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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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Bröll. »Ich habe mich nach diesem Valdin erkundigt, aber nichts über ihn in Erfahrung bringen können. Auch ein Kollege von mir in Paris wußte nichts über ihn. Alle tappen völlig im Dunkeln.«
    »Und?«
    »Kein Pianist kann sich jahrelang verstecken und dann mit so einem furiosen Debüt kommen. Ich sehe nur eine Möglichkeit: Es gibt diesen Valdin schon länger, er hat jetzt bloß einen anderen Namen angenommen.«
    »Warum sollte jemand das tun?« fragte Notovich. »Und warum gibt er sein Debüt dann ausgerechnet in den Niederlanden?«
    »Ich hatte gehofft, daß du das weißt.«
    »Ich?«
    »Er imitiert dich, er hat dir sogar eine Einladung geschickt, und wenn er aus Frankreich kommt, dann ist er vielleicht mehr als ein Bewunderer?«
    »Wovon sprichst du?«
    »Ich hatte heute morgen einen Anruf von Valdins Agenten. Valdin behauptet, dich persönlich zu kennen.«
    Notovich verstand nicht.
    »Valdin will dich treffen.«
    Notovich nahm seine Jacke. Für so etwas hatte er keine Zeit, er mußte zum Taxistand.
    »Warte doch mal, Mikhael. Renn nicht gleich weg. Kann das stimmen, was dieser Mann behauptet?«
    »Ach komm. Was glaubst du denn? Woher sollte ich ihn kennen?«
    »Diesem Agenten zufolge kannte Valdin sie auch.«
    »Wen?«
    »Er hat keinen Namen genannt.«
    Notovich schüttelte den Kopf und lief hinaus. Bröll folgte ihm.
    »Du sagst immer, daß du viel dafür geben würdest herauszufinden, was damals passiert ist, Noto. Vielleicht hat dieser Franzose ja ein Teil von dem Puzzle.«
    »Jeder kann behaupten, daß er mich gekannt hat, oder sie. Und daß ich es vergessen habe. Gerade das gefällt mir nun mal nicht, Bröll! Das solltest du wissen.«
    »Du willst doch nicht behaupten, daß ich etwas damit zu tun habe?«
    »Sorg einfach dafür, daß er mich in Ruhe läßt.«
 
    Am Standplatz wartete ein einziges Taxi. Notovich rief die Nummer an, die auf dem Dach des Wagens angegeben war. Die Telefonistin der Taxizentrale konnte nicht mehr ermitteln, wer die Dame im hellgrauen Abendkleid am Vortag befördert hatte. Notovich wußte nämlich nicht genau, wann er sie in das Auto hatte einsteigen sehen. Und Abendkleider waren bei Konzerten nun nicht gerade eine Seltenheit. Er steckte sein Handy ein und fühlte sich auf einmal todmüde. Er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, und seine beiden kleinen Zehen brannten vom Laufen. Er ließ sich von dem wartenden Taxi nach Hause bringen und fragte den Fahrer, ob er gestern abend Dienst gehabt habe, aber der Mann sprach kaum ein Wort Niederländisch. Als sie bei seiner Wohnung ankamen, parkte Lindas Twingo auf dem Bürgersteig. Sie stiegen gleichzeitig aus.
    »Wo warst du denn?«
    »Was geht dich das an?«
    »Du hattest einen Termin bei Nicole«, sagte sie vorsichtig. »Sie meint, daß du sie gestern in Panik angerufen hast. Sie hat zwei Patienten dafür abgesagt.«
    Er hatte es vergessen, zum x-ten Mal etwas vergessen. Der Taxifahrer hupte, und Notovich fragte Linda, ob sie Geld bei sich habe. Sie holte ein rotes Strickportemonnaie hervor und klaubte die Summe Münze für Münze heraus. Der Fahrer hatte keine Geduld für die letzten paar Cents, brummte, daß sie den Rest steckenlassen könne, und fuhr verärgert davon. Linda winkte ihm grinsend nach.
    »Danke für das Trinkgeld!«
    Notovich mußte lachen, und sie umarmten einander.
    »Ich rufe Nicole an, und dann schauen wir, ob sie heute nachmittag noch eine Lücke hat«, sagte sie.
    »Nein.«
    »Nein? Was meinst du mit ›nein‹?«
    »Ich bin müde. Ich brauche ein bißchen Zeit für mich alleine.«
    »Mischa, ich mache mir Sorgen. Was ist gestern abend passiert?«
    »Ich ruf dich an.«
    Was sollte er Linda oder Nicole sagen? Daß er Senna gesehen hatte? Aber daß es auch jemand anderes gewesen sein könnte? Er wußte schon jetzt, daß ihm das nur besorgte Blicke einbringen würde. Oder vorsichtige Fragen nach der Dosierung seiner Medikamente. Und wahrscheinlich zu Recht.
    Vielleicht war er doch durchgedreht, vielleicht sah er Dinge, die nicht da waren. Er brauchte Ruhe. Schlaf, einen tiefen, traumlosen Schlaf. Und dann würde er weitersehen. Für nächste Woche war die erste richtige Unterrichtsstunde am Konservatorium geplant. Der Kontakt mit den Studenten würde ihm guttun. Die gab es wenigstens. Senna nicht, Senna war tot.

8
    A ls er nach einem unruhigen Traum von Senna auf dem Sofa erwachte, hatte Notovich plötzlich Lust, seine Küche auf Vordermann zu bringen. In den letzten beiden Jahren war sein angeborener

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