Die Teufelshure
hatte ihr während Johns Abwesenheit unmissverständlich klargemacht, dass sie nicht hierhergehörte.
»Wir haben es dir zu verdanken, wenn wir alle vor die Hunde gehen«, hatte sie ihr in einem Moment zugezischt, als sie sich von Randolf und David unbeobachtet glaubte. »Wer mit dem Teufel das Lager geteilt hat, hat keine Mühe, sich eines guten Mannes zu bedienen. Du hast John mit deinen magischen Kräften verhext, und du wirst ihn und alle, die ihm etwas wert sind, ins Verderben stürzen. Teufelshuren wie du gehören nicht in das Bett eines anständigen Kerls, sondern auf den Scheiterhaufen. Wenn wir erst an unserem Ziel angekommen sind, werde ich dafür sorgen, dass man dich vor den Richter bringt!«
Madlen war erschrocken zurückgewichen. Für gewöhnlich war sie nicht auf den Mund gefallen. Nicht der Hass, den Rosie ihr entgegenbrachte, verschlug ihr die Sprache, sondern die Gewissheit, dass Paddys Freundin etwas gesagt hatte, das – so furchtbar es auch klang – der Wahrheit entsprach. Sie hatte sich mit dem Teufel eingelassen und damit, ohne es zu wollen, einen Pakt mit ihm geschlossen. Daran war nun nichts mehr zu ändern. Ein jeder, der etwas von Hexen verstand, wusste, was die Penetration des Teufels für eine Frau bedeutete. Man kam nicht mehr von ihm los und verlor auf Dauer den Verstand.
Madlen zog ihre Decke enger um die Schultern. Wilbur saß am Feuer und spielte mit Kieselsteinen. Randolf stand an Rand des Felsvorsprungs. Eine Hand an seinem Waffengürtel, schaute er wachsam in die Dunkelheit. Mit unsicheren Schritten ging Madlen zum Fluss. Im Vorbeigehen bedeutete sie dem hünenhaften Norweger mit einem Nicken, dass sie hinter einem Gesträuch ihre Notdurft verrichten wollte. Nachdem sie eine Weile mit bloßen Füßen durch das kalte Wasser gewatet war, fühlte sie sich unbeobachtet und beschleunigte ihre Schritte. Schließlich begann sie zu rennen, bis der Fels, hinter dem sich ihr Lager befand, außer Sichtweite geriet. Je weiter sie lief, umso fester wurde ihr Entschluss, niemals zu John zurückzukehren und nicht mit ihm in die Highlands zu fliehen. Abgesehen davon, dass sie tatsächlich Angst hatte, ihrem jähzornigen Vater unter die Augen zu treten, wollte sie auf keinen Fall eine Fehde zwischen Johns Clan und ihrem eigenen riskieren. Dass John für sie kämpfen würde, indem er sie ohne die Zustimmung ihres Vaters für sich beanspruchte, schmeichelte ihr. Dass er damit die Anhänger seines eigenen Clans in eine blutige Auseinandersetzung hineinziehen könnte, ließ sie indes erschauern. Es hatte schon genug Tote im Krieg gegeben. Das ganze Land war mit frisch aufgeworfenen Gräbern übersät. John hatte versucht, dem Töten und dem Elend des Krieges zu entkommen. Durch ihr unbedachtes Verhalten jedoch hatte sie seinen Traum von einem anderen, friedlichen Leben zerstört. Wenn sie zuließ, dass es so weiterging, würden Rosies Prophezeiungen in Erfüllung gehen.
Madlen wusste nicht, wohin sie sich wenden sollte. Sie wollte nur weg und hoffte, dass John sich Wilburs annehmen würde. Sie musste den kleinen Mohren zurücklassen, um ihn nicht noch tiefer in ihr Schicksal hineinzuziehen. Vielleicht würde es ihr gelingen, nach Irland zu fliehen und dort in einem Kloster um Aufnahme zu bitten – oder sie endete als Hafenhure in Dunbarton. Dort würde sie bestimmt niemand suchen.
Nach einer Weile erreichte sie einen Weg, der zu einem Nebenfluss des Forth führte. Wenn sie sich entlang des Gewässers hielt, würde sie irgendwann in Dunbarton ankommen. Von dort aus gab es Schiffe, die nach Irland und Frankreich segelten. Natürlich grenzte dieses Vorhaben an Wahnsinn. Sie besaß weder Geld noch anständige Kleidung. Den Gedanken an das Kind, das sie womöglich unter dem Herzen trug, drängte sie beiseite, und auch ihr eigenes Befinden war ihr gleichgültig. Selbst ihren Tod würde sie billigend in Kauf nehmen. Wenn sie nüchtern über ihr Leben nachdachte, hatte sie keinerlei Hoffnung mehr, dass sich noch irgendetwas zum Besseren wenden könnte.
Als John mit seinen Kameraden ins Lager zurückkehrte, spürte er sofort die Unruhe.
»Madlen ist verschwunden«, erklärte David mit düsterer Miene. »Rosie sagt, sie wurde vom Teufel geholt.«
»Wer hat sie zuletzt gesehen?« John blickte alarmiert in die ratlosen Gesichter.
»Irgendwann musste es so kommen!« Rosie trat ihm wütend entgegen und spuckte ihm vor die Stiefel. »Wahrscheinlich ist sie davongerannt, um dem Teufel unser Versteck zu
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