Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern
eingewiesen.« Ein allgemeiner Seufzer durchfuhr die Menge, und erste Gebote erklangen.
»Fünfzig? Nur fünfzig Münzen für einen so prächtigen Knaben? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein? Ihr Damen … dieser Junge wärmt euch nachts das Bett – und nicht nur das. Er ist frisch und unverbraucht!«
Es gelang dem Sklavenjäger, den Preis bis auf zweihundert Münzen hochzutreiben, dann wurde der Junge abgeführt.
Die Sonne berührte den Horizont, und eine Frau rief: »Es wird bald Nacht, Vanrai. Wir müssen aufbrechen. Am Tag sind die Flieger stumm und lassen sich vom Wind über die Wolken hinaustragen. Aber wenn es dunkel wird, kehren sie nach Crunn zurück, und kein Mensch kann ihren Gesang ertragen. Wir verlieren den Verstand, wenn wir es riskieren, dann noch hierzusein.« Sie wandte sich zum Gehen.
Der Vanrai hob die Hand. Sklavenketten klirrten. Die Blicke der Anwesenden richteten sich gen Himmel. Aber noch war keiner der Flieger zu sehen, vor denen die Frau gewarnt hatte. »Aber nicht doch, ihr Damen und Herren!« Der Sklavenjäger deutete auf die noch zum Verkauf stehenden Gefangenen. »Es dauert nicht mehr lange. Ihr braucht keine Angst zu haben. Bevor die Stummen hierher zurückkehren, haben wir Crunn verlassen.«
»Mit gut gefüllten Geldbörsen!« rief ein Mann, und andere lachten.
Der Vanrai gab rasch ein Zeichen, und die anderen in schneeweiße Roben gekleideten Gestalten hoben ihre Geißeln. Claude Farrell setzte sich rasch in Bewegung. Durst brannte in seiner Kehle, und sehnsüchtig blickte er auf das Faß mit kühlem Wasser, das einige Meter entfernt stand. Die Ketten schabten an den Hand- und Fußgelenken. Einer der Sklavenjäger kam mit einem Schlüssel herbei und nahm den Sklaven die Schellen ab. Eine junge Frau wurde gepackt und auf das Podest geführt, und einer der anderen Gefangenen schrillte: »Pera, Gott, Pera …!«
Eine Geißel knallte, und die Dornen bohrten sich in den Rücken des Mannes. Er schrie auf, riß an den Ketten und stürzte nach vorn.
Es ging alles so schnell, daß Claude Farrell nicht mehr rechtzeitig zu reagieren vermochte. Der Mann stieß all diejenigen beiseite, die ihm im Weg standen. Farrell verspürte einen heftigen Stoß an der Seite, verlor den Halt und stürzte zu Boden. Für einige wenige Sekunden herrschte lärmendes Durcheinander. Die Vanrai holten mit ihren Geißeln aus, und einige der Sklavenjäger zückten Dolche, um sich gegen die aufgebrachten Gefangenen zu verteidigen.
Farrell vermochte nachher nicht mehr zu sagen, wie es geschehen war. Es kam zu einem wilden Handgemenge, aber ganz plötzlich herrschte Stille, und alle starrten Luther Straightwire an. Eine Messerklinge hatte sich ihm in den Bauch gebohrt, aber kein Tropfen Blut quoll aus der tiefen Wunde, die sich schon wieder zu schließen begann. Der Lenker drehte sich ruckartig um die eigene Achse, zerrte Farrell auf die Beine und sagte: »Ich glaube, wir sollten besser verschwinden.«
Die Vanrai waren noch immer so überrascht, daß sich niemand von ihnen rührte, als Straightwire und Farrell über den Platz stürmten und eine schmale Treppe emporeilten. Erst einige Sekunden später ertönte der Schrei: »Ein Nichtbluter!«
Armbrüste wurden erhoben, und die Bolzen aus Stahl sirrten an den Flüchtenden vorbei und prallten knirschend von den Außenwänden eines Nadelturms ab. Andere Rufe wurden laut. Stiefel schabten über den harten Boden.
»Bei Yggdrasil!« stieß Farrell hervor. »Sie folgen uns.«
»Treiber! Zur Hölle mit der Treiberbrut!«
Sie erreichten das Ende der Treppe und gelangten in eine Kammer im Innern eines Nadelturms. Durch mehrere Öffnungen in der Außenwand fiel das Licht der untergehenden Sonne. Einrichtungsgegenstände gab es nicht. Aber an der Decke wuchsen seltsame Buckel, und an den Wänden zeigten sich eigentümliche Skizzierungen. Der Lenker nickte sich zu, als sähe er eine Vermutung bestätigt.
»Ich habe es von Anfang an geahnt«, sagte er so ruhig, als unternähmen sie eine Besichtigungstour. »Dies ist eine Stadt der Mreyd.«
Sie verließen die Kammer durch einen anderen Ausgang und balancierten über einen Steg hinweg, der sich mehrere Hunderte Meter über dem Wald durch die Luft spann und zu einem anderen Turm führte. Farrell drehte sich fast der Magen um, als er in die Tiefe starrte. Der Steg machte plötzlich einen sehr instabilen Eindruck auf ihn und schien unter ihm zu schwanken.
Der andere Turm war Lichtjahre entfernt.
Durst brannte in der Kehle
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