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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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gefunden?«, wollte er wissen.
    »Ich habe den Auftrag erhalten, Euch so lange zu suchen, bis ich Euch finde, ganz gleich, wie lange es dauern würde. Ich wusste nur, dass Ihr im Hafen arbeitet. Ich hatte Glück, der Erste, den ich gefragt habe, konnte mir sagen, in welcher Baracke Ihr Euer Lager aufgeschlagen habt.«
    John kramte in seinem Fellbeutel und zog einen Penny heraus. Er nahm die Münze zwischen Daumen und Zeigefinger und hielt sie ins Sonnenlicht, dann drückte er sie dem verblüfften Jungen in die Hand.
    »Sag ihr, ich werde da sein.«
    »Ist das ein Ja?« Der Junge schien ihm immer noch zu misstrauen.
    John grinste. »Aye, es ist ein ›Ja‹.« Mit einer versöhnlichen Geste gab er dem kleinen Kerl einen Klaps auf die Schulter. »Und nun lauf, damit du deiner Herrin die Botschaft übermitteln kannst.«
     
    John war ganz und gar nicht bei der Sache, als Paddy zwei Stunden später im Half Moon die Karten mischte und eine neue Runde Bier bestellte. Wie jeden Sonntag war man mit mindestens zehn Arbeitern in einen der am besten besuchten Pubs vor den Toren Edinburghs eingekehrt. Hier wechselte der königliche Postdienst seine Pferde, und folglich bestand die erste angebotene Mahlzeit des Tages nicht nur aus gesalzenem Haferbrei, sondern auch aus gebratenem Speck und Eiern.
    Im Pub herrschte gedämpftes Licht. Rund um die Tische und Bänke drängten sich Hafenarbeiter, Söldner und Kirchgänger, die im Gegensatz zu John und seinen Kameraden ihrer Sonntagspflicht nachgekommen waren und die sich nun mit ein paar Humpen Ale und Whisky für eine harte Woche belohnten. Zum Mittag kam der ein oder andere Edelmann dazu, um sich und seiner Lady im benachbarten Speisezimmer ein Steak mit Erbsenpüree servieren zu lassen. Strattons Hinrichtung war immer noch Stadtgespräch. Doch auch jetzt wollte sich niemand zu den wahren Gründen auslassen. »Wer weiß«, mutmaßte Robert, ein bulliger Kerl aus Dunbar, »vielleicht war er heimlich Papist und hat schwarze Messen zelebriert.«
    »Könnte es sein, dass du da etwas durcheinanderbringst?« John warf Robert einen kritischen Blick zu. Niemand wusste, dass er und Paddy katholischen Glaubens waren. Deshalb beteten sie nie in der Öffentlichkeit und gingen – wenn überhaupt – nur heimlich zur Messe, die unter den hier lebenden Papisten unter strenger Verschwiegenheit abwechselnd an geheimen Orten abgehalten wurde. Trotzdem mochte es John nicht, wenn jemand etwas Schändliches über den Glauben seiner verstorbenen Mutter sagte.
    »Naja«, säuselte Robert weinselig. »Man munkelt, es war gar nicht die Ehre seiner Mätresse, die den schwarzen Lord in eine solche Rage gebracht hat. Ich habe läuten hören, dass Cuninghame von Stratton erpresst wurde. Angeblich ist Stratton auf ein dunkles Geheimnis gestoßen.«
    »Was soll das bedeuten?« John war hellhörig geworden.
    »Nichts«, fiel ihm Paddy ins Wort, und gleichzeitig funkelte er Robert böse an. »Willst du uns alle unglücklich machen? Jeder halbwegs nüchterne Mann weiß, dass Cuninghames Seele so schwarz ist wie seine Kleidung. Er hat schon mehr Leute ins Tolbooth gebracht, als hier an einem Tisch sitzen.«
    Robert lachte abwehrend und schwieg, dann bestellte er bei dem nächstbesten Schankmädchen ein Bier.
    Am frühen Nachmittag, als Paddy und die anderen Kameraden längst sturzbetrunken waren und mit den Schankmägden herumschäkerten, entschuldigte sich John für einen Moment, weil er austreten wollte.
    Paddy lallte eine unverständliche Bestätigung, während er Rednose Rosi unter ihrem Rock in den Hintern kniff. Sie kreischte theatralisch und warf John einen verhangenen Blick zu, der nichts anderes bedeutete, als dass sie lieber
seine
Hände an jener Stelle gespürt hätte, wo sich nun Paddy bediente.
    John lächelte abwesend und kümmerte sich nicht um die Zurufe seiner Kameraden, die ihn auf dem Weg nach draußen begleiteten.
    Sein Herz schlug eigentümlich, als er aus dem verräucherten Pub in die kalte, klare Luft trat, mit der festen Absicht, zumindest heute nicht mehr an diesen Ort zurückzukehren. Der Wind blies ihm seine langen Haare ins Gesicht, als er von der Anhöhe auf den tiefblauen Firth schaute, auf dessen kräuselnden Wellen sich das goldene Nachmittagslicht spiegelte. Die einlaufenden Fregatten mit ihren geblähten Segeln erschienen John wie fette Möwen, die mit ihrem langgezogenen Schrei am Himmel vorbeisegelten und sich nicht daran störten, dass in diesen Tagen Dutzende von Kriegsschiffen

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