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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Stockwerk in die Tiefe.
    Der Gestank, der ihnen entgegenschlug, war selbst für unempfindliche Nasen widerlich. John beobachtete, wie nicht nur Paddy das Gesicht verzog, als sie, eingehüllt in eine Wolke von Exkrementen und verfaultem Fisch, weiter die Treppe hinabgingen. Am Grund der Hölle angekommen, wurden sie zu viert in eine Zelle gesteckt, die man aus dem Fels herausgehauen und mit fingerdicken Eisenstäben versehen hatte.
    Gott hatte vermutlich ein Einsehen, dachte sich John, als man ihm neben Ruaraidh noch Micheal und Malcom zugesellte. Die beiden Jungen fühlten sich in seiner Gegenwart sicherer als bei irgendjemandem sonst aus der Truppe.
    Jeder Einzelne von ihnen wurde an weitere Eisenringe in der Wand angekettet. Was das bedeutete, wusste John bereits aus dem Tolbooth. Wenn man sich erleichtern wollte, musste man in eine Rinne scheißen und pinkeln und dabei verdammt gut zielen, sonst saß man die nächste Zeit in seinen eigenen Exkrementen. Ein Krug Wasser und ein harter Kanten Brot waren das Einzige, das man als Verpflegung zu erwarten hatte. Rosie würde sich nicht hierhin verirren, dachte er bitter. Soviel war sicher.
    In Agonie verbrachten sie die nächsten Tage. Allein schon um Micheal und Malcolm nicht weiter zu ängstigen, beteiligte sich John nicht an düsteren Spekulationen, was man mit ihnen vorhaben könnte. Die Zellen waren so angelegt, dass er und seine Mitgefangenen die übrigen Männer hören, aber nicht sehen konnten.
    Eines Nachmittags brach Unruhe aus, als man Peter Huntlay und Gerald Webb überraschend aus den Zellen holte und sie nach oben führte. Beide Männer zitterten vor Angst. Ihre Blicke erinnerten John an Stiere, die man zur Schlachtbank führt.
    »Was habt ihr mit ihnen vor?« Paddys Stimme überschlug sich beinahe, aber niemand antwortete ihm.
    »Ihr Schweine!«, brüllte Geoffrey Fitzgerald, nachdem die Männer schon längst über die steinerne Wendeltreppe verschwunden waren.
    Eine heftige Diskussion entbrannte unter den Zurückgebliebenen, warum man ausgerechnet die beiden ausgesucht hatte und wohin man sie verschleppt haben könnte.
    »Vielleicht bekommen sie Hafterleichterung«, sagte John leise, um die beiden Jungen zu beruhigen. Doch in Gedanken verfolgte ihn seine Vision und Madlen, von der er nicht wusste, ob er sie jemals wiedersehen würde.
    Die Mauern waren dick, so dass man noch nicht einmal die Wellen hören konnte, die sich an den glatten Felswänden brachen, aber die Schreie von Gerald und Peter drangen wie von Ferne durch sämtliche Ritzen. Niemand sagte auch nur ein einziges Wort, dabei war es, als ob die Fackeln an der Wand durch die stockenden Atemzüge der Häftlinge zu flackern begannen.
    Peter und Gerald kehrten nicht zurück. Die übrigen Männer wurden von bleierner Angst ergriffen. John konnte nicht schlafen, und auch Ruaraidh machte kein Auge zu. Micheal hatte Johns Hand ergriffen und ließ sie noch nicht einmal los, wenn er pinkeln musste.
    Am nächsten Tag widerholte sich das grausame Spiel, als erneut vier Maskierte erschienen und diesmal Arne und Archibald abführten. Arne war ganz erstarrt vor Angst, und Archibald grinste so blöde, als ob es zu einem Picknick ginge. Randolf und Paddy legten sich in ihre Ketten, und auch Geoffrey und David brüllten sich ihre Empörung aus dem Leib.
    »Nehmt uns, ihr Drecksäcke!«, rief Randolf. »Ihr Feiglinge, macht ihr euch in die Hosen, weil ihr denkt, dass wir uns wehren könnten? Nehmt ihr deshalb zuerst die Schwachen?«
    John hielt Malcom und Micheal wortlos mit seinen Blicken fest. Er hatte wie Ruaraidh beschlossen zu schweigen, weil sie gemeinsam in der hintersten Zelle saßen und die Söldner nicht auf die Jungen aufmerksam machen wollten. Die beiden hatten stumm zu beten begonnen. Mit zusammengekniffenen Augen saßen sie da, ihre Lippen formten lautlos das Vaterunser auf Gälisch. »Ar n-Athair a tha air nèamh, Gu naomhaichear d’ainm. Thigeadh do rìoghachd. Dèanar do thoil air an talamh, mar a nìthear air nèamh …«
    Arnes heisere Schreie hallten voller Grauen durch das kalte Gemäuer. Von Archibald hörte man keinen Laut.
    Die Jungen hatten zu weinen begonnen – erst leise, dann immer heftiger. Ihr verzweifelter Anblick und die Tatsache, sie nicht trösten zu können, waren für John schlimmer als der Hunger und die Erschöpfung, die ihn plagten.
    Am nächsten Morgen zuckte er zusammen, als sich die Eisentür oberhalb der Wendeltreppe erneut öffnete. Es war nur ein älterer Wärter,

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