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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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der sein bärtiges Gesicht offen zeigte und die übliche Tagesration Gerstenbrei brachte. John stellte sich schlafend, als der Mann vor die Zelle trat und ihm den Napf hinstellte. Aus halb geschlossenen Lidern beobachtete er den Wärter und studierte jede seiner Bewegungen – wo er die Schlüssel für die Zellentüren trug und wie nah er den Gittern kam.
    Paddy war nicht so geduldig. »Was habt ihr mit unseren Kameraden angestellt?«, rief er barsch. »Ich will wissen, ob sie noch leben. Oder ob ihr sie kaltblütig umgebracht habt?«
    Der Mann blieb stehen, den Steinkrug noch immer in der Hand, und sah ihn mit hellen, abweisenden Augen an. Plötzlich grinste er hämisch. »Sind wir nicht alle dem Tod geweiht, Sir? Eines Tages …« Ohne eine weitere Erklärung schlurfte er davon.
    Gegen Abend wurde die Tür ein weiteres Mal geöffnet.
    Die vier maskierten Söldner blieben vor Johns Zelle stehen. Konzentriert sammelte John all seine Kräfte. Wenn er irgendwie freikommen sollte, würde er kämpfen – um das Leben der Jungs und um das seiner Kameraden, ganz gleich, ob er selbst dabei sterben würde.
    Zuerst schlugen die Männer Malcolms Fußketten auf. Der Junge war kalkweiß im Gesicht, während sie ihn aus der Zelle führten, und seine Knie schlotterten, als ob er jeden Moment zusammenbrechen würde.
    »John«, schluchzte er heiser, das Gesicht tränennass.
    John legte sich mit voller Kraft in die Ketten. »Lasst den Jungen, ihr gottlosen Schweine!«, brüllte er, außer sich vor Zorn. »Nehmt mich, verdammt!«
    Einer der Männer wandte sich zu ihm um und gab den drei anderen ein stummes Zeichen. Ein breitschultriger Söldner packte Malcolm am Arm, und ein weiterer spreizte mit einem Fußtritt seine Beine, damit er ihm mit einem mächtigen Hammer die Splinte aus den Fußketten herausschlagen konnte, um sie zu öffnen. Dann führte er den vor Angst schlotternden Jungen die Treppe hinauf. Malcolm wehrte sich nicht, ebenso wenig wie Micheal, der ihm in gleicher Weise folgen musste. Beide gingen mit unsicheren Schritten vor ihren Peinigern her.
    Die zwei verbliebenen Männer näherten sich John in geduckter Haltung. Jeder von ihnen hielt einen Totschläger in der Hand, als ob sie ein Raubtier zu bezwingen hätten. Was folgte, ging so rasch, dass John kaum zu reagieren vermochte. Einer der Männer griff ihm ins Haar und riss seinen Kopf zur Seite, während der andere auf ihn zusprang, um ihn festzuhalten. Doch so leicht war John nicht zu überwältigen. Mit einer flinken Drehung warf er einen der Angreifer zu Boden und stürzte sich auf ihn. Es gelang ihm, den Mann mit seinen Handketten zu würgen. Ein heftiger Kampf folgte, in dem John den Kürzeren zog, als ihm jemand mit dem Totschläger so heftig über den Nacken fuhr, dass er sofort das Bewusstsein verlor.
     
    John erwachte, weil ihm jemand einen Schwall kaltes Wasser über den Kopf schüttete. Als er abrupt die Lider öffnete, sah er den hellerleuchteten Raum zunächst nur wie durch einen Nebel. John spürte, dass er nackt war und auf etwas Kaltem, Hartem lag. In seinem Schädel hämmerte es wie in einer Silbermine. Das Wasser rann ihm übers Gesicht und tropfte ihm aus den Haaren, und im ersten Moment glaubte er zu ersticken, so schmerzhaft war jeder Atemzug. Selbst das Herzklopfen tat weh.
    Als er die Augen weiter zu öffnen versuchte, schmerzte das Licht, als ob man ihm eine glühende Nadel in die Pupille gestochen hätte. Sein ganzer Körper war ein einziger, kaum zu ertragender Schmerz. Er wollte aufstehen, aber es war ihm noch nicht einmal möglich, den Kopf zu drehen. Allem Anschein nach hatte man ihn an eine Trage gefesselt – mit eisernen Klammern an Hals, Händen, Füßen und Rumpf. Die Gerüche, die ihm unvermittelt in die Nase stiegen, erschienen ihm fremd und noch unerträglicher als in dem lausigen Keller, und jedes Geräusch war eine Qual. Ein Krug stürzte zu Boden, und John zuckte zusammen, weil ihm der Aufprall so laut wie ein Musketenschuss erschien.
    Wie von ferne hörte er eine Stimme. Über sich sah er die verschwommene Silhouette eines Mannes, der einen weißen Kapuzenmantel trug und die Hände erhob, als wollte er ein Gebet sprechen.
    »O Uroboros, Herr der Ewigkeit und des Lichts,
    alles in einem, eines in allem – wir rufen Dich an!«
     
    Einen Moment lang flackerte das Licht, und dann fielen die übrigen Gestalten wie ein Chor in die Litanei ein.
    »O Uroboros, Herr der Ewigkeit und des Lichts,
    alles in einem, eines in allem – wir

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