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Die Teufelshaube

Die Teufelshaube

Titel: Die Teufelshaube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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verfluchten Turmes zu Babel.«
    »Aha«, sagte Adelia, »Ihr könnt ihn nicht verstehen.« Mansur verstand sie wahrscheinlich recht gut, konnte aber ohne Adelia nichts tun.
    »Und er mich nicht. Deshalb hab ich nach Euch gesandt. Ihr sprecht seine Sprache, wie ich hörte.« Sie stockte. »Ist er so erfahren, wie Bischof Rowley gesagt hat?« Bei der Erwähnung seines Namens huschte ihr Blick ganz kurz über Adelias Gesicht.
    »Ihr werdet nicht enttäuscht werden«, versprach Adelia ihr.
    »Nun ja, alles ist besser als der Bader aus dem Dorf. Steht hier nicht rum. Kommt mit.« Wieder funkelte sie den Söldner an. »Und Ihr auch, wenn’s sein muss.«
    Der Patient lag am hinteren Ende des Saales. Man hatte einen Sichtschutz aus Weidengeflecht um das Bett aufgestellt, doch der Geruch, der dahinter hervordrang, verriet den Grund für Schwester Jennets Bedarf nach unchristlichem Beistand.
    Er war ein junger Mann, und seine Panik angesichts der Umstände wurde noch verstärkt durch die hohe, weißgewandete, dunkelhäutige Gestalt, die neben ihm aufragte. »Tut gar nich weh«, sagte er immer wieder. »Tut gar nich weh.«
    Mansur fragte auf Arabisch: »Wo bist du gewesen?«
    Adelia antwortete ebenfalls auf Arabisch: »Musste in die Kirche. Wir stehen unter Kriegsrecht.«
    »Gegen wen kämpfen wir?«
    »Weiß der Himmel. Schneemänner. Was haben wir hier?«
    Mansur beugte sich vor und hob behutsam das dünne Baumwolltuch an, das den linken Arm des Jungen bedeckte.
    »Höchste Zeit, denke ich.«
    Allerhöchste Zeit. Der zerfetzte Unterarm war schwarz und sonderte übelriechenden gelben Eiter ab.
    »Wie ist das passiert?«, fragte Adelia auf Englisch – und fügte dann, wie sie das so oft musste, hinzu: »Der Doktor will das wissen.«
    Cross meldete sich zu Wort. »Is unter ein Wagenrad geraten, als wir zum Turm marschiert sind, der ungeschickte Junge. Da muss irgend ’ne Salbe drauf, nich?«
    »Kannst du ihm den Ellbogen lassen?«, fragte Mansur.
    »Nein.« Die verräterischen Anzeichen der Nekrose wanderten schon über das Gelenk weiter aufwärts.
    »Wir können von Glück sagen, wenn wir sein Leben retten.«
    »Wieso hat die kleine Frau das nicht schon längst getan?«
    »Sie kann nicht, sie darf kein Blut vergießen.«
    Das kirchliche Verbot von Amputation war rigoros, Schwester Jennet durfte es nicht missachten.
    Mansur rümpfte die Hakennase. »Und da lassen sie ihn lieber sterben?«
    »Sie wollten den Bader aus Wolvercote kommen lassen.« Die Vorstellung war einfach zu schrecklich. »Einen
Bader,
großer Gott.«
    »Ein Bader, der Blut vergießt? Dann soll er mich bitte schön nicht rasieren, inschallah.«
    Selbst wenn der Bader gerufen worden wäre, hätte er seine Arbeit in der Küche verrichten müssen, weil es eine Beleidigung für Gottes Nase gewesen wäre, Blut im heiligen Klosterbereich zu vergießen. Jetzt stand Adelia vor demselben Problem. Dieser zusätzliche Konflikt zwischen Medizin und ihrem Glauben wühlte Schwester Jennet dermaßen auf, dass sie wütend die erforderlichen Befehle blaffte, um die Operation vorzubereiten, und mit einem so finsteren Blick zusah, wie Mansur ihren Patienten aus dem Saal trug, als hasste sie sie beide. »Und Ihr«, schnauzte sie den vielgeschmähten Cross an, »kriecht zurück in Euren Zwinger. Die brauchen Euch nicht.«
    »Aber«, widersprach Adelia. »Er … äh, er kennt das Losungswort.«
    Doch die Prozession – bestehend aus Doktor, Patient, Assistentin des Doktors, Hund, Söldner, zwei Nonnen mit frischen Tüchern und Strohsack – blieb unbehelligt, als sie sich von der Tür der Spitalskapelle nach links Richtung Küche bewegte.
    Adelia ließ die anderen zuerst reingehen und packte Cross vorn am Wams, bevor er ihnen folgen konnte. Sie würde ihn brauchen; der Patient würde weniger Angst haben, wenn er, sein Freund, bei ihm wäre. Sie konnte Cross nicht besonders leiden – und er sie auch nicht –, aber sie vertraute darauf, dass er den Mund halten würde. »Hört zu, der Arm des Jungen muss ab …«
    »Was heißt das, muss ab?«
    Sie erklärte es kurz und bündig. »Das Gift wandert durch den Arm Eures Freundes, und wenn es sein Herz erreicht, wird er sterben.«
    »Kann der Braunkopf denn nich ein paar Zauberworte sprechen oder so?«
    »Nein, er wird den Arm amputieren … abschneiden. Oder genauer gesagt, ich werde das für ihn tun, aber …«
    »Geht nich. Ihr seid ’ne Frau.«
    Adelia schüttelte ihn; sie hatten keine Zeit für so was. »Habt Ihr gesehen,

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