Die Terranauten TB 14 - Der letzte Manag
Gleiter schlitterte mit der Rumpfunterseite über ein Dach, die Landekufen und die linke Bremsdüse brachen ab, dann trudelte der Flugapparat in hohem Bogen durch die Luft, krachte seitlich auf ein anderes Dach, schrammte dessen ganze, schräge Ausdehnung entlang. Der Pilot schaltete die Impulstriebwerke aus. Sobald der Gleiter vom Dach sauste, begann er sich um die Längsachse zu drehen, schoß an der Fassade eines Gebäudes hinab, rammte mit der Metratopkanzel einen Balkon. Die Kanzel zersprang nicht, aber der Anprall sprengte sie ab.
Llewellyn sah noch, wie Ranigard, der sich nicht angegurtet hatte, kopfüber aus der Kabine flog, dann füllte mit einem Schlag ein Panzerprotop-Titanenwall des Tempels der Heiligen Hochenergie sein Blickfeld aus. Unaufhaltsam raste der außer Kontrolle geratene Gleiter darauf zu. Der Riemenmann empfahl seine Seele dem Weltraum II.
2
Erkundung und kluge Nutzung der wahren Essenz des Seins das ist das eigentliche Geheimnis des Lebens eines Weisen.
Der Verschollene
Gershavo Ranigard durchschlug mit ohrenbetäubendem Klirren eine Fensterwand, fiel auf einen sichelförmigen Tisch, der unter ihm zusammenbrach, und rutschte mitsamt diversen Gegenständen durch das Zimmer bis vor ein Aqua-Bett. Einige Augenblicke lang blieb er benommen liegen. Dann begann er sich über die dreckigen Füße vor seinem Gesicht zu wundem. Unter Aufbietung aller Willenskraft mißachtete er die greulichen Schmerzen in seinem Körper, seinen Gliedmaßen, stemmte sich hoch. Gebrochen hatte er sich anscheinend nichts, aber Plastglas-Scherben hatten ihm an verschiedenen Stellen Kleidung und Haut aufgerissen. Auch etliche blaue Flecken waren ihm zugefügt worden. Der Gnuff jammerte in merklicher Verdrossenheit, doch offenbar war auch er unverletzt, abgesehen von wohl ein paar Prellungen. Indem er sich den gestauchten Rücken hielt, erhob sich Ranigard. Die Fensterwand mußte vieles von der Wucht des Aufpralls aufgefangen haben; andernfalls wären sie beide nicht so glimpflich davongekommen.
Ranigards Blick fiel auf den ältlichen Mann, der halbnackt auf der Bettkante saß und ausdruckslos vor sich hinstierte. Seine Apathie konnte jedoch nicht allein auf die Hypno-Beeinflussung durch die Lebenswächter zurückzuführen sein. Das Zimmer glich einer Sumpfschweinhöhle, stank nach der kalten Asche von Narko-Zigaretten, nach Fusel und Dünnbier. Vermutlich handelte es sich bei diesem Mann um einen passionierten Delta-Alkoholiker, der sich schon vor dem Aufkreuzen der Riesenlurche in ähnlichem Zustand befunden hatte.
Der Ex-Manag humpelte zur zertrümmerten Fensterwand. Natürlich war der Gleiter sonstwohin außer Sicht verschwunden. Direkt unterhalb von Ranigards Standort schoben sich die breiten, schlammbraunen Rücken zweier Lurche vorbei. Aus dieser Nähe empfand Ranigard den hypnotischen Zwang ihrer Gedanken wie eine schwüle, beklemmende Ausdünstung. Wir sind die Lebenswächter. Wir verbieten die Mörderzellen-Logik. Wir sind die Lebenswächter. Die Mörderzellen-Logik ist verboten … Doch die neue Dosis Amphetamin, die er geschluckt hatte, kurz bevor es ihn aus dem Gleiter schleuderte, polsterte sein Bewußtsein gegen ihren Einfluß ab.
Ich muß feststellen, was aus Llewellyn geworden ist, überlegte er fieberhaft, durch das Aufputschmittel in erneuerter Hektik. Sollte er tot sein … Ich muß Verbindung mit dem Palais aufnehmen. Die Bevölkerung muß evakuiert werden. Ich muß … Er wußte kaum, was er zuerst tun sollte. Alles der Reihe nach. Immer der Reihe nach …!
Im Nebenraum entdeckte er einen Kommunikator. Er tippte die Code-Nummer des Palais, aber kein Kontakt kam zustande. Auch das unterirdische Kabelnetz mußte zum erheblichen Teil zerstört worden sein.
Ranigard verließ die verkommene Bude des Säufers. Im Korridor, in dem einige weitere Personen, Frauen und Männer, apathisch einherirrten, suchte und fand er die Treppen zum Ausgang. Die Lifts mochte er nicht benutzen; zwar ersah er anhand eingeschalteter Lampen, daß noch Elektrizität vorhanden war, doch hielt er die Gefahr, daß sie jeden Moment ausfiel, für zu groß.
Aus dem Haus gelangte er in ein von den massigen Leibern und Säulenbeinen der Riesenlurche beträchtlich verwüstetes Shopping-Zentrum. Im unmittelbaren Umkreis lungerten wenigstens zehn bis zwölf Biester herum. Ihre Nähe mißhagte dem Gnuff; er fiepte nervös und wand sich unter Ranigards Bluse. Das Amphetamin, das er über Ranigards Kreislauf ebenfalls erhielt,
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