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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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was es bedeutete, nach Massachusetts verschleppt zu werden. Zudem war ihnen nicht klar, was das Wort »Pyritminen« besagte. John hatte davon gehört, dass in diesem Teil der Neuen Welt die Puritaner das Heft in der Hand hielten und so ziemlich alles mit dem Tode bestraft wurde, was den unglaublich strengen Gesetzen zuwiderlief. Selbst ein Kind, das nicht den Worten des Vaters gehorchte, konnte gehängt werden.
    Der Weg zurück ins Tolbooth-Gefängnis geriet zu einem Spießrutenlaufen, das John wie in Trance ertrug. Bis zum Gefängniswagen hatten er und seine Kameraden etliche Fußtritte und Fausthiebe abbekommen, doch es störte ihn nicht. Viel schlimmer war die Erkenntnis, Madlen davonfahren zu sehen, seelenlos, wie ein Geist, in einer Kutsche, die aussah wie das Fuhrwerk des Teufels.
     
    Tief in ihrem Innern wusste Madlen, dass sie etwas Furchtbares getan hatte, das nicht mehr rückgängig zu machen war. Doch was es genau war, begriff sie nicht, als Chester sie in ihre Wohnung in der Canongate geleitete, bevor er mit der Kutsche davonfuhr. Als Ruth sie in ihre Bettkammer brachte, hatte sie nur noch das Bedürfnis, sich in ihre Kissen zurückzuziehen und zu schlafen. Sie war so müde, und die Welt um sie herum erschien ihr unwirklich und fern. Ruth reichte Madlen einen Becher mit der Medizin, die ihr Chester verordnet hatte, und befahl ihr, diese bis auf den letzten Tropfen zu trinken. Madlen war übel. Dankend lehnte sie ab. Ruth ließ sich jedoch nicht beirren und setzte wieder diese strenge Miene auf, die sie immer zeigte, wenn Chester ihr etwas befohlen hatte.
    Wie in Trance nahm Madlen den Becher und führte ihn an die Lippen. Für einen Moment flackerten einzelne Bilder auf. John, wie sie mit ihm Champagner getrunken hatte. John, wie er ihr in die Küche gefolgt war und wie sie sich geliebt hatten. John, wie er am Leith-Tor gestanden und sie abgeholt hatte und … John, wie er heute in diesem merkwürdigen Saal gestanden hatte. Was hatte er dort gewollt?
    Schlagartig kam die Erinnerung zurück. Mit einem Aufschrei stieß Madlen den Becher von sich und sprang aus dem Bett, dann lief sie zum Fenster und starrte auf den Tolbooth, dessen mehrstöckige Fassade man von ihrem Fenster aus gut sehen konnte. Ruth war ihr gefolgt und versuchte, sie ins Bett zurückzuziehen, doch Madlen war stärker und schlug sie zur Seite. Mit nackten Füßen, das Nachthemd bis zu den Knien gerafft, rannte sie an ihrer Dienerin vorbei, die kalten Granitstufen hinunter zum Haupteingang. Mit einer Leichtigkeit, die man ihr nicht zugetraut hätte, öffnete sie das schwere grüne Portal, und obwohl es schon dunkel war, lief sie direkt auf das Tolbooth-Gefängnis zu. Die beiden Wachen schauten verwirrt, als die junge Frau plötzlich vor ihnen auftauchte, weiß wie ein Gespenst und verfolgt von ihrer aufgebrachten Dienerschaft.
    »Ich muss hier rein!«, rief Madlen mit undeutlicher Stimme, als die Männer sie daran hindern wollten, zum Eingang hinaufzustürmen. Sie wehrte sich wie eine Wahnsinnige, doch die beiden Wachen waren stärker und hielten sie fest.
    »Schau dir diese Verrückte an!« Einer der Wachmänner grinste kopfschüttelnd. Der andere hatte Madlen erkannt. »Sie ist die Mistress von Lord Cuninghame«, erklärte er überrascht. »Soweit ich weiß, hat sie heute gegen John Cameron ausgesagt.«
    Madlen hörte den Namen und geriet vollkommen außer sich. »Iain!«, schrie sie. »Iain! Am bi thu gam Chluinntinn – kannst du mich hören? Was immer ich auch getan habe … tha gaol agam ort!«
    Ruth war so weit heran gekommen, dass sie sich wie eine Rachegöttin vor den beiden Söldnern aufbauen konnte. »Bringt sie zum Schweigen, verdammt! Oder wollt ihr es mit dem Zorn eines Parlamentsabgeordneten aufnehmen.«
    Einer der Wachleute hielt Madlen rechtzeitig den Mund zu, bevor sie noch einmal ansetzen konnte. Als sie ein wenig zur Ruhe gekommen war, flößte Ruth ihr gewaltsam den Inhalt einer Phiole ein, die Cuninghame ihr überlassen hatte. Widerwillig schluckte Madlen die bittere Medizin.
     
    »Paddy?« John war aus einem traumlosen Schlaf erwacht. Nach dem Prozess hatte man sie ins Thieves Hole zurückgebracht, und obwohl ihm nicht nach Schlafen zumute war, musste er eingenickt sein.
    »Was ist, Bruder?« Die Stimme des Iren klang bleiern. Ein lautes Schnarchen erfüllte die Zelle.
    »Hast du das auch gehört?«
    »Was?«
    »Ich glaube, ich habe Madlens Stimme vernommen. Sie hat meinen Namen gerufen.«
    »Woher? Aus der

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