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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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Hang zu Ordnung und Sauberkeit fast völlig verschwunden. Er kratzte den verkrusteten Herd mit einem Löffel sauber und polierte ihn, bis er glänzte. Doch es ging ihm danach nicht viel besser.
    Er rief Bröll an und fragte, in welchem Hotel Valdin wohne.
    »Ist das dein Ernst? Du willst ihn treffen?«
    »Wenn ich ihn aus Paris kenne, dann … wer weiß …«
    »Die Puzzleteile, ich verstehe.«
    Notovich wollte nicht, daß Bröll mitkam. Er würde sich auch nicht mit Valdin verabreden, dafür fühlte er sich noch nicht stark genug. Das Hotel lag an der Prinsengracht, das war nicht weit. Er würde hinlaufen und dann weitersehen. Er machte sich selbst keine Versprechungen.
    Es war schon spät, als er das Hotel erreichte, ein schmales Gebäude an der Kreuzung zweier Grachten. Er schlenderte zunächst ein paar Minuten vor dem Eingang hin und her. Als der Portier ihn mißtrauisch beobachtete, betrat er die Lobby.
    »Hier wohnt niemand mit dem Namen Valdin«, sagte ein pummeliger Junge mit fettiger Haut, der hinter einem Computer saß. Notovich ließ ihn die Liste noch einmal durchgehen, jedoch ohne Ergebnis. Er holte den Manager dazu und erklärte, daß es sich um einen bekannten Pianisten handele.
    »Der Herr ist sicher von der Presse?« erkundigte sich der Manager mit einem herablassenden Lächeln. »Sie sind nicht der erste, der versucht, den Namen herauszufinden.«
    »Ich bin kein Journalist. Er hat mich selbst eingeladen. Rufen Sie ihn doch an, und fragen Sie ihn.«
    »Sie verstehen, daß wir unsere Gäste vor neugierigen Bewunderern schützen müssen.«
    »Wissen Sie nicht, wer ich bin?«
    Der Manager und der junge Mann blickten ihn mit neuem Interesse an, aber ohne ein Zeichen des Erkennens.
    »Ich bin Notovich.«
    »Notovich?« sagte der Manager in die Ferne starrend. »Sie meinen … der Pianist? Ich dachte, der ist tot?«
    »Offensichtlich nicht.«
    »Ich kann ihn mal schnell googeln«, sagte der Junge mit der fettigen Haut. Er tippte den Namen ein und drehte den Bildschirm mit den Suchergebnissen zu seinem Chef. O ja, sah Notovich sie denken, ich wußte doch, daß irgendwas mit dem war. Der Manager schaute ein paarmal hin und her, um die Ähnlichkeit zwischen dem echten Notovich und der Abbildung zu überprüfen. Das kostete ihn anscheinend einige Mühe. Notovich wurde klar, daß er mit seiner jüngeren, digitalen Version längst nicht mehr viel gemeinsam hatte. Er fragte sich, ob im Internet schon durchgesickert war, daß er sich in den Niederlanden versteckt hielt.
    Der Manager wählte eine Nummer.
    »Es tut mir leid, Herr Valdin nimmt nicht ab.«
    Notovich war mehr oder weniger erleichtert, denn er hatte eigentlich keine Ahnung, was er Valdin fragen sollte.
    Es nieselte. Er verließ das Hotel. Nach ein paar Metern blieb er unschlüssig stehen. Die Gracht war so gut wie ausgestorben, und ihm war kalt. Zwei Passanten liefen vorbei. Was mochten die wohl über ihn denken? Was dachten normale Menschen über einen Mann, der hier unschlüssig im Regen stand und wartete, daß sein Leben wieder eine Richtung bekam? Würden sie Mitleid mit ihm haben, ihn für einen Schwächling halten oder nur verachten? Vermutlich konnte jeder sehen, daß er Hilfe brauchte. Und die brauchte er.
    In diesem Moment hörte er leise, aber eindringliche Musik aus einem offenen Fenster über ihm in den Abend schweben. Die Töne vermischten sich mit dem Geräusch des Nieselregens, doch er wußte sofort, welches Stück es war. Après une lecture du Dante von Liszt, die Komposition, die er bei seinem Pariser Debüt gespielt hatte. Dieselbe Musik, die gestern abend im Concertgebouw auf dem Programm gestanden hatte. Notovich drehte sich um und schaute durch den Regen hinauf. Es war keine Aufnahme, dort spielte wirklich jemand. Trotz der Entfernung und der Straßengeräusche gelang es dem Pianisten, ihn direkt hineinzusaugen in die Geschichte der seltsamen Klänge, die aus einer anderen Welt zu kommen schienen. Und das auf so ungezwungene Weise, als könnten diese nur so und nicht anders gespielt werden. Es war lange her, daß er diese Komposition gehört hatte; jede Note war wie ein Wiedersehen mit einem alten Freund. Die Musik rief ihn, und er gehorchte. Er ging wieder in das Hotel. Mitten in der Lobby blieb er stehen, um die Töne aufzufangen.
    »Kann ich Ihnen helfen?« fragte der Manager, der sofort herbeieilte.
    »Wo steht der Flügel?«
    »Ich weiß nicht …«
    »Die Musik … diese Musik!«
    Er wartete die Antwort nicht ab und lief

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