Die Teufelshure
permanent für ihre rote Nase entschuldigt hatte. Trotzdem wäre John im Traum nicht auf den Gedanken gekommen, sie zur Mutter seiner Kinder zu machen. Er mochte sie, aber er liebte sie nicht. So einfach war das.
Bei Madlen sah die Sache vollkommen anders aus. Wegen ihr ging er nun in den Tod, und nur der Teufel wusste, warum das so war.
»Es liegt an mir und an nichts sonst«, flüsterte er sanft. »Ich bin es, der es nicht wert ist, von dir geliebt zu werden. Ich habe wohl nie gespürt, was ich dir wirklich bedeute.« Wieder musste er an Madlen denken, deren Zuneigung ihm in früheren Zeiten auch entgangen war. Vielleicht hatte er schon immer zu jener Sorte von Männern gehört, die nichts begriffen, sobald es mit Liebe zu tun hatte, und die Frauen nur unglücklich machten.
»Sag das nicht, John.« Rosie verzog das Gesicht zu einer traurigen Miene und strich ihm hilflos eine dicke rötliche Haarsträhne aus der Stirn. Unvermittelt rollten ihr ein paar Tränen über die Wangen bis zu ihrem kleinen spitzen Kinn, wo sie wie verlorene Perlen in das schmutzige Stroh fielen. Obwohl er wie eine Ziege stinken musste, beugte sie sich zu ihm vor und umarmte ihn fest. Ihre Schultern bebten, als er ihre Umarmung unbeholfen erwiderte. »Wartest du wenigstens auf mich, John, wenn du im Himmel bist?«
John verspürte einen Kloß in der Kehle und räusperte sich, bevor er etwas erwidern konnte. »Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt gehst.«
Rosie ließ von ihm ab und putzte sich mit dem Ärmel die Nase. Dann sah sie ihn mit ernsten Augen an. »Da ist noch etwas, das du wissen solltest. Die Teufelshure, die Schuld daran trägt, dass du dein Leben verlierst und dass all diese anständigen Männer hier in die Deportation geraten – man hat sie aus der Stadt gebracht. Ab sofort residiert sie in Wichfield Manor, und es heißt, Lord Chester Cuninghame habe um ihre Hand angehalten und sie habe mit Freuden zugestimmt.«
John kniff die Lider zusammen. »Woher weißt du das?«
»Unsere Kundschaft im Half Moon zerreißt sich seit Tagen darüber das Maul, und außerdem ist der Hochzeitstermin an der hölzernen Tafel von St. Giles angeschlagen. In kaum zwei Wochen wird diese Hure Cuninghames Braut sein.«
»Warum erzählst du mir das?« John konnte den Schmerz, den er über diese Nachricht verspürte, kaum unterdrücken.
»Weil ich nicht möchte, dass dein Herz an etwas hängt, das es nicht wert ist.«
In dem Bewusstsein, dass es die letzte Nacht seines Lebens sein würde, hatte John sich vorgenommen, nicht einzuschlafen und wachenden Auges den Morgen abzuwarten, bis man ihn zum Schafott führte. Umso überraschter war er, als spät in der Nacht eine Gruppe von schwarzgekleideten Männern mit Hüten und Masken erschien. Zunächst war nur ein Murmeln zu vernehmen, doch dann polterte Gefängnisdirektor Fergusson, der noch seine Nachtmütze trug, von zwei Fackelträgern flankiert, ins Thieves Hole und verkündete den Abtransport aller Gefangenen – bis auf den Minister.
Paddy baute sich vor dem bleich aussehenden Fergusson auf. »Was geht hier vor?«, brüllte er. »Was sind das für Kerle, und warum überfällt man uns mitten in der Nacht?«
Die schwarzmaskierten Gestalten zogen ihre Degen und richteten sie auf Paddy.
Fergusson wirkte überaus irritiert, und zu Johns Überraschung antwortete er. »Auch wenn es Euch nicht zusteht, Master Hamlock, die Pläne des hohen Gerichts zu hinterfragen, will ich Euch nicht dumm sterben lassen. Diese Männer gehören zur Geheimpolizei. Man wird Euch auf Anordnung eines hohen Parlamentsabgeordneten noch heute Nacht in ein anderes Gefängnis verlegen.«
Paddy warf einen Seitenblick auf John, der kaum merklich den Kopf schüttelte. Vielleicht war es ein Irrtum, dass man ihn nochmals verlegte, obwohl er morgen in aller Frühe dem Scharfrichter vorgeführt werden sollte. Aber selbst wenn es so war, wollte John nicht allein mit dem verstörten Minister der Episkopalkirche im Thieves Hole zurückbleiben und von allen Gefährten verlassen seinem grausamen Schicksal ins Auge sehen.
Paddy schien weit beunruhigter als John zu sein, als man die Gefangenen in Begleitung von mehreren schwerbewaffneten Maskenträgern hinaus auf die Straße führte. »Was ist hier los, Kumpel?«, flüsterte er.
»Keine Ahnung«, erwiderte John leise und sah sich im flackernden Schein eines brennenden Feuerkorbes um.
Draußen rauschte ein kühler Nachtwind. Nur etwa zwanzig Söldner, die mit ihren Pferden den
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