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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Munda, auf der die Clans der Umgebung seit Jahrhunderten ihre Toten begruben.
    John Cameron, der achte Mann, stand mit versteinerter Miene am Kiel und blickte auf den einfachen Piniensarg hinab, der auf der Insel zur letzten Ruhe gebettet werden sollte. Madlens einbalsamierten Leichnam nach Sankt Munda zu bringen, dorthin, wo auch ihre Mutter begraben lag, war alles, was er noch tun konnte.
    Der Krieg gegen Cromwell war verloren, und die königstreuen Clanchiefs der Highlands kämpften darum, nicht mit Charles I. unterzugehen. Johns Bemühungen, Madlens Tod an Cuninghame und seinen Panaceaern zu rächen und die Leiche des Kindes zu finden, waren kläglich gescheitert. Offenbar hatten der schwarze Lord und seine Bruderschaft sich längst in ein anderes Land aufgemacht.
     
    Mit Madlens Tod und dem Verlust des Kindes war Johns Glaube an einen guten Gott endgültig gestorben. Damals in Edinburgh, kurz vor Granny Beadles Tod, hatte er in seiner Verzweiflung den Allmächtigen herausgefordert, allen Menschen das ewige Leben auf Erden zu schenken. Der Allmächtige hatte ihn wirklich erhört. Doch was war die Unsterblichkeit, wenn es nur einen selbst betraf und niemand mehr da war, für den es sich lohnte zu leben? Ein Gott, der ihn auf diese Weise zum Narren hielt, konnte kein guter Gott sein. Aber wenn er kein guter Gott war, was war er dann? Der Teufel?
    Deshalb hatte John bei Madlens Beerdigung auf einen Priester verzichtet. Er hatte keine Tränen mehr und war auch nicht fähig zu beten, weil er nicht wusste, zu wem. So stand er die ganze Zeit über nur da und rührte sich nicht. Wilbur neben ihm begann erneut zu schluchzen. John legte ihm stumm eine Hand auf die Schulter. Er hatte sich geschworen, für den Jungen zu sorgen, als wäre er sein eigenes Kind.
    Ohne ein Wort senkten die Männer den Sarg im Schatten der Kapelle in die Tiefe. Bran spielte auf seiner Bagpipe ein altes, wehmütiges Feenlied, welches den tragischen Tod eines Mädchens besang, das sich allabendlich in einen weißen Schwan verwandelte und auf dem Flug zu seinem Geliebten von einem Bogenschützen getötet wurde.
    Paddy, Randolf und Ruaraidh schaufelten das Grab zu, während David mit Hilfe von Malcolm und Micheal den schwarzen Stein aus frisch geschlagenem Schiefer aufrichteten. John hatte ihn eigens für Madlens Beerdigung anfertigen lassen.
    Stumm las er noch einmal die Zeilen, die ein Steinmetz für ihn in den weichen Schiefer gemeißelt hatte:

     
    »Hier ruht Madlen MacDonald Cameron – geliebtes Weib von John Cameron Loch Iol of Blàr mac Faoltaich. Gestorben im Jahre des Herrn 1648 im Alter von 21 Jahren durch die Hand eines Mörders.
    Ihr Tod war deine Auferstehung – ihre Auferstehung wird dein Tod sein.«

Teil II
     
    22

Schottland 2009 – »Leith«
     
    »Wenn Dough Weir glaubt, etwas gehört zu haben, dann ist es auch so.«
    Dough nahm seine Taschenlampe, schaltete sie ein und leuchtete seinem jungen Kollegen provozierend ins Gesicht. Dann knipste er sie wieder aus und legte sie auf den Schreibtisch zurück, auf dem mehrere Flachbildmonitore aufgebaut waren, die ihm mittels Kameraüberwachung halfen, das Hafenareal von Leith im Blick zu behalten. Es war drei Uhr nachts und regnete in Strömen.
    Dough betätigte die Computertastatur und schwenkte den Sucher zu den Containerhallen hinüber. Das gesamte Gelände war nur spärlich beleuchtet. Weil Energie teuer war, hatte man die Hälfte der Straßenlaternen abgeschaltet. Dough zoomte auf eine Scheinwerferlampe, in deren weißem Lichtkegel der Regen unzähligen schimmernden Bindfäden glich.
    »Du willst doch jetzt nicht etwa rausgehen?« Randy, der gut dreißig Jahre jünger war als Dough, sah ihn zweifelnd an. »Es schüttet wie aus Eimern. Was sollte da draußen schon sein? Außer leeren Containern und ein paar verlassenen Bürobaracken wirst du nichts finden. Hier gibt’s im Moment nichts zu stehlen, und bei dem Wetter geht sowieso niemand vor die Tür.«
    »Du weißt es ja«, brummte Dough, der sich schon des Öfteren über die Nachlässigkeit des Jüngeren aufgeregt hatte. »Seit mehr als dreißig Jahren bin ich Nachtwächter im Hafen von Leith. Du hast noch in die Windeln geschissen, da hab ich hier schon meine Runden gedreht.«
    Randy verzog das Gesicht. Die Story hatte er schon gut tausendmal gehört. Er kannte sie auswendig und wusste, was als Nächstes kam.
    »Der einzige Unterschied zu damals ist«, äffte er seinen Vorgesetzten nach, »dass man heute nicht mehr

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