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Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern

Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern

Titel: Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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zweiten Urknall überstanden und in dem Dritten Universum erneut die Botschaft der Uralten verkündeten? Die Heimat der Entitäten war der Weltraum II. Konnte jenes Medium der Vernichtung entgehen?
    Oben am Himmel lauerte die Singularität auf ihre Opfer. Der Gravitationsstrudel war schwärzer als schwarz, und er saugte alles in seine unergründliche Tiefe, das so unvorsichtig war, ihm zu nahe zu kommen. Ein Loch im Gewölbe des Firmaments, ein schwarzes Auge, das auf die Menschen, Pflanzen und Tiere dieses Planeten niederstarrte.
    Schwarzkind …
    »Straightwire?« Claude Farrell drehte sich um und stellte erst jetzt fest, daß er allein war. »He, Straightwire, wo sind Sie?«
    Keine Antwort.
    Farrell schüttelte unwirsch den Kopf. Ein seltsamer Druck hatte sich auf seinen Schädel gelegt, ein dumpfer Schmerz, der direkt hinter seinen Augen pochte und hämmerte. Tausende von Minenarbeitern schürften in dem Verstand des Treibers nach verborgenen Geheimnissen. Er versuchte, sich besser abzuschirmen, aber der Druck ließ nicht nach.
    Die stummen Lieder der Bewohner dieser Stadt …
    Er wankte davon, aber die Gesänge, die nur seine Gedanken hörten, verfolgten ihn durch die leeren Korridore und Zimmer Crunns. Immer schneller wurde er, bis er schließlich lief, bis er gegen Wände prallte, die aus dem Nichts aufzutauchen schienen, bis er sich in den Zeichnungen und Skizzen und bizarren Darstellungen an den Wänden verirrte, bis er glaubte, der Boden stülpe sich ihm entgegen, um ihn zu verschlingen. Mit den Fäusten hämmerte er sich gegen die Schläfen, aber der Schmerz ließ nicht nach; er wurde stärker und stärker. Er riß und zerrte an seinem Ich, und er flüsterte: Warum wehrst du dich, Mensch? Es ist doch sinnlos. Erinnerst du dich denn nicht mehr an die Warnung der Frau? Der Tag gehört euch, die Nacht uns. Warum bist du nicht mit den anderen fortgezogen? Jetzt verlangen wir deinen Verstand als Tribut.
    »Farrell?«
    Eine schemenhafte Gestalt formte sich in dem Zwielicht vor ihm und kam auf ihn zu. Zwei starke Hände umklammerten seine Schultern.
    »Ich habe Sie schon überall gesucht, Farrell. Sie dürfen nicht dagegen ankämpfen. Hören Sie? Geben Sie sich den Liedern ganz hin. Es wird Ihnen nichts geschehen, glauben Sie mir. Das, was Sie so belastet, sind die Erinnerungen der Mreyd. Die Stadt Crunn ist ein einziges gewaltiges Gedächtnis. Aber es wird nur dann aktiv, wenn die Flieger kommen, die Nachfahren der Mreyd.« Der Lenker stützte ihn und geleitete ihn durch immer komplizierter werdende Irrgärten. Farrell gab sich alle Mühe, den Rat Straightwires zu befolgen. Aber es war schwer. So ungeheuer schwer.
    »Sie sind degeneriert. Sie wissen nicht mehr, wer sie sind und was sie einmal waren. Aber sie können uns helfen. Es ist mir gelungen, einen Kontakt zu einem der Flieger herzustellen. Kommen Sie, Farrell. Kämpfen Sie nicht dagegen an!«
    Und langsam, ganz langsam, ließ der auf dem Schädel Farrells lastende Druck nach. Nach einer Weile konnte er wieder klar denken, und er lauschte den melancholischen Gesängen der stummen Flieger. Er verstand die Worte und Silben nicht, die durch seine Gedanken tasteten, aber er spürte eine tiefe Melancholie, einen Schwermut, der ihm die Tränen in die Augen trieb.
    Während Luther Straightwire ihn in eine der oberen Kammern Crunns führte, weinte Farrell. Er weinte mit den Stummen, die ihre Erinnerung verloren hatten, obwohl sie jede Nacht in die Räume und Kammern eines gewaltigen Gedächtnisses zurückkehrten. Sie trauerten um eine Vergangenheit, die seit Jahrmilliarden verloren war. Sie trauerten in der Art eines Lenkers, der wußte, daß seine Dienste keinen Sinn mehr hatten, daß die Uralten tot waren und die Ulema langsam starben.
    Straightwire half ihm auf den Rücken eines Fliegers und nahm hinter ihm Platz.
    Kurz darauf sausten die Nadeltürme und die Synapsenstege Crunns tief unter ihnen hinweg, und die kühle Luft der Nacht umschmiegte sie. Nach Westen. Immer weiter nach Westen. Als das Glühen der Stadt jenseits des Horizonts versank und sie allein waren mit den Sternen und dem Gravitationsrachen der Singularität, begann Straightwire laut zu singen. Er benutzte eine Sprache, die Farrell nicht kannte, aber er verstand den Lenker trotzdem. Er sang die Lieder der Stummen, und es wurde erst wieder still, als sie ihr Ziel fast erreicht hatten.
    Die Wirklichkeit holte sie viel zu rasch ein. Die unmittelbare Nähe Davids war eine starke Präsenz, und

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