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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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all seine Gedanken über Sennas Schicksal, die Farbe von Schuld und Verdammnis.
    Es war auch eine Form von Selbstschutz. Die Vorstellung, daß Senna vielleicht irgendwo in Amsterdam herumlief, beunruhigte ihn. Am frühen Morgen verließ er das Haus, um einen Spaziergang an den Grachten zu machen. Er sah das Tageslicht langsam durchbrechen, die Zeitungsausträger auf ihrer Runde, das warme Licht, das in Wohnzimmern und Küchen anging, den Verkehr, der zu rollen begann, und schließlich die Läden, die ihre Türen öffneten. Er kaufte sich eine Tasse Kaffee und ein Käsebrötchen, obwohl er keinen Hunger hatte. Er wollte wieder am alltäglichen Leben teilnehmen, auch wenn er damit rechnete, irgendwie enttarnt zu werden.
    Wo hatte das Taxi sie hingebracht? Zu einer Privatadresse? Zum Zug? Zum Flughafen? Vielleicht konnte er den Fahrer über das Unternehmen auftreiben, für das er arbeitete. Doch Notovich hatte keine Ahnung, um welches Unternehmen es sich handelte. Das beste war wohl, zum Taxistand vor dem Concertgebouw zurückzukehren, möglicherweise würde er das Logo ja wiedererkennen. Es war sehr unwahrscheinlich, daß er den Fahrer erwischen würde, aber er mußte es versuchen.
    In der Nähe des Concertgebouws lag Brölls Büro. Dort würde er vorher noch rasch vorbeischauen. Er wollte gerade eintreten, als er durchs Fenster sah, wie Bröll mit jemandem redete. Der Besucher trug eine Lederjacke und war so groß, daß er Bröll noch im Sitzen überragte. Der schien mitten in einem Plädoyer zu sein, doch der Mann mit der Lederjacke wirkte unbeeindruckt. Er hatte eine gelangweilte Haltung, von der etwas Unangenehmes ausging. Als er aufstand, kreiste Bröll nervös um ihn herum.
    Notovich beschloß, nicht hineinzugehen, aber kaum hatte er sich umgedreht, da kamen Bröll und sein Besucher heraus. Das Gesicht des kahlköpfigen Mannes war voller tiefer Furchen und Gruben. Er schaute Notovich an, als ob er sich vage an ihn erinnerte.
    »Zwei Wochen und keinen Tag länger«, murmelte der Mann Bröll zu und lief weiter.
    »Wer war das?« fragte Notovich.
    »Tomas. Ein ehemaliger Kollege. Kam mal kurz auf einen Schwatz vorbei.«
    »Sah aber nicht besonders gemütlich aus. Worum ging es? Gebrauchtwagen?«
    Bröll versuchte zu lachen, doch sein Gesicht war starr.
    »Was habe ich mit Gebrauchtwagen zu tun? Ich habe früher was mit Versicherungen gemacht, das habe ich dir schon so oft erzählt.«
    Notovich konnte sich nicht erinnern. Bröll hatte Geldprobleme, danach sah es eher aus. Aber als Notovich weiterfragen wollte, wechselte Bröll verärgert das Thema.
    »Hast du es schon gelesen?« fragte er, während er eine aufgeschlagene Zeitung auf den Tisch warf. »Wir wissen inzwischen, wer der geheimnisvolle Pianist ist, der gestern abend das Konzert gegeben hat. Die ganze Stadt redet davon.«
    »Ist das eine Rezension?«
    »Nein, es waren keine Journalisten eingeladen. Sehr schlau eingefädelt, denn dann wollen die Jungs von der Presse natürlich beweisen, daß sie über alles informiert sind. Maximale Publicity. Lies mal.«
    Es war ein kurzer Artikel:
 
    Geheimnisvolles Konzert eines Virtuosen
im Concertgebouw
 
    Hinter hermetisch verschlossenen Türen wurde die Elite der Amsterdamer Kunstliebhaber gestern abend Zeuge des Debüts eines anonymen Klaviervirtuosen. Das Konzert fand in einem halbverdunkelten Saal statt, in dem nur ein paar Kerzen brannten. Selbst nach dem beeindruckenden Auftritt wußte keiner der Gäste, wen sie hatten spielen hören. Ein cleverer Marketingtrick oder die bizarre Idee eines exzentrischen Künstlers, der eine Abneigung gegen die Medien hat? Dem Publikum machte es offenbar nichts aus, es holte den Pianisten gleich sechsmal für Zugaben zurück. Ein Besucher sagte im Anschluß: »Er hatte uns völlig im Griff mit seinen diabolischen Künsten. Darauf warte ich seit Jahren: Ein neuer Notovich ist auferstanden!« Hartnäckigen Gerüchten zufolge handelt es sich um einen Franzosen, der sich Valdin nennt.
 
    Bröll schaute ihn erwartungsvoll an, doch Notovich verstand die Aufregung nicht.
    »Dieser Valdin hat also mein Programm geklaut, und dank dieser Heimlichtuerei steht sein Name nun in allen Zeitungen. Aber natürlich hat ihn kein einziger wahrer Kenner spielen hören. Vielleicht ist er einfach nur ein Amateur.«
    »Die Leute, mit denen ich gesprochen habe, waren aber sehr beeindruckt.«
    »Die Leute, die du kennst, sind vor allem empfänglich für Hypes.«
    »Irgendwas stimmt da nicht«, sagte

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