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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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waren nicht geplant, und er wußte nicht, was er mit seiner Zukunft anfangen sollte. Der Funke fehlte. Es lag nicht an der Musik, sondern an dem lächerlichen Hochleistungssport des Konzertierens, manchmal dreihundert Auftritte im Jahr. Er durfte gar nicht daran denken, wieder in diese Welt der hochgespannten Erwartungen, Angstanfälle und Neurosen zurückzukehren. Er war auch kein geschickter Karrierist mit Talent für PR , kein Pianist, der einem Publikum genau das geben konnte, was es wollte. Er erwog ernsthaft, seine Karriere an den Nagel zu hängen, aber was sollte er dann tun? Unterrichten vielleicht? Niemals.
    Er hatte keine anderen Ambitionen als zu spielen. Meistens begann es gegen sechs in ihm zu kribbeln. Dann ging er in die Agentur, kaufte sich unterwegs ein kaltes Bier und eine Tüte Paprikachips, die er im Laufe der Nacht mit einer Pinzette aufaß, um sich die Finger nicht fettig zu machen. Wenn er irgend etwas nicht ausstehen konnte, waren es Flecke auf den Tasten. Während er übte, kam sie manchmal mit ihrem Buch heraus.
    Eines Tages hing er träge am Fenster und hörte, wie sie jemanden grüßte. Sie sprach Französisch mit einem leichten Akzent, den Notovich sofort erkannte: Sie mußte aus den Niederlanden kommen. Er war lange nicht dort gewesen und dachte auch nicht oft daran, aber es schuf eine Art Verbindung. Von diesem Moment an assoziierte er mit ihr ein vages Gefühl von Heimweh, das jeder hat, der im Ausland lebt.
    Nach einer Weile ertappte er sich immer öfter bei kleinen Pausen am Fenster. Es war ein milder Frühling, und sie saß meistens ab etwa sieben Uhr da, noch vor dem Abendessen der Franzosen. Sie hatte langes, schwarzes Haar, das sie häufig offen ließ. Sie trug herunterhängende Jeans mit Löchern oder einen kurzen schwarzen Rock und lief oft in Flip-Flops oder barfuß herum. Manchmal kam sie zwei Wochen nicht, und dann vergaß er sie wieder.
    Eines Abends wollte ihm das Üben wieder einmal nicht gelingen. Er fühlte sich in letzter Zeit lustlos, ihm fehlte ein Ziel. Er warf den Deckel des Klaviers zu, nahm sein Bier und trat hinaus. Es war ein warmer Sonntag gewesen, und er hatte keine Lust, nach Hause zu gehen. Also lief er um das Gebäude herum und legte sich auf eine der Bänke unter einem Baum. Er genoß die Kühle des Abends und den Duft der Blüten. Er las eine Partitur von Beethoven.
    Als er aufwachte, lag sie auf der Bank neben ihm, die Beine über der Rückenlehne, während ihr Fuß hin und her wippte. Er wagte nicht, sie anzustarren, und tat daher, als schliefe er noch. Durch seine Wimpern sah er zwei schön geformte nackte Beine, die sich hinter dem Licht verbergen zu wollen schienen.
    »Du bist also der Klavierspieler«, sagte sie auf französisch, ohne von ihrem Buch aufzublicken. Es war niemand sonst in der Nähe, sie mußte ihn meinen. Offenbar hatte sie die Partitur neben ihm entdeckt.
    »Äh … kannst du das denn hören?«
    Er hatte seine Stimme lange nicht benutzt; sie klang fremd, als ob sie aus der Ferne käme. Sie schaute ihn einen Moment amüsiert an und vertiefte sich wieder in ihr Buch. Haarsträhnen hingen wirr über ihre Schultern, sie trug kein Make-up. Unter ihrem T-Shirt lugte ein Stück von ihrem Bauch hervor. Auf einmal hatte er überhaupt keine Lust mehr, nach Hause zu gehen, und aus dem Klavierspielen würde nun auch nichts mehr werden.
    »Warum machst du das Fenster nie auf?« fragte sie plötzlich. »Dann haben alle was davon.«
    »Ich glaube nicht, daß ich mich damit sehr beliebt machen würde«, sagte er, während er sich aufrichtete. Sie legte ihr Buch beiseite und schaute ihn direkt an.
    »Wenn du dich beliebt machen willst, solltest du keine Klassik spielen.«
    »Schade. Mit Popmusik habe ich es nicht so.«
    »Echt? Ich auch nicht, aber das hört man ja selten.«
    Er hatte Angst, rot zu werden. Nicht, daß es einen Grund dafür gäbe, aber das machte es nur zusätzlich unangenehm.
    »Du spielst wirklich schön.«
    »Danke.«
    »Nicht alles. Die schnellen Stücke spielst du meiner Meinung nach nur, um zu zeigen, wie gut du bist« – das mußten die Etüden sein –, »aber das letzte, das du gestern abend gespielt hast, war voller … ich weiß nicht … Kummer.«
    Er fühlte sich gleichzeitig geschmeichelt und beleidigt.
    »Das war Liszt, glaube ich. Aus den Années de Pèlerinage .«
    »Ich mußte aufhören zu lesen und habe klammheimlich ein wenig geheult. Ganz schön peinlich.«
    Sie schwiegen einen Moment.
    »Du kannst

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