktor ist der einzige Mensch auf der Erde, dem die Erdstrahlen nichts anhaben können. Der einzige Mensch auf der Erde und der erste Mensch in der Geschichte, der frei ist von diesem Gift. Ist das nicht phantastisch?«
    »Phantastisch, ja«, sagte Gral hohl.
    Jesus, dachte er, Anatol ist verrückt. Erdstrahlen! Was für ein hirnverbrannter Unsinn!
    Jarreux trat plötzlich zurück. Da war sie wieder, seine alte Feindseligkeit. Sie zerknitterte sein pergamentfarbenes Antlitz und verdüsterte den Blick seiner kurzsichtigen Augen.
    »Ich werde hier auf Sie warten, Gral«, brummte der Berater. »Halten Sie sich an meine Anweisungen. Keine Aufregung.«
    Ein mahlendes Geräusch. Ein Rumpeln und Knirschen, und die Metallwand teilte sich. Gral trat zögernd durch die Öffnung, die sich hinter ihm wieder schloß. Er schnüffelte. Die Luft roch nach Medizin, nach Krankenhaus. Der Raum, in dem er sich befand, war winzig. Eine Nische nur. Wieder dieses Rumpeln. Ein weiteres Wandsegment glitt zur Seite.
    Gral stand einem untersetzten, übermüdet wirkenden Mann gegenüber, der nach seinem weißen Kunststoffkittel zu urteilen Arzt sein mußte. Erst jetzt erkannte Gral, wer da vor ihm stand.
    Das mußte Dr. Marks sein, Dauns Leibarzt.
    Hinter Marks erstreckte sich ein kegelförmig breiter werdender Saal, aus dessen Boden wie geometrische Tumore Maschinen emporwuchsen. Ein ewiges, insektenhaftes Summen hing in der Luft.
    Marks nickte Gral zu und sagte knapp: »Kommen Sie.«
    Der Arzt machte auf dem Absatz kehrt und führte Gral durch das Maschinengewirr zur fernen Wand des Saales. Die Wand bestand aus Panzerglas.
    Hinter der Glaswand lag Daun, und obwohl Gral ihn nicht zum ersten Mal sah, erfüllte ihn nacktes Entsetzen.
    Nur das Gesicht des Generaldirektors lag frei. Vom Hals an abwärts befand sich sein Körper in einem hellgrünen Kunststoffzylinder. Dutzende Drähte und Leitungsrohre verschwanden in dem Zylinder, und um das Lebenserhaltungssystem reckten sich diodenbesetzte Computerterminals, unbekannten Zwecken dienende Maschinen und ein wuchtiger, vollelektronischer Diagnoster empor.
    Gral wußte, daß Daun im Innern des Zylinders in einer biologisch aktiven Flüssigkeit schwamm. Sie schützte ihn vor dem Wundliegen, sorgte für die Sauerstoffversorgung seiner Haut und die Entgiftung des Organismus.
    Dauns Schädel war der Schädel eines Skelettes.
    Straff und braun spannte sich die verwitterte Haut über die Knochen.
    Glitzernde Facetten lagen in den erloschenen Augenhöhlen und vermittelten dem Greis eine vage Erinnerung an das, was es hieß, sehen zu können.
    »Wie geht es ihm?« fragte Gral leise.
    Marks zuckte die Achseln. »Den Umständen entsprechend.« Dann fügte er verlegen hinzu, als hätte er erst jetzt den hohlen Klang der Floskel bemerkt: »Er verlangt immer, daß wir Transplantationen vornehmen. Er will neue Augen, neue Trommelfelle. Er will gesunde Organe, gesunde Glieder. Er begreift nicht, daß sein Organismus jedes Transplant abstößt. Die radioaktive Verseuchung …«
    Ja, dachte Gral. Noch immer lastet der Fluch von BIBLIS auf ihm, und wäre er nicht so reich, um sich diese teure medizinische Dauerbehandlung leisten zu können, er wäre schon seit Jahren tot und begraben – wie so viele andere, die weniger Glück gehabt haben als er.
    Marks ging weiter und erreichte schließlich

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