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Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster

Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster

Titel: Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
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und wieder – vor wichtigen Sitzungen des Direktoriums, wenn Zamuel befürchtete, daß die anderen Direktoren seine Büros abhörten, um Details seiner Verhandlungsstrategie zu erfahren – hatten sie sich in dem alten Bunkersystem getroffen.
    Und jetzt war Zamuel tot.
    Gral kniff die Lippen zusammen.
    Erneut gratulierte er sich zu seinem Entschluß, den Mord nicht gemeldet zu haben. Ein intuitiver Entschluß … und ein berechtigter. Einflußreiche Kräfte in Eurochem – Jarreux und das Beraterbüro Dauns – waren interessiert, Zamuels Tod als Unfall hinzustellen. Gral fröstelte, wenn er daran dachte, was geschehen wäre, hätte er das Naheliegende getan und sofort den SD informiert.
    Man hätte ihn des illegalen Eindringens in Transkom-12 und des Mordes an Zamuel bezichtigt.
    Der SD-Direktor nickte unwillkürlich.
    Er war – in Jarreux’ Augen – ein ungebetener, gefährlicher Zeuge. Sein Schweigen machte die Angelegenheit komplizierter, doch es hatte ihm seine Handlungsfähigkeit erhalten.
    »Direktor Gral?«
    Gral fuhr zusammen.
    »Terjung!« stieß er hervor.
    Lautlos wie eine Katze war der Söldner neben ihm aufgetaucht. Sein lederhäutiges Gesicht war eine undurchdringliche Maske, und kein Gefühl schimmerte in seinen Glasaugen.
    Gral maß den Söldner mit einem nachdenklichen Blick.
    »Sie sind in der Akademie ausgebildet worden, nicht wahr?« murmelte Gral.
    Terjung nickte.
    »Hat sich Zamuel für Sie eingesetzt?«
    »Nein«, erwiderte Terjung. »Im Eurochem-Protektorat Hessen werden seit Jahrzehnten an allen Neugeborenen PSI-Tests vorgenommen. Meine Ergebnisse waren positiv. Mit achtzehn – zwei Jahre zuvor war ich der Söldner-Organisation Stahl & Eisen beigetreten – erhielt ich über meine Vorgesetzten eine Einladung der Akademie. Da Stahl & Eisen viel Wert auf ein gutes Verhältnis zu Eurochem legt und die Akademie Eurochem bekanntlich nahesteht, wurde ich aufgefordert, die Einladung anzunehmen. Die Ausbildung dauerte ein Jahr.«
    »Wo fand sie statt?«
    »In einem abgelegenen Bergdorf irgendwo in den Alpen«, erzählte Terjung freimütig. »Die eigentliche Akademie habe ich nie gesehen. Man sagte, daß nur besonders begabte Talente in der Zentrale ausgebildet werden. Ich bin ein durchschnittliches Talent. Ich kann Gefahr riechen. Mehr nicht. Ich kann keine Gedanken lesen oder Dinge mit der Macht meines Geistes bewegen …«
    Gral sah auf.
    »So etwas gibt es tatsächlich«, fragte er verblüfft.
    »Man spricht davon«, erwiderte der Söldner. »Einen Beweis dafür habe ich nicht gesehen.«
    Telepathen und Psychokinetiker, dachte Gral. Existieren sie wirklich? Oder gehören sie ins Reich der Fabel? Jarreux muß es wissen …
    »Sie sagten. Sie können Gefahr riechen«, brummte Gral. »Wie ist es hier? Hier, in der Kanzlerfestung?«
    Der Söldner runzelte die Stirn.
    »Ich … Ich weiß nicht. Hier herrscht eine seltsame Atmosphäre. Alles ist diffus. Als ob ein Schleier vieles verbirgt. Es läßt sich nur schwer erklären …«
    Gral zuckte die Achseln.
    Und daß hier eine seltsame Atmosphäre herrscht, dachte er sarkastisch, das kann ich auch ohne ESW feststellen.
    »Haben Sie den General gefunden?« fragte er dann.
    Terjung nickte. »Kommen Sie, Direktor.«
    Die Amphetamin-Tablette hatte ihre Wirkung inzwischen voll entfaltet, und mit energischen, langen Schritten folgte Gral dem Söldner durch das Schattengewirr der substanzlosen Dämmervorhänge.
    Die Musik war jetzt lauter und harmonischer, und die Stimmung unter den Gästen näherte sich langsam dem Höhepunkt. Flüchtig erhaschte Gral Blicke auf nackte Schenkel und entblößte Brüste und hörte heftiges Gestöhne aus den Nischen, die das polarisierte Licht erzeugte.
    Vermutlich, sagte sich Gral, wird diese Party in einer Orgie enden. Dies mag ein Irrenhaus sein, aber die Feste unterscheiden sich in Nichts von den Partys, die Eurochem für die Direktoren und Dezernenten veranstaltet.
    Die beiden Männer erreichten einen niedrigen Bogengang, der schräg in die Tiefe führte. Gral stolperte fast über eine junge, hübsche Frau, die an der Wand kauerte und selbstversunken an einer Narkotika-Zigarette zog. Im Bogengang roch es intensiv nach Weihrauch.
    »Wohin führen Sie mich, Terjung?« knurrte Gral. »In eine Lasterhöhle?«
    Der Söldner drehte kurz den Kopf.
    »In einen Tempel«, sagte er ruhig. »Man nennt ihn hier den Tempel der Wahrheit.«
    Gral schnaubte.
    Der Gang mündete in ein niedriges, von massiven, reliefverzierten

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