Die Teufelshaube
machten. Noch immer hatte sie schlimme Erinnerungen an das Kloster St. Radegund in Cambridge, die einzige andere Schwesternschaft, die sie bislang in England gesehen hatte – ein bedrückender Ort, an dem letztendlich die Komplizin eines Kindermörders entlarvt worden war.
Hier in Godstow jedoch kündete die Atmosphäre von Geborgenheit, Ordnung, Disziplin und davon, dass alles so war, wie es sein sollte.
Sie döste vor sich hin, eingelullt von Pater Patons einschläferndem Gemurmel, der in seinem Schiefertafelbuch Berechnungen anstellte. »Für Käse und Ale auf der Reise … für Pferdefutter …«
Ein sachter Stoß von Gyltha brachte sie auf die Beine. Eine kleine, sehr alte Nonne, die sich auf einen Stock mit Elfenbeingriff stützte, war hereingekommen. Rowley streckte ihr die Hand hin, die Nonne beugte sich ächzend vor, um den Bischofsring an seinem Finger zu küssen. Alle verneigten sich.
Die Äbtissin nahm am Kopfende des Tisches Platz, lehnte den Gehstock behutsam an ihren Stuhl, faltete die Hände und hörte zu.
Innerhalb weniger Minuten wurde Adelia klar, dass ein Gutteil von Godstows Wohl und Segen dieser kleinen Frau zu verdanken war. Mutter Edyve besaß die distanzierte Ruhe älterer Menschen, die alles schon erlebt hatten und es jetzt zum zweiten Mal kommen sahen. Dieser junge Bischof, ein Grünschnabel im Vergleich zu ihr, konnte sie nicht aus der Fassung bringen, obwohl er in seinem Gefolge einen Sarazenen, zwei Frauen, einen Säugling sowie einen eher unappetitlichen Hund mitbrachte und ihr erzählte, er habe vor ihren Toren einen Ermordeten gefunden.
Selbst der Wunsch des Bischofs, die Leiche in ihrem Eishaus zu verstecken, wurde seelenruhig aufgenommen. »Ihr hofft, auf diese Weise den Mörder zu finden?«, fragte sie.
»
Die
Mörder, Äbtissin«, korrigierte der Bischof ein wenig zu ungeduldig. Erneut erklärte er ihr die Beweise, die von Doktor Mansur und seiner Assistentin gefunden worden waren.
Adelia dachte, dass Mutter Edyve wahrscheinlich alles schon beim ersten Mal begriffen hatte. Sie wollte nur noch etwas mehr Zeit zum Nachdenken gewinnen. Die Augen mit den faltigen Lidern, die in einem Gesicht wie aus runzeligem Kalbsleder ruhten, schlossen sich, während sie lauschte. Ihre blaugeäderten Hände spiegelten sich in der polierten Tischplatte.
Rowley kam zum Ende: »Wie wir vermuten, legen es die Täter darauf an, dass sich der Tod und der Name des jungen Mannes herumsprechen werden. Wenn dies nicht geschieht, kommen sie möglicherweise zurück, um Nachforschungen anzustellen.«
»Also eine Falle.« Eine sachliche Feststellung.
»Eine notwendige Falle, um der Gerechtigkeit willen«, beteuerte Rowley. »Und nur Ihr dürft davon wissen, Äbtissin.«
Er verlangt viel von ihr, dachte Adelia. Einen Toten nicht zu bestatten, sondern ihn unbeweint zu verstecken, verstößt ganz sicher gegen das Gesetz und die christliche Ordnung.
Doch nach dem, was Rowley ihr erzählt hatte, war es dieser alten Frau gelungen, ihr Kloster und ihre Nonnen unbeschadet durch einen dreizehnjährigen Bürgerkrieg zu bringen, der zu einem großen Teil genau hier in der Gegend getobt hatte – eine Leistung, die den Verdacht nahelegte, dass dabei so manche menschliche und göttliche Vorschrift umschifft worden war.
Mutter Edyve öffnete die Augen. »Eins müsst Ihr wissen, Mylord: Die Brücke gehört uns. Unserem Kloster obliegt es, sie instand zu halten und ihren Frieden zu wahren und demzufolge auch diejenigen zu ergreifen, die darauf einen Mord verüben.«
»Dann seid Ihr also einverstanden?« Rowley war verblüfft. Er hatte Widerstand erwartet.
»Allerdings«, sagte die Äbtissin gelassen, als hätte sie ihn gar nicht gehört, »werdet Ihr die Hilfe meiner Tochter Priorin benötigen.« Unter ihrem Skapulier holte Mutter Edyve die größte Schlüsselkette hervor, die Adelia je gesehen hatte. Es war ein Wunder, dass die alte Frau von dem Gewicht nicht zu Boden gezogen wurde. Zwischen den wuchtigen Schlüsseln, die daran befestigt waren, hing eine kleine Glocke. Sie läutete sie.
Die Priorin, die sie zuvor begrüßt hatte, kam herein. »Ja, Mutter?«
Jetzt, wo sie die beiden zusammen sah, bemerkte Adelia, dass Schwester Havis das gleiche flache Gesicht und die gleiche, wenn auch nicht ganz so runzelige Lederhaut hatte wie die Äbtissin. »Tochter Priorin« war also nicht nur ein frommer Titel. Edyve hatte ihr Kind mit nach Godstow gebracht, als sie Nonne wurde.
»Unser Bischof hat eine Lieferung
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