Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster
Sie informiert …« flüsterte Gral.
Die Direktorin schüttelte den Kopf. »Nein. Ich weiß nur, daß sich hinter diesem Kode etwas verbirgt, das für Eurochem von ungeheurer Wichtigkeit ist. Zamuel war eingeweiht. Er hat mit Jodekain die Verhandlungen geführt – im Auftrag Dauns. Doch selbst Daun hat von Zamuel nur Andeutungen gehört.«
»Woher …« begann Gral, doch Ricardas Lächeln ließ ihn verstummen.
»Es spielt keine Rolle, Thomas. Nur eines müssen Sie wissen: Ich bin nicht das, wofür Sie mich zu halten scheinen. Sie haben meine Personaldaten angefordert, nicht wahr? Und Schreiber, dieses kleine, miese Flittchen, auf mich angesetzt. Sie mißtrauen mir.«
»Ich mißtraue Ihnen«, bestätigte Gral offen. »Sie wissen auch, warum. Die beiden Agenten General Chemicals, die die pfälzischen Protop-Fabriken zerstört …«
Ricarda unterbrach ihn erneut.
»Ich habe sie nicht für den SD empfohlen«, erklärte sie mit harter Stimme. »Der Freigabe-Vermerk ist gefälscht.«
»Gefälscht?« Gral bewegte benommen den Kopf. »Von wem?«
»Ich weiß es nicht«, gestand die schlanke Frau. »Vielleicht von Gottlieb. Er will mich vernichten. Er haßt mich – und er fürchtet mich.«
»Wie Zamuel?« Etwas Lauerndes mußte in Grals Blick liegen, denn die Direktorin schnitt eine enttäuschte, verärgerte Grimasse.
»Ich habe mit Zamuels Tod nichts zu tun«, behauptete sie.
»Also glauben Sie nicht, daß es ein Unfall war?« hakte Gral nach.
»Ein Unfall?« Sie lachte leise. »Wenn Sie das annehmen, Thomas, dann sind Sie naiver, als ich befürchtet habe. Ich bin überzeugt, daß Zamuel ermordet wurde …«
Womit du recht hast, dachte Gral.
»Von wem und warum?« fragte er laut.
»Von General Chemical. Von Gottlieb. Vielleicht sogar von Daun. Oder …« Ihre rosa Zungenspitze glitt rasch über ihre Unterlippe. »Oder sogar von Jarreux.«
»Von Jarreux«, wiederholte Gral. »Dem Direktor der Akademie.«
Ricarda Fantrinelli verengte die Augen. Sie schien sich zu versteifen. »Ich habe Sie unterschätzt, Thomas«, sagte sie erstaunt. »Ich habe Sie wirklich unterschätzt.«
Gral ging nicht darauf ein. »Shadrian soll sich oft in der Kanzlerfestung aufhalten. Kennen Sie seine Beweggründe?«
»Engramm-3.« Ricarda drückte ihre Zigarette aus. »General Chemical muß irgendwie davon erfahren haben. Aber Shadrian weiß mit Sicherheit nicht mehr als Sie. Jodekain hat ihn abblitzen lassen. Nur Zamuel gegenüber hat er über Engramm-3 gesprochen. Möglicherweise ist die Angelegenheit so weit fortgeschritten gewesen, daß eine Einigung greifbar nahe war. Zamuel wollte an dem Tag seines Todes nach Bonn fliegen. Doch er hat es nicht geschafft. Sein Düsenkopter explodierte unterwegs, und Zamuel starb.«
Die PR-Direktorin sah Gral seltsam an.
»Da ist noch ein mysteriöser Punkt. Ich habe Zamuels Tagesablauf analysieren lassen. Von seinem Abflug aus Zürich bis zum Zeitpunkt des Düsenkopter-Absturzes sind acht Stunden vergangen.
Aber für die Strecke, die der Kopter zurückgelegt hat, benötigt man nicht mehr als zwei Stunden. Was hat Zamuel in den übrigen sieben Stunden gemacht? Wo ist er gewesen?«
In Transkom-12, dachte Gral. Unter dem Granit der Eifel. Um von einem Killer erschossen zu werden, der ihn bereits erwartet haben muß.
»Und der Flugschreiber«, fuhr Ricarda fort. »Jarreux hat auf Dauns Anweisung hin den … Unfall untersuchen lassen und die Möglichkeit eines Attentates ausgeschlossen. Aber der Flugschreiber ist spurlos verschwunden. Ein Beweis mehr dafür, daß etwas vertuscht wird.«
»Ja«, nickte Gral. »Jarreux … Vielleicht ist er tatsächlich für Zamuels Tod verantwortlich – oder mitverantwortlich. Aber warum, zum Teufel? Zamuel war Daun treu ergeben. Jarreux hatte keinen Grund, Zamuel zu beseitigen.«
Stille trat ein.
Gral und Ricarda Fantrinelli sahen einander schweigend an.
Schließlich räusperte sich der SD-Direktor. »Ich muß mit Jodekain sprechen«, murmelte er. »Jodekain hält mich für Zamuel. Ich muß herausfinden, was Engramm-3 zu bedeuten hat.«
»Jodekain hält Sie für Zamuel?« entfuhr es Ricarda verblüfft. »Aber … Das ist doch absurd!«
»Aber wahr.« Gral lächelte säuerlich. »Kanzler Egbert sieht in mir ebenfalls meinen Vorgänger. Mich wundert es nicht. In einem Irrenhaus darf man nichts anderes erwarten.«
»Es freut mich«, spottete Ricarda, »daß Sie das alles philosophisch sehen. Sie werden mir immer sympathischer, Gral. Wollen Sie mit mir
Weitere Kostenlose Bücher