Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster
Geheimnis, daß Eurochem für die Kosten dieser Festung aufkommt. Geben Sie sich keine Mühe, Gral. Eurochem bezahlt für Egberts Sicherheit. Diese Strauchdiebe, die sich Bundesmiliz nennen, sie stehen in Ihrem Sold.«
Gral zuckte die Achseln.
»Damit habe ich nichts zu tun«, erklärte er wahrheitsgemäß. »Das fällt in den Aufgabenbereich der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit.«
»Diese Schlampe Fantrinelli …« murmelte Sarah Sartig. »Egbert wird von ihr finanziert, und wir gehen leer aus.«
›»Wir‹?« echote Gral, obwohl er wußte, was sie meinte.
»Die Pangermanische Bewegung«, sagte Sartig. »Der Phönix, der aus der Asche dieses Landes emporsteigt. Wir erhalten keine Unterstützung. Dies ist ein Fehler, Gral. Ein schwerer Fehler.«
»So?«
Die stämmige Frau machte eine verärgerte Geste.
»Seien Sie kein Narr. Wir wissen beide, worum es geht. Multis wie General Chemical, die ihren Stammsitz in Amerika haben, versuchen seit mehreren Jahren, Europa zu schlucken. Teilweise ist es ihnen bereits gelungen.
GC kontrolliert Spanien. Señor Horaz ist nur eine Marionette, an deren Fäden Jonathan Chelsea zieht.«
Gral nickte, aber er sagte nichts.
»Wir sehen einem Ausverkauf spezifisch europäischer und vor allem deutscher Werte entgegen. Die Yankees haben schon einmal über Westeuropa geherrscht. Als die USA zusammenbrachen, zogen sie sich zurück, doch Männer wie Chelsea träumen noch immer den Traum der Weltherrschaft.«
Sarah Sartig trat dicht an Gral heran. Er konnte ihr Parfüm riechen; es war schwer und dunkel.
Es riecht nach Blut und Boden, dachte Gral fröstelnd. Nach tausend Jahren dumpfer, erstickender Finsternis. Nach Moder, Verwesung, Tod.
»Machen wir uns nichts vor, Gral«, flüsterte die Frau. »Eurochem befindet sich im Krieg mit General Chemical, und alles deutete darauf hin, daß Sie den Krieg verlieren werden. Eurochem braucht Verbündete. Gemeinsam müssen wir uns gegen die Überfremdung wehren. Gemeinsam könnte es uns gelingen, die amerikanischen Multis niederzuwerfen und Eurochem zu der größten wirtschaftlichen und politischen Kraft zu machen, die dieser Planet jemals gesehen hat.
Ihre finanzielle Potenz, Gral, und meine Milizen. Hirn und Faust, Kapital und Gewehre.«
Gral schluckte. Der Parfümduft machte ihn benommen.
»Ist … das ein Angebot?« fragte er vorsichtig.
Sarah Sartig nickte. Der Glanz ihrer Augen bannte seinen Blick.
»Ein Angebot«, bestätigte sie. »Die Pangermanische Bewegung ist bereit, Eurochem im Krieg gegen General Chemical zu unterstützen. Wir fordern lediglich einen Sitz im Direktorium und weitreichende finanzielle und technische Unterstützung.«
»Ich kann das nicht allein entscheiden«, murmelte der SD-Direktor. »Ich muß mit dem Direktorium und mit Generaldirektor Daun konferieren. Eine derart bedeutende …«
»Lassen Sie sich Zeit«, unterbrach die untersetzte Frau. »Aber nicht zuviel. Ganz Europa steht auf dem Spiel, Gral. Wenn Sie wollen, steht die Pangermanische Bewegung auf ihrer Seite. Wenn Sie ablehnen, wird Eurochem von GC geschluckt werden.«
Sie schwieg einen Moment.
»Um Sie davon zu überzeugen, daß ich es ehrlich meine, Gral … Sie sollten sich um die Marodeure kümmern.«
Gral wölbte die Brauen. »Ich verstehe nicht.«
»Die Marodeure«, wiederholte Sartig. »Die Banditen in den Ruinen von Bonn. General Chemical versorgt die Marodeure mit modernsten Waffen. Und Shadrian weilt in letzter Zeit oft in der Festung.«
Gral packte ihre Schulter. Vor Erregung rötete sich sein Gesicht. »Wie meinen Sie das?« stieß er hervor. »Was wollen Sie damit sagen?«
Sartig löste sich aus seinem Griff. »Ich weiß nichts Genaues«, gestand sie. »Es ist schwer, Informationen über Shadrian zu erhalten. Ich habe nicht die richtigen Möglichkeiten. Im Gegensatz zu Ihnen.«
»Zu mir?« Gral war verblüfft.
Eine Verblüffung, die sich nun auch im Antlitz der Frau widerspiegelte.
»Shadrian«, murmelte Sartig, »sucht Verbündete. Er will etwas von Jodekain – Jarreux’ Mann in der Kanzlerfestung.«
»Jarreux – Anatol Jarreux – ist Direktor des ESW-Institutes.«
Gral schloß die Augen.
Ein Labyrinth, durchfuhr es ihn. Ich habe ein Labyrinth betreten, und hinter jeder Biegung wartet eine neue Überraschung.
»Denken Sie über meine Worte nach, Gral«, mahnte die Führerin der Pangermanen-Bewegung. »Ich erwarte Ihre Antwort.«
Gral war wieder allein.
Unschlüssig blieb er noch eine Zeitlang stehen. Sein Kopf
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