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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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hatte, ihm überhaupt von seiner merkwürdigen Begegnung mit Madlen zu erzählen. Paddy, der lautstark über ihm schnarchte, hielt grundsätzlich nichts von jungen Frauen, die wegen ihrer Verbindung zu einem älteren Mann in die bessere Gesellschaft aufstiegen. In seinen Augen waren sie nichts als raffgierige Mätressen und damit Hexen und Teufelshuren, für die wahre Liebe ein Fremdwort blieb. Und nach allem, was heute Nachmittag geschehen war, hätte Paddy ihn womöglich mit Recht einen unverbesserlichen Narren gescholten und ihm die Frau längst ausgeredet. Somit war es besser, wenn er erst gar nichts von Johns Absichten erfuhr.
    John beschloss, am nächsten Morgen nach dem obligatorischen Besuch im Pub nochmals allein in die Stadt zu gehen. Er würde die Canongate hinunterschlendern, bis zu dem Haus, in dem Madlen angeblich wohnte. Dann würde er sich beiläufig umschauen, was für Leute dort ein- und ausgingen und ob Cuninghames Kutsche vor dem Anwesen stand. Und dann? John schnupperte erneut an dem Kärtchen und spürte, wie es in seinen Lenden zog. Die Vorstellung von Madlens weichem, anschmiegsamem Körper machte ihm unvermittelt klar, dass er sich nichts sehnlicher wünschte, als diese Frau wahrhaftig in seinen Armen zu halten.
    Mit einem Seufzer drehte er sich zur Seite. Wenig später fiel er in einen tiefen traumlosen Schlaf, das Kärtchen in der Hand, fest an sein Herz gedrückt.

Edinburgh 1647 – »Jungfrauenopfer«
     
    Eine kühle Windböe erfasste Johns gutes Plaid, das er nur zu besonderen Anlässen trug, und wirbelte es in die Höhe, als er am nächsten Morgen in aller Frühe mit einem vollgepackten Lederrucksack zu einem Badehaus aufbrach. Im Hafen lagen einige Schiffe vor Anker, und er war nicht der Einzige, der die Gelegenheit nutzte, um in einem der öffentlichen Schwitzbäder ein Bad zu nehmen. Der Bademeister verlangte drei Pence für einen großen Bottich mit heißem Wasser und eine anständige Rasur. Seife und Handtücher inklusive. Dazu gab es für zwei weitere Pence einen Krug verwässerten Wein oder Ale und ein Stück grobes Brot zum Frühstück. Nichts Besonderes, aber John war einfache Mahlzeiten gewohnt. Er war in den Highlands geboren und konnte nie wählerisch sein.
    Im Vorbeigehen passierte er einen Frachter aus Frankreich, dessen Weizenladung sie erst gestern gelöscht hatten. Wachen hatten das Schiff umstellt, und weitere Wachen patrouillierten vor dem Weizenkontor, weil es schon vorgekommen war, dass marodierende Banden versuchten, die Säcke zu stehlen. Der Weitertransport erfolgte in einem geschlossenen Wagen, eskortiert von sechs berittenen Stadtsoldaten, geradeso, als ob es sich um die Kronjuwelen des Königs handeln würde. Die Versorgungslage der Stadt und ihrer Umgebung verschlechterte sich seit Monaten, und John war dankbar, im Hafen arbeiten zu können. Nicht nur wegen der akzeptablen Entlohnung, sondern auch, weil hier und dort im wahrsten Sinne des Wortes etwas Brauchbares abfiel, das man gegen andere Dinge des täglichen Bedarfs tauschen oder auf dem Schmugglermarkt verkaufen konnte. Ein großer Teil der Bevölkerung hungerte, weil im Zuge des nicht enden wollenden Krieges alles so teuer geworden war, allein schon wegen der hohen Steuern, die man auf alles und jedes zu zahlen hatte und die das Parlament zur Entlohnung der Armeen benötigte. Auch Johns Kameraden sparten ihr Geld für noch schlechtere Zeiten und hielten es nicht sehr mit der Reinlichkeit. Die meisten waren der Meinung, dass es keinen Sinn hatte, sich öfter als einmal im Monat gründlich zu waschen, wenn man nur wenige Kleidungsstücke besaß und zehn Stunden am Tag damit beschäftigt war, Körbe mit Fischköpfen, Schweinehälften, Brandyfässer und auch sonst alles zu schleppen, was beim Be- und Entladen großer Schiffe anfiel und diverse Gerüche in Haaren und Kleidern hinterließ.
    John war kein geschniegelter Galan, aber er hasste es, herumzulaufen wie ein Wildschwein, das sich eben gesuhlt hatte, ganz gleich, wie schlecht die Zeiten auch sein mochten. Außerdem genoss er die Atmosphäre in den Badehäusern, die – streng nach Männern und Frauen getrennt – so manche Annehmlichkeit boten. In den weißgetünchten Räumen war es immer warm und gemütlich. Dafür sorgten mehrere Kohleöfen und ein offener Kamin, der wegen des andauernden Holzmangels ebenfalls mit Kohle befeuert wurde. Der Bademeister und seine Gehilfen massierten einem gegen einen geringen Aufpreis die schmerzenden Muskeln mit

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