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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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gegessen. Danach war er in einen tiefen Schlaf gefallen.
    Als er erwachte, streichelte sie ihn sanft. Wie sorglos sie ihre Jugend trug. Er hätte sie gern vor den weniger schönen Dingen des Lebens gewarnt. Aber warum eigentlich? Sie sprachen nicht und beendeten, ohne zu zögern, was sie am vorigen Abend so abrupt abgebrochen hatten. Diesmal wurde er nicht von seinen Erinnerungen gestört. Sie fühlte sich an wie eine herrliche Daunendecke, unter der er nie mehr hervorkommen wollte. Danach dösten sie noch eine Weile vor sich hin.
    Dann stand er auf.
    »Ich fand es schön«, sagte sie.
    »Ja. Sex mit deinem Lehrer – haha.«
    Sie konnten beide darüber kichern.
    »Wie halten wir es mit dem Unterricht?« fragte er. »Willst du weitermachen?«
    »Natürlich. Es war nicht angenehm, es zu hören, aber ich bin froh, daß du ehrlich zu mir warst. Ich spiele weiter. Ich werde versuchen, es mehr zu genießen.«
    »Gut so, dann ist der Druck nicht mehr so groß.«
    »Aber du bist schon streng. Du weißt doch, daß ich beim Chopin-Wettbewerb in Warschau den fünften Platz belegt habe?«
    »Ich erinnere mich dunkel«, log er. Er erinnerte sich überhaupt nicht. Eine Studentin, die den fünften Platz belegte? Das war unglaublich gut. Die internationale Konkurrenz war jetzt noch gnadenloser als zu seiner Zeit. War sie gestern so nervös gewesen, oder hatte er nicht richtig zugehört?
    »Es war nur eine Meinung«, sagte er mit beginnender Reue.
    »Aber eine wichtige. Denn du weißt, wie dieses Leben ist. Es ist für dich sicher auch nicht immer leicht, diese hohen Erwartungen«, sagte sie, während sie den Fernseher anstellte. In der Morgenshow waren Notovich und Valdin das Gesprächsthema. Wieder dieses verfluchte Klavierduell. Er nahm die Fernbedienung und schaltete den Apparat aus.
    Er mußte Bröll anrufen. Wie spät war es?
    »Du weißt, wo ich wohne«, sagte sie, als er seine Jacke anzog. »Du kannst einfach klingeln. Es macht immer jemand auf.«
    Das kühle Tageslicht war ernüchternd. Er hatte das Gefühl, daß jeder auf seiner Stirn lesen konnte, was er getan hatte. Natasja verdiente etwas Besseres als ihn. Er hatte nicht vor, jemals zurückzukehren.
    Vor dem Haus reparierte ein Mitbewohner sein Fahrrad.
    »Schönes Rad«, sagte Notovich.
    »Ist grade fertig geworden«, erwiderte der junge Mann. »Kaufen? Fünfzig Mäuse.«
    Notovich blieb stehen. Er hatte vergessen, ein Taxi zu rufen.
    »Ist das Ding nicht geklaut oder so?«
    »Schau. Die einzelnen Teile sind strafrechtlich gesehen vielleicht auf dubiose Weise erworben worden, aber sie stammen nicht alle vom selben Rad. Und den Rahmen habe ich von einem Schrotthaufen. Also juridisch-technisch können sie dich dafür nicht drankriegen. Ich gebe dir gratis noch ein Schloß dazu. Denn es wimmelt in dieser Stadt von Fahrraddieben«, grinste er. »Einfach skandalös.«
    Das Rad, der Wind, die Gerüche und der fröhliche Lärm in den Straßen: er war zurück auf Erden.
    Ein paar Minuten später stellte er das Rad an die Hauswand von Brölls Büro. Der kam extra heraus, um das neue Rad zu bewundern und eine Runde auf dem Gehweg zu drehen. Er reichte geradeso an die Pedale heran, so daß sein Hintern bei jedem Tritt hin- und herschaukelte. Als sie hineingingen, erzählte Notovich, was er beschlossen hatte: Bröll sollte Valdins Agenten anrufen.
    »Wegen des Duells?«
    »Wir lehnen das Angebot ab.«
    »Das wird die Presse als Feigheit interpretieren.«
    »Was für ein Unsinn. Ich bin doch kein Boxer. Sag einfach, ich hätte nicht vor, meine Karriere wiederaufzunehmen.«
    Bröll tat sich offenbar schwer damit.
    »Können wir nicht erst darüber reden?«
    »Es gibt nichts zu bereden.«
    »Hast du eine Ahnung, wieviel Fanpost hier noch jeden Tag für dich ankommt?«
    »Du weißt, daß ich nichts davon hören will. Verbrenn die ganzen Briefe von mir aus.«
    »Noto …«
    »Ich will nicht mehr auftreten. Ich will ein normales Leben führen können, ohne solches Geschwafel.«
    Bröll zuckte mit den Schultern. Er schaltete die Freisprechfunktion des Telefons ein und rief Valdins Agenten an. Sie tauschten ein paar Höflichkeitsfloskeln aus. Dann ging es um gemeinsame Bekannte, wie das so ist unter Fachkollegen. Danach kam Bröll zur Sache. Er erklärte, sein Klient lege keinen Wert darauf, daß Valdin ihn für seine Publicity mißbrauche. Zu ihrer Verwunderung begann der Mann am anderen Ende zu lachen.
    »Herr Bröll, das hier hat nichts mit billiger Publicity zu tun. Das ist

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