Die Terranauten TB 07 - Der schwarze Herrscher
sich tiefer in eine Nische, sahen zu, wie die aufgeregte Menge Behältnisse mit Wasser heranschleppte und den Versuch unternahm, das Lodern einzudämmen. Als Narda glaubte, der richtige Zeitpunkt sei gekommen, sprang sie mit einem Satz auf die Nebenhütte zu, öffnete vorsichtig die hölzerne Tür und schlüpfte, gefolgt von Arvid, ins Innere.
Das durch die trüben Fenster einfallende Licht reichte aus, um sich im dämmrigen Innern des Raumes orientieren zu können. Die Genußwächter hatten ihre Plätze verlassen und waren ebenfalls nach draußen geeilt, um bei der Bekämpfung des Feuers zu helfen. Rantranenfrauen, junge und alte, warfen sich unruhig im Schlaf hin und her. Manche stöhnten, andere waren in Apathie gefangen und starrten mit trüben Augen an die Decke. Es stank nach Kot und Urin, und Narda glitt beinah in einer Lache aus Erbrochenem aus.
»Nayala?« flüsterte sie leise.
Einige Köpfe wandten sich ihnen zu. Sie eilten an den Bettgestellen entlang, warfen hier und dort prüfende Blicke auf die Liegen. Doch Nayala war nirgends zu sehen.
»Vielleicht ist sie doch fortgebracht worden«, flüsterte Narda. Arvid schüttelte den Kopf.
»Sie muß hier sein«, sagte er entschieden.
Sie fanden die Drachenhexe an der gegenüberliegenden Wand der Hütte, dort, wo sich die Decke dem Boden entgegenneigte und durch die Ritzen in den hölzernen Planken bereits der Schein des Feuers zu erkennen war, das sich vom Hauptgebäude her in Richtung Nebenhütte fraß. Narda berührte Nayala vorsichtig an der Schulter. Der Leib ihrer Drachenschwester war weit vorgewölbt.
»Nayala? Komm, Nayala. Komm mit uns.«
Ihr schwarzes Haar war verfilzt, das Gesicht mit Schmutzkrusten überzogen, die das Rant -Symbol auf ihrer Stirn beinahe unsichtbar machten. Sie stöhnte.
»Faß mit an, Arvid.«
Gemeinsam hoben sie Nayala aus dem Bett. Ihre Arme gestikulierten schwach, und ihr Gesicht verzerrte sich.
»Feuer!« rief eine der anderen Genußbereiterinnen, und vielstimmiges Geschrei schloß sich an.
Narda umfaßte Nayalas Schultern und schleppte sie auf die Tür zu. Rechts und links krochen Genußbereiterinnen von den Liegen, stolperten, fielen zu Boden und versuchten ängstlich wieder auf die Beine zu kommen. Andere kletterten über sie hinweg. Alles stürzte dem Ausgang entgegen. Arvid verteilte Hiebe und erntete zorniges Gebrüll.
Hitze wehte ihnen entgegen, als sie aus der Hütte wankten. Das Hauptgebäude stand lichterloh in Flammen. In dem allgemeinen Durcheinander war der Brandschatzer nirgends zu sehen. Narda und Arvid wandten sich nach links. Nayala stöhnte bei jedem Schritt. Sie schien sich noch immer nicht darüber bewußt zu sein, wer ihre beiden Helfer waren. Der Trockenleguan wartete bereits mit hechelnder Zunge, als sie den Karren erreichten. Sie legten Nayala vorsichtig auf der Ladefläche nieder. Narda kroch neben sie. Arvid sprang auf den Kutschbock und schwang die Geißel. Der Trockenleguan fauchte und setzte sich in Bewegung.
Nayala schrie.
Ihre Wehen hatten eingesetzt.
Der Gnom hockte zitternd an der Wand und hatte sich vorübergehend in die Gedankenstarre zurückgezogen. Regen prasselte herab und verwandelte Straßen und Gassen der Halbjahresstadt in Bahnen aus zähem Schlamm.
Djunath starrte auf das grüne Blut, das dem toten Häresieüberwacher aus der klaffenden Halswunde quoll. Der Wind heulte und zerrte an den provisorischen Hütten und Gebäuden des Heereslagers. Passanten waren nirgends zu sehen.
Der Mann mit der Maske brach seinem ehemaligen Schergen die malachitenen Augen aus dem Kopf. Der Meherin spürte nichts mehr davon. Dann gab Djunath dem bebenden Gnom einen Tritt.
»Es ist vorbei, du brauchst dich nicht mehr zu fürchten«, grollte er leise, und das Zwischenreichgeschöpf sah sich unsicher um. Der Wind wehte Kälte von den Schneebergen heran, und Hagel mischte sich in den Regen. Er duckte sich.
»Er war nicht allein«, zischte er. »Der andere Häresieüberwacher muß sich irgendwo in der Nähe befinden.«
»Kannst du ihn lokalisieren?« Diffuse Unruhe entstand in dem Schwarzen Fürsten. Der Gnom hüpfte hin und her.
»Nein, Herr, ich …, wir sollten von hier verschwinden. Die Meherin sind stärker als du, viel stärker.«
Djunath horchte. Außer dem Prasseln des Regens war nichts zu hören. Dann und wann das Echo eines leisen Schreis aus anderen Gassen: Nachtgänger vielleicht, professionelle Finstermänner, auf der Suche nach Beute. Nirgends glänzte die purpurne Robe eines
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