Die Teufelshure
als sie mutterseelenallein auf dem kalten Marmor kauerte. Der Fürst der Finsternis hatte also nicht nur ihren Leib entweiht, er hatte ihre Seele ins Verderben gestürzt. Und sie hatte es zugelassen, ja hatte sich ihm hingegeben, ohne den geringsten Widerstand zu leisten.
Sie war eine Sünderin, und nun war sie auch das, was die Leute in der Stadt von ihr behaupteten: eine Teufelshure, die ihrem düsteren Herrn zu Diensten sein musste, wann immer er es wollte.
John und seine Kameraden hatten die Bewohner der Garnison gefesselt zurückgelassen. Bei Tagesanbruch wurden weitere Bedienstete aus North Berwick erwartet, die nicht auf dem Hof wohnten. Sie würden die Gefesselten finden und früh genug Alarm auf der Festung Tantallon schlagen, falls bis dahin Festungssoldaten aufgekreuzt waren, die das Massaker auf dem Bass Rock bemerkt hatten.
Zuvor hatten die Fliehenden in den weitläufigen Stallungen vier stattliche Rappen und drei braune Stuten gesattelt und gezäumt. Die schwarzhaarige Moira hatte ihnen ausreichend Proviant eingepackt und einen Zugang zur Kleiderkammer gezeigt, in der Cuninghames Söldner einen Teil ihrer Ausstattung aufbewahrten. Dort hatten John und seine Männer schwarze Hosen und schwarze Jacken vorgefunden, dazu schwarze kniehohe Reitstiefel in verschiedenen Größen. In der Waffenkammer, die Randolf mit roher Gewalt aufgebrochen hatte, fanden sich ausreichend Musketen, Pistolen sowie Blei und Pulver. Außerdem gab es dort bessere Degen und Dolche als jene, die sie den Söldnern auf der Festung abgenommen hatten. Aber das weitaus Wichtigste waren die schwarzen Augenmasken, aus Leder und mit schimmernder Seide bespannt, die gleich kistenweise zur Verfügung standen. Zusammen mit der nachtschwarzen Kleidung würden sie als Cuninghames Männer zu erkennen sein, und weder die Leute des Sheriffs von Edinburgh noch die vielen herumstreunenden Soldatenregimenter würden sie behelligen.
Paddy und die anderen warfen John einen erwartungsvollen Blick zu, als sie das Tor zur Garnison hinter sich geschlossen hatten. »Und jetzt? Wo soll es hingehen?« Paddys Frage klang ein wenig provozierend.
John stieg schwungvoll in den Sattel und zügelte den schnaubenden Hengst. »Ich will mit euch zurück in die Highlands. Mein Clan hat zum Glück vor einiger Zeit das politische Lager gewechselt, und der Ruf seiner Männer ist brutal genug, dass sich weder ein englischer Söldner noch einer von Cuninghames Leuten in sein Revier verirren wird.«
»Du willst in die Highlands?« Ruaraidhs Augen leuchteten unnatürlich. An seiner Stimme konnte man nicht hören, ob er John für verrückt hielt oder ob er sich freute, endlich nach Hause zu kommen. »Das ist eine verdammt lange und auch gefährliche Reise. Denkst du nicht, es wäre besser, wir würden uns zum nächsten Hafen durchschlagen und von dort aus nach Frankreich fliehen?«
»Wenn Cuninghame erfährt, dass wir ausgebrochen sind, wird er sämtliche Häfen dichtmachen lassen, in denen Soldaten des Parlaments patrouillieren. Außerdem müssten wir mehrere Postkutschen überfallen, um an das Geld zu kommen, das man für eine solche Reise benötigt. Da sind die Highlands das geringere Übel. Dort traut sich niemand hin, der ein bisschen Verstand hat, und wir haben tausend Möglichkeiten, uns dort zu verstecken. Außerdem bin ich mit Cuninghame noch nicht fertig. Denkt ihr ernsthaft, wir sollten den Tod unserer Kameraden ungesühnt lassen?«
»Sag bloß, du willst dich mit diesem Teufel noch ein zweites Mal anlegen?« Paddy konnte sein Erstaunen nicht zurückhalten.
»Nicht nur das«, knurrte John ungehalten. »Es gibt da noch etwas anderes, das ich unbedingt herausfinden muss.«
Auf dem Ritt durch die Nacht fluchte Paddy in einem fort, weil er John für völlig verrückt hielt. John hatte ihm und den übrigen Männern freigestellt, ob sie ihn bei seiner ganz besonderen Mission begleiten wollten. Randolf und Paddy waren nicht bereit, ihn alleine ziehen zu lassen, nachdem er ihnen offenbart hatte, was er zu tun beabsichtigte. »Hat dir die Hure nicht genug Schaden zugefügt?«, zischte er, nachdem John ihm mitgeteilt hatte, dass er nach Wichfield Manor reiten wollte, um von Madlen selbst zu erfahren, was sie dazu gebracht hatte, gegen ihn auszusagen.
»Sie ist keine Hure, Paddy«, stellte John unmissverständlich fest. »Wenn Cuninghame sie gefangenhält, ist es meine Pflicht, sie aus seinen Klauen zu befreien.«
»Und was ist, wenn sie dich hintergangen hat
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