Die Teufelshure
tot zu sein. Hühner, Katzen und Kühe. John unterdrückte ein Würgen, als er den ersten leblosen Menschen entdeckte. Der Tote lag vor seiner Hütte, Arme und Beine fehlten. In seinem Torso steckte ein eiserner Schürhaken. Der Boden war mit Blut getränkt. Paddy hatte die Pistole gezogen, obwohl es fraglich war, ob sie im feuchten Nebel überhaupt funktionierte. Ruaraidh zog es vor, sich auf seinen Degen zu verlassen, den er aus der seitlichen Sattelscheide gezogen hatte. Vergeblich versuchten die Männer mit ihren empfindlichen Augen den Nebel zu durchdringen und aus der gespenstischen Stille etwas herauszuhören, das ihnen Aufschluss darüber geben konnte, was hier geschehen war.
»Weißt du, wo die Familie der Jungs ihre Hütte stehen hat?« Paddy war in ein Flüstern verfallen, das seine ganze Unsicherheit zum Ausdruck brachte.
Furchtsam ließ er seinen Blick über die zum Teil zerstörten Häuser schweifen.
»Im Südwesten des Dorfes«, antwortete John ebenso leise, während sein Blick auf den halbnackten Körper einer toten und zuvor offenbar vergewaltigten Frau fiel. Sie lag hinter einem Misthaufen. Ihr Hund lag mit durchschnittener Kehle vor einem umgekippten Wasserfass. John zügelte sein Pferd und sprang ab. Dann ging er auf die Frau zu, nicht nur um zu sehen, ob sie vielleicht doch noch lebte, sondern auch um einen Blick in ihr offenstehendes Haus zu werfen. Zielstrebig marschierte er, den Degen im Anschlag, auf den Hauseingang zu, der wie ein schwarzes Loch wirkte, das jeden, der eintrat, zu verschlingen drohte.
»John!« rief Ruaraidh leise. »Bist du des Wahnsinns? Was machst du da? Lass uns abhauen! Hier war der Satan zu Besuch. Was willst du tun, wenn er plötzlich zurückkehrt?«
John wandte sich mit einem matten Lächeln zu seinem Kameraden um. »Ihn zur Hölle schicken, was sonst?«
Im Krieg hatte er Dutzende solcher Dörfer durchquert, in denen der Teufel gehaust hatte. Dieser hässliche Kerl mit dem Pferdefuß brachte es mühelos fertig, über Nacht die Seelen Tausender guter Männer zu stehlen und sie damit in grausame Todesengel zu verwandeln, denen ein Aufenthalt in der Hölle völlig gleichgültig zu sein schien. Auch wenn John um das Böse in der Welt wusste, so fragte er sich immer wieder, wie es möglich war, dass sich anständige, gottesfürchtige Menschen von jetzt an gleich wie wilde Tiere benahmen, die ihr Christsein vergaßen und sich mit Freude am Leid anderer Menschen weideten.
John kniete bei der Frau nieder. Ihm war aufgefallen, dass sie ein bläuliches Mal auf den Rücken trug. Vorsichtig fuhr er mit seinem Finger darüber. Ein winziges Loch zwischen den Knochen des Rückgrats bestätigte seinen Verdacht. Irgendjemand hatte ihr nicht nur das Blut genommen, sondern mit einem spitzen Gegenstand in den Rücken gestochen. Bilder tauchten in Johns Erinnerung auf, als man seine Kameraden auf dem Bass Rock mit dicken Nadeln gefoltert hatte, die man ihnen in den Rücken stach, um ihnen buchstäblich das Leben herauszusaugen.
Vorsichtig trat er ins Haus. Seine Ohren waren geschärft, und seine Augen durchdrangen die Düsternis wie ein heller Sonnenstrahl.
Obwohl der Überfall erst vor kurzem geschehen sein musste, lag bereits ein penetranter Leichengeruch in der Luft. Im Haus fand er weitere Tote, denen man wohl erst das Blut abgezapft und dann die Kehle durchschnitten hatte, um die eigentliche Todesursache zu verschleiern.
John bekreuzigte sich und sprach ein kurzes Gebet, als er einen toten Säugling betrachtete, der wie eine Puppe auf dem Bauch liegend in seiner Wiege verharrte. Wer immer auch hier gewesen war, hatte noch nicht einmal vor einem Kind haltgemacht.
Erschüttert kehrte John nach draußen zurück.
»Was denkst du?«, fragte Paddy leise, nachdem er aufgesessen hatte und sie zum anderen Ende des Dorfes geritten waren. »Glaubst du, es waren Cromwells Soldaten?«
John sah ihn durchdringend an und fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht, als ob er die schrecklichen Bilder vertreiben wollte, die sich in seinen Kopf einzubrennen begannen.
»Obwohl ich schon einiges an Elend gesehen habe, das von Soldaten angerichtet wurde, kann ich es mir in diesem Fall kaum vorstellen«, antwortete er mit bitterer Stimme. »Wenn du die Wahrheit wissen willst: Ich habe da einen schlimmen Verdacht.«
»Was soll das heißen?« Ruaraidh sah ihn aufgeschreckt an.
»Wer immer das hier gewesen ist, hat nichts mitgehen lassen. Wenn es Soldaten gewesen wären, hätten sie geplündert
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