Die Terranauten TB 18 - Das Terranauten-Projekt
meine … sie ist doch ein Mädchen, keine Frau wie …«
»Wie ich?« Narda lächelte und erinnerte sich daran, wie sie David terGorden verehrt hatte. »Moon ist sogar ein wenig älter als du, Benjamin.« Sie nickte in Richtung der Tür. »Geh jetzt zu ihr, Ben. Sie braucht dich. Verletz ihre Gefühle nicht.«
Benjamin drehte sich steifbeinig um, und Narda beobachtete noch, wie sich sein Gesicht erhellte. »Mich«, murmelte er, als könne er es nicht fassen. »Sie liebt mich.«
Narda lächelte, als sich die Tür hinter ihm schloß. Manchmal, dachte sie, war es ganz einfach, Kupplerin zu spielen.
Dann dachte sie an die Prophezeiungen der Karten, und ein Schatten legte sich über ihre Züge.
Als sie sich einen zweiten Becher Kaffee einschenkte, knarrten die Angeln der Außentür, und Martyn trat ein. Er machte sich gar nicht erst die Mühe, seinen Mantel auszuziehen. »Beeilen Sie sich, Narda. Wir müssen weg. Und zwar sofort.« Er ging daran, diverse Sachen zusammenzupacken. »He, Ymir, wach auf, du Schlafmütze. Ein Sturm zieht heran, hörst du? Ein Sturm!« Martyn rüttelte den Schlafenden an der Schulter. »Hast du nicht gesagt, der Große Kiber tauche immer während eines Unwetters auf? Diesmal erwischt du ihn vielleicht.«
Narda stemmte die Arme in die Hüften. »Was ist denn überhaupt los? Warum der überstürzte Aufbruch?«
»Der große K-kiber?« grunzte Ymir, als er sich auf die Seite rollte und verschlafen zwinkerte.
»Ja, verdammt! Schnapp dir deine Harpune und komm.« Und an Narda gerichtet: »Ich habe einige Erkundigungen eingezogen. In einer Staubschlucht südlich von hier kamen einige Clipper bei dem Versuch ums Leben, einem Organoiden aus Tamboro einige … äh … Fragen zu stellen. Einer konnte fliehen. Und er berichtete Freunden von einer unheimlichen Gestalt, die mit einem Turbogleiter gekommen sei und offenbar nach jemandem suche.«
Narda schauderte. »Der Jacca?«
»Ja. Er ist noch immer hinter Ihnen her. Und er wird Sie finden, wenn wir uns nicht sputen. He, Ymir: Wo hast du die Tasche mit den Flash-Blättern?«
»Drüben am Kamin«, ächzte der alte Ferguson, stand auf und griff nach einer speckigen Hose aus dickem Leder. In seinen tief in den Höhlen liegenden Augen glühte es plötzlich. »Der Große Kiber? O ja, diesmal kriege ich den Mistkerl. Dreimal ist er mir bereits entkommen, aber diesmal erwische ich ihn. Ein Sturm?« Er schien Mühe haben, in die Wirklichkeit zurückzufinden.
Martyn fand die Tasche und zog ein glänzendes Blatt daraus hervor, das er zusammenrollte und sich rasch in den Mund schob. Er kaute einige Male, schloß kurz die Augen und ließ seufzend den Atem entweichen. Narda beobachtete ihn skeptisch. »Sie also auch?«
»Auch was?« fragte Martyn, nun erheblich ruhiger als zuvor.
»Diese Droge.« Narda gab einen verächtlichen Laut von sich. »Ich habe Sie offenbar überschätzt. Ich dachte. Sie seien ein Mann, der auf einen klaren Verstand Wert legt. Aber Sie lieben es offenbar ebenfalls, sich zu benebeln. Ich verstehe nicht, warum …«
Narda unterbrach sich abrupt, als sie etwas Seltsames wahrnahm. Das innere Licht Martyns – ihr inneres Auge erblickte es nur für einen Sekundenbruchteil, bevor sich wieder die Mauern der Abschirmung davorschoben und es verdunkelten. Es war matt gewesen, kaum mehr als diffuse Graue, formlos und vage; doch unmittelbar nach dem Genuß des ersten Flash-Blattes erstrahlte es heller.
Narda kniff die Augen zusammen. Martyn reagierte völlig anders auf die Omikron-Droge als Ferguson, anders auch als die Gäste in den Traumhäusern Tamboros. Sein Geist schien sich zu schärfen, anstatt in die Stumpfheit des Rausches abzugleiten. Es war, als brauche er Flash, um sich innerlich zu stabilisieren, um das Licht seines Ichs nicht ganz verlöschen, sein Selbst nicht zersplittern zu lassen.
»Sie verbergen etwas vor mir«, sagte sie langsam.
Martyn verharrte einige Sekunden lang und sah dann von dem Rucksack auf, in dem er einige Ausrüstungsteile verstaut hatte.
»Narda, ich …«, setzte er an und zögerte. »Ich kann Ihnen noch nicht alles sagen. Das Risiko wäre zu groß.«
»Risiko?«
»Wenn Sie in die Gewalt des Feindes gerieten, der Graugardisten … Queen Alessa hat die Möglichkeit, selbst einer Terranautin wie Ihnen alle Geheimnise zu entreißen …« Er schüttelte den Kopf. »Bitte vertrauen Sie mir.«
Narda gab keine Antwort, und Martyn kam auf sie zu und ergriff sie an den Schultern. Ymir Ferguson stapfte durchs
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