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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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schrie sie Jenna entgegen. »Doch er war hier! John Cameron, der Mann aus meinen Visionen, war tatsächlich hier! Er hat mit mir geschlafen, und dann hat er unten in der Tiefgarage meinem Bruder in den Kopf geschossen!«
    Für einen Moment herrschte eine gespenstische Stille. Die beiden Polizisten und Jenna schauten sie an, und Lilian wusste, dass sie ihre letzte Glaubwürdigkeit in eben dieser Sekunde verloren hatte. Dann klingelte von irgendwoher ihr Mobiltelefon. Lilian war nicht mehr in der Lage, an den Apparat zu gehen. Jenna eilte zur Garderobe und fischte das Telefon aus ihrer Handtasche. Lilian hörte, wie sie mit jemandem sprach, und dann sah sie, dass Jenna mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck zur Tür hereinkam.
    »Es ist dein Bruder«, sagte sie tonlos. »Er fragt, warum du nicht selbst an dein Handy gehst.« Jenna hielt ihr das Telefon entgegen. »Er möchte dich sprechen.«
    Lilian musste sich setzen, als sie die vertraute Stimme ihres Bruders vernahm.
    »Hallo, Schwester, ich konnte nicht schlafen und wollte mal hören, wie dein Date gelaufen ist?«
    Lilian starrte schweigend zum Fenster hinaus. Der kühle Nachtwind wehte ihr die Haare aus dem Gesicht. Sie hatte das Gefühl, jeden Moment zum Fenster laufen und sich übergeben zu müssen. Sie antwortete nicht, sondern hielt das Telefon für einen Moment von sich, als ob es mit Dynamit geladen wäre.
    »Hey, was ist los?«, plärrte es aus ihrem Hörer. »Oder störe ich gerade, dann tut’s mir leid.«
    »Alex?« Ihre Stimme klang zaghaft. »Wo bist du?«
    »In Köln – wo sollte ich sonst sein?«
    Lilian spürte, wie ihr die Sinne schwanden. »Alex?«
    »Ist dir nicht gut?«
    »Alex«, murmelte sie, »ich glaube, ich habe einen psychotischen Schub. Vielleicht liegt es an dem Zeug, dass du mir gegeben hast. Ich werde Jenna bitten, dass sie mich in die psychiatrische Notaufnahme bringt.«
    Lilian ließ das Telefon sinken und sackte in sich zusammen.
     
    Als sie erwachte, befand sie sich in einem Rosengarten. Nein, kein richtiger Rosengarten, es kam ihr nur so vor, weil der Raum, in dem sie in einem schneeweiß bezogenen Bett lag, über und über mit Rosenbildern geschmückt war. Jenna saß neben ihr und war eingenickt. Das Piepen des Monitors, der neben dem Bett aufgebaut war, störte Lilian, und dann sah sie, dass sie an einem Tropf hing. Mit vollkommener Gleichgültigkeit beobachtete sie, wie die klare Flüssigkeit in einem langsamen Takt aus der Flasche in einen durchsichtigen Schlauch tropfte, der in einer Nadel mündete, die in ihrem Handrücken steckte.
    Lilian versuchte nachzudenken. Warum war sie hier? Was genau war geschehen?
    Irgendwo in ihrem Gedankenmeer wirbelten ein Name und ein markantes Gesicht an die Oberfläche: John. Wie bei einem Puzzlespiel gruppierten sich ihre Erinnerungen zu einem unglaublich anziehenden Mann, der grauenhafte Dinge getan hatte. Unvermittelt ging ihr die Frage durch den Kopf, ob die Realität überhaupt existierte, und falls ja, woran man das festmachen konnte. Vor allem, wenn man sich vor Augen hielt, dass die bewusste Wahrnehmung der Wirklichkeit durch die kleinste chemische Entgleisung im Hirn außer Kontrolle geraten konnte.
    »Lilian?« Jenna war erwacht und hatte gesehen, dass Lilian ihre Augen aufgeschlagen hatte. »Schön, dass du wieder bei uns bist. Möchtest du etwas trinken?«
    Lilian nickte nur schwach. Das Gefühl, sich wie ein Kind eine Schnabeltasse an die Lippen setzen zu lassen, hatte etwas zutiefst Beruhigendes.
    »Was ist passiert? Und wo bin ich hier?«
    »Du bist in der psychiatrischen Notaufnahme des Royal Hospitals. Mit Verdacht auf Medikamentenmissbrauch.«
    »Hast du ihnen etwa von meiner Ayanasca-Einnahme erzählt?«, fragte Lilian.
    »Nein, wo denkst du hin? Glaub mir, ich wollte dich nicht einliefern lassen, aber ich musste es tun, weil Verdacht auf eine Drogenvergiftung bestand. Die ersten Untersuchungen haben jedoch keinen Befund ergeben, so dass man dich entlassen wird, sobald du dich wieder fit genug fühlst.« Jenna hatte nach ihrer Hand gefasst und drückte sie sanft. »Aber ich wäre sehr dafür, wenn du zukünftig die Hände von dem Zeug lassen würdest. Auch wenn es seine Vorteile hat.«
    »Was meinst du mit ›Vorteile hat‹?« Lilian sah Jenna verständnislos an.
    »Nun ja, erinnerst du dich an Dough Weir, unseren Nachtwächter?«
    Lilian versuchte sich ein wenig aufzusetzen. Jenna half ihr dabei, indem sie ihr ein Kissen hinter den Rücken schob.
    »Ja, ich erinnere

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