Die Terranauten TB 10 - Der Sternenfänger
dicht«, warnte die interne Computerstimme mit Hilfe der chemoelektrischen Assoziationsstimulation. David erinnerte sich an seine nun nicht mehr schmerzende Hüftverletzung, und er fluchte. Er glaubte schon, den bitteren und beißenden Geschmack von Ammoniak zu atmen.
»Die Jäger, David«, meldete sich Myriam über die externe Kommunikation. Sie deutete auf die Displays. »Sie sind in einigen Minuten hier.«
David terGorden berührte einen roten Sensorpunkt neben der Luke. Es zischte und knackte, und das Schott öffnete sich. Er hielt sich an einem metallenen Haltegriff fest, während die hereinfauchende Luft, die Gift für ihre Lungen war, an seinem Körper zerrte.
»Die Luftaufbereitungsanlage ist überlastet«, vermeldete der Anzugcomputer gelassen. »Es wird Ihnen empfohlen, eine neue Energiepatrone einzusetzen und die beschädigte Stelle abzudichten.«
Myriam stieß sich ab, segelte hinaus und klebte mit einem magnetischen Anker an der Metallwand der Verbindungsröhre fest. Sie zog ein in die linke Armmanschette integriertes Gerät zu Rate und deutete dann nach rechts. »Dort finden wir ein Schott«, sagte sie. David folgte ihr. Der Weg schien kein Ende nehmen zu wollen. Und inzwischen bildete er es sich nicht mehr nur ein: Der Ammoniakanteil an der Atemluft im Innern des Schutzanzugs stieg rasch an. Er hustete, während sich die junge Treiberin – David konnte sich noch immer nicht an den Gedanken gewöhnen, daß es sich bei ihr um seine leibliche Mutter handelte, die aus einem Paralleluniversum kam, in dem sie ihn nie geboren hatte – an dem Sicherungssegment der Luke zu schaffen machte. Es dauerte eine Ewigkeit, bis sich das Schott öffnete. Sie glitt in die sich daran anschließende Kammer und winkte. David gab sich einen psychokinetischen Stoß. Als sich das Schott hinter ihnen wieder schloß und die Außenmikrofone ein leises Zischen übertrugen, das darauf hindeutete, daß das giftige Methan-Ammoniak-Gemisch abgepumpt und frische Atemluft eingeleitet wurde, schraubte er rasch den Helm ab und füllte sich die Lungen. Myriam musterte ihn besorgt. Aber in dem Blick ihrer grünen Pupillen schwamm auch noch etwas anderes, ein Faktor, der sich – noch – seinem Verständnis entzog. »Bei allen Geistern Ultima Thules«, stieß sie erschrocken hervor. »Ich hatte die Beschädigung deines Schutzanzugs ganz vergessen. Bist du in Ordnung, David?«
Er hustete, wankte auf die Wand zu und stützte sich daran ab. Nach einer Weile legte sich das Brennen in seinem Hals, und seine Augen tränten nicht mehr.
»Gut.« Myriam schraubte ebenfalls ihren Helm ab und öffnete das Innenschott. In dem daran angrenzenden Gang, der durch die Verbindungsröhre führte, schwebten leuchtende Kugeln umher, und sie emittierten einen nur matten Schein. Als sie die Schleusenkammer verließen, tanzten ihre fransigen Schatten zitternd über die blauweißen Wände des Korridors. Davids Blick fiel auf Markierungen und Kennungen, die jedoch in einer Höhe von mehreren Metern angebracht waren. Myriam ergriff seine Hand und zog ihn mit sich. »Wir müssen schnell weiter. Ich habe die Triebwerkssätze auf eine letzte Zündung programmiert. Die Kapsel wird sich in wenigen Sekunden von der Röhre lösen, abtreiben und schließlich von den Methanstürmen Marnivots zertrümmert werden. Vielleicht lassen sich die Piloten der Jäger davon überzeugen, daß wir den Tod gefunden haben. Aber ich glaube nicht, daß sie auf eine Überprüfung der Elektrischen Stadt verzichten werden. Komm, David. Wenn wir eine Geburtskammer der Knarr finden, sind wir vorerst in Sicherheit.«
Nach einigen hundert Metern stießen sie auf eine Abzweigung, und nach kurzem Zögern entschied sich die junge Treiberin für den rechten Weg. Er endete bald darauf vor einem Segmentschott, dessen Irisblenden sich öffneten, als sie darauf zueilten. Sie gerieten in einen Irrgarten aus gewaltigen Maschinenblöcken. Die Titanen aus Stahl, Kunststoff und komplexer Elektronik summten und zirpten. Stege rührten von den Kontrollpodesten zu Wandelgängen hoch an den blauweißen Gängen. In der Decke zeigten sich Rautengitter, und aus den Maschen wehten aromatisierte Rauchfäden hervor.
»Die Kharr sind sehr streßanfällig«, erklärte Myriam knapp. Sie orientierte sich und hielt dann mit ihrem wortkargen Mündel auf ein weiteres Schott zu. »Sie bevorzugen eine ruhige Umgebung, in der sie sich entspannen können. Man kann sich nur wundern, daß sie die Anstrengung unternahmen,
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