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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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ihre Körperspannung bereits nachgelassen hatte. Es war keine Frage von Stunden mehr, bis sie die ersten typischen Symptome eines Eternity-Entzuges an den Tag legen würde. Spontane Hauterschlaffung und Faltenbildung waren zunächst harmlose Anzeichen, aber schon bald darauf würden sich die Symptome eines raschen Entzuges wie im Zeitraffer zu einer Katastrophe auswachsen und ihren Körper qualvoll zerstören.
     
    Lilian brach in Tränen aus, als sie John angekettet auf der Operationspritsche liegen sah. Die Wunde hatte bereits begonnen, sich zu verschließen, und doch entsetzte sie das viele Blut. Unvermittelt riss sie sich von den Wachen los und stürzte zu ihm hin. Sie beugte sich über ihn und küsste ihn. Er reagierte sofort, als ob er darauf gewartet hätte, und sie spürte, wie er bereitwillig seine Lippen öffnete und ihr mit seiner Zunge etwas in den Mund beförderte. Es war hart und länglich, eine winzige Kapsel. Als ob John ihre Gedanken vor dem Zugriff der Panaceaer blockieren wollte, sah er ihr unentwegt in die Augen und schluckte hart. Ohne weiter darüber nachzudenken, schluckte sie auch und spürte, wie ihr die Kapsel in den Magen rutschte.
    Er lächelte schwach, als Lilian von ihm abließ, aber immer noch seine Hand festhielt.
    »Was habt ihr mit ihm vor?« Verstört schaute sie auf und warf einen anklagenden Blick in die Runde.
    Dann entdeckte sie ihren Bruder unter den Männern. »Alex, du kannst unmöglich zulassen, dass man John etwas antut!«
    »Niemand will ihm etwas antun«, erwiderte Alex. »Wenn er die Initiation überstanden hat, wird er der Bruderschaft ein gehorsamer Diener sein. Nur auf diese Weise darf er sein Leben behalten.«
    Plötzlich bemerkte Lilian, dass man auch ihren Vater in eine Art Mönchskutte gesteckt hatte, nur dass diese nicht weiß, sondern rot war. Er stand ein wenig hinter den anderen, und sein Blick wirkte so verklärt, als habe man ihm eine Droge gegeben.
    »Zur Belohnung für seinen Gehorsam werden wir deinem Vater die Unsterblichkeit schenken«, erklärte Cuninghame mit getragener Stimme, nachdem er Lilians fragenden Blick registriert hatte. »Noch heute Nacht, wenn Neptun und Uranus im Oktagon der Planeten ihren heiligen Platz einnehmen, wird er einer der unseren werden und damit endlich Teil unserer Gemeinschaft.« Er lächelte jovial und streckte Lilian die Hände einladend entgegen. »Deine Anwesenheit ist bei beiden Ritualen erwünscht. Erst wenn dein Vater und John Cameron ihre Pflichten mir gegenüber erfüllt haben, werden du und deine kleine Freundin von euren Leiden erlöst.«
    Lilian konnte sich denken, was er meinte. Jenna war inzwischen zur Greisin mutiert, und sie hatte nicht die geringste Ahnung, wann es bei ihr beginnen würde.
    Cuninghame erhob in einer priesterlich anmutenden Geste die Hände und wandte sich an die übrigen weißgewandeten Männer. »So sei es!«, rief er aus.
    »So sei es!«, schallte es von den Weißgewandeten im Chor.
    Als die beiden Wachen Lilian zurück in den Kerker brachten, wurden sie von ihrem Bruder eskortiert. Mit wehendem Mantel schritt Alex durch die unterirdischen Gänge, dabei wirkte sein Gesicht im Lichte der flackernden Fackeln wie eine Maske. Lilian überlegte fieberhaft, wie sie ihn auf ihre Seite ziehen konnte. Wenn er überhaupt noch so etwas wie ein Gewissen besaß, durfte sie keine Gelegenheit auslassen, daran zu appellieren.
    »Alex, ich flehe dich an: Komm wieder zu dir! Was hier geschieht, ist Wahnsinn. Die Weltöffentlichkeit muss es erfahren. Hilf mir zu fliehen, und alles wird gut!«
    Abrupt blieb ihr Bruder stehen und gab den Wachen ein Zeichen, dass sie ebenfalls mit Lilian zu warten hatten. »Die Weltöffentlichkeit wird es erfahren«, erklärte er Lilian im Ton eines Sonntagspredigers. »Spätestens dann, wenn die Macht der Panaceaer so groß ist, dass sie einzig und allein die Geschicke unseres Planeten bestimmen.«
    »Alex, was redest du da? Was hier geschieht, kann niemals der richtige Weg sein. Du musst aussteigen, solange es noch möglich ist.«
    Alex packte sie hart bei den Schultern. »Sag mir, Lilian, was ist in
deinen
Augen der richtige Weg? Dass Terroristen die Welt beherrschen? Dass Religionen sich fortwährend bis aufs Blut bekämpfen? Dass Milliarden Menschen hungern, während eine kleine Minderheit in Saus und Braus lebt? Dass Banken die Ressourcen der Erde verschleudern nur wegen des schnellen Profits? Gott hat den Menschen Satan gesandt – in Gestalt der Versuchung, um sie zum

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