Die Terranauten TB 18 - Das Terranauten-Projekt
Zimmer und beachtete sie überhaupt nicht. »Ich weiß, was Sie suchen«, fuhr Martyn fort. »Die Fundstelle, an der man die Misteln entdeckte. Und ich weiß auch, wo sie sich befindet. Ich bringe Sie dorthin. Und werde uns damit hoffentlich in die Lage versetzen, Omikron zu befreien.« Sein Blick wurde durchdringend. »Bitte, Narda. Es ist gar nicht nötig, die Kosmischen Sporen herbeizurufen, um dieser Welt den Frieden zu schenken und weitere potentielle Treiber vor der Konditionierung durch die Garde zu bewahren. Der Schlüssel für die Lösung des Problems befindet sich hier, hier auf Omikron.«
»Der Kiber«, knurrte Ferguson und prüfte die Kontrollen der Harpune. »Der Große Kiber – ha, diesmal entgehst du mir nicht!«
Narda starrte Martyn eine Zeitlang an und versuchte, sich darüber klarzuwerden, warum sie ohne große Einwände dazu bereit war, sich mit seinen knappen Erklärungen – die eigentlich gar keine Erklärungen waren – einfach so abzufinden. Schließlich gab sie sich einen Ruck und nickte. »Also gut.«
Martyn seufzte erleichtert und stopfte einige weitere Dinge in den Rucksack.
Narda eilte in die rückwärtige Kammer und gab Benjamin und Moon Bescheid. Die beiden jungen Treiber saßen dicht nebeneinander, und Benjamin hielt die Hand Moons, die nun lächelte. Die Terranautin erläuterte ihnen rasch, worum es ging.
Zehn Minuten später brachen sie auf.
Die Hütte Fergusons war eine von vielen, die an den Hängen der Bergflanke am Rande der Staubschlucht errichtet worden waren, aus Holz und Kunststoffteilen, die man mit Haftmasse zusammengefügt hatte – kleine graue Kleckse vor dem dunklen Hintergrund der Grate und Schründe. Narda klappte den Kragen der Pelzjacke hoch, als sie dem Verlauf des schmalen Pfades folgten, der nach unten führte, an den Rand des Staubsees, in Richtung der improvisiert wirkenden Molen und Kaianlagen.
Ferguson wankte wie jemand, der jeden Augenblick den Halt verlieren und den Hang hinunterstürzen konnte. Offenbar hatte er die Nachwirkungen der Droge noch immer nicht ganz überwunden. Er hielt die Harpune wie einen Speer in der Hand, und wenn er sich umdrehte, um einige knappe Worte mit Martyn zu wechseln, sah Narda das Glühen in seinen Augen.
Aufgrund der Suggestiv-Unterweisungen an Bord der Fähre, mit der sie nach Omikron gelangt war, wußte sie, was Kiber waren: walähnliche Wesen, die in den ausgedehnten Staubschluchten des Jakascha-Massivs lebten, auch hier im sogenannten Keil, einem Ausläufer des Gebirges, der von Osten nach Westen verlief. Es waren Tiere, die auch menschliche Nahrung nicht verschmähten und es insbesondere nicht mochten, wenn man ihnen Stahllanzen in den Leib bohrte.
Ein ungutes Gefühl entstand in der Terranautin, als sie durch das Tal blickte. Eine weißgraue Masse füllte die Schlucht. Auf den ersten Blick betrachtet sah sie wie schmutziger Schnee aus, wie der Ausläufer eines Gletschers vielleicht, doch dieser Eindruck täuschte. Es handelte sich vielmehr um feinsten Staub, der mit einem gewissen Prozentsatz an Wasser angereichert war.
Wie Treibsand, dachte Narda, und sie schauderte bei der Vorstellung, über einen derartigen See zu segeln, der alle Schiffe verschlang, die nicht schnell genug über ihn hinwegsausten. Die Dubassen der Clipper, die dort Jagd nicht nur auf Kiber machten, sondern auch auf andere Bewohner der dunklen Tiefen, mußten in ständiger Bewegung bleiben, um nicht in der zähen, schlickartigen Masse zu versinken. Ließ der Wind nach und befanden sich die Boote nicht in der Nähe des Ufers, war es um die Männer und Frauen an Bord geschehen.
Derzeit jedoch bestand diese Gefahr nicht. Graubraune Wolken wallten von Süden kommend heran, aus der Richtung Tamboros, und der Wind heulte an den Graten vorbei. Einige Hütten, die sie unterwegs passierten, knarrten unter der Wucht der Böen. Wände zitterten. Clipper kamen ihnen entgegen, in lange Mäntel gekleidete Männer und Frauen, die an ein entbehrungsreiches Leben gewöhnt waren, sich aber eine Freiheit bewahrt hatten, die es in den großen Städten Omikrons seit vielen Jahren nicht mehr gab. Sie hatten ihre Barken an den Ufern des. Staubsees vertäut und beeilten sich nun damit. Stützstreben an ihren Unterkünften anzubringen, auf daß sie nicht einfach davongeweht wurden.
Ferguson hielt auf eine Dubasse zu, und mit der Hilfe Martyns zog er das zerbrechlich anmutende Gefährt auf eine der Rampen, die Dutzende von Metern weit in den Staubsee reichte
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