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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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bei Natasja im Bett gelegen und sich besser gefühlt denn je. Er mußte sich Senna aus dem Kopf schlagen.
    Er blickte sich um. Wie hatte er die ganze Zeit in so einem düsteren Loch leben können? Er zog die Vorhänge auf und öffnete zwei Fenster, ließ Tageslicht und frische Luft herein.  
    Linda kam eine Stunde später mit einer Tasche voller Einkäufe vorbei. Sie schaute erstaunt, als er in Trainingshosen den letzten Karton in die Abstellkammer schleppte und Wischwasser vorbereitete.
    »Nein, nein, einen Holzfußboden darf man nicht mit diesem Zeugs wischen, Mischa. Dafür habe ich ein spezielles Mittel gekauft. Guck mal unter die Spüle.«
    Notovich wollte es selbst tun. Sie durfte Instruktionen geben, aber er und niemand anders würde hier saubermachen. Sie legte sich mit einem Becher Ökosaft und einer Tüte glutenfreier Chips aufs Sofa und sah ihm zu. Als sie alles aufgegessen hatte, bot sie ihm an, das Schlafzimmer auszumisten.
    Er war einverstanden.
    Sie schufteten zwei Stunden lang. Sein ganzes Leben hatte er sich körperlicher Arbeit entzogen, um seine Hände und Schultern zu schonen, doch nun war er nicht aufzuhalten. Es war, als ob er auch in seinem Kopf aufräumte.
    Linda kam mit einem Stapel schmutziger Wäsche herein, die sie in eine große Einkaufstüte stopfte.
    »Was bist du nur für ein Schwein. Guck doch mal, was alles unter deinem Bett liegt.«
    »Ich habe genug Sachen.«
    »Ich nehme das mit nach Hause. Hier … Dieses T-Shirt ist voller Flecken. Ich würde sagen, es ist Blut. Hast du dich geschnitten? Warum hast du es nicht sofort ausgespült?«
    Es war wie ein Schlag in die Magengrube. Er hatte das T-Shirt völlig vergessen. Das T-Shirt, das er in jener Nacht getragen hatte. Das T-Shirt mit ihrem Blut.
    »Gib mir die Sachen.«
    Er lachte so beherrscht wie möglich.
    »Was willst du denn damit?«
    »Linda, es ist meine Wäsche. Ich werde mir diese Woche eine Waschmaschine kaufen.«
    »Du, eine Waschmaschine? Das dauert wieder Monate. Ich wasch das schnell aus, dann …«
    »Nein. Ich muß lernen, für mich selbst zu sorgen.«
    »Mischa, ich …«
    »Misch dich da nicht ein. Gib her!«
    Sie schien zu erschrecken.
    »Was hast du?«
    »Nichts. Laß mich bitte.«
    Er nahm ihr die Wäsche aus den Händen und brachte sie ins Schlafzimmer zurück.
    Sie schaute ihm mißtrauisch hinterher.
    »Der Haufen liegt in einem Jahr noch da.«
    Er ging nicht darauf ein. Gemeinsam machten sie es sich auf dem Sofa bequem, um sich auszuruhen. Sie bewunderten das saubere, helle Zimmer, und Linda schmiegte sich an Notovich. Sie sagte ihm, wie froh sie sei, daß es ihm wieder besser gehe. Sie habe sich manchmal in den Schlaf geweint. Ab und zu sei sie drauf und dran gewesen »einzugreifen«. Er versuchte, sich eine Vorstellung von der Bedeutung dieses Worts zu machen. Was meinte sie damit?
    »Na, ganz einfach … wenn es mit dir noch mehr bergab gegangen wäre, dann hätte sich doch jemand um dich kümmern müssen?«
    Sie strich ihm übers Kinn und sagte, daß er sich rasieren solle.
    »Was meinst du eigentlich?«
    »Du kannst immer noch bei mir wohnen.«
    »Bei dir?«
    »Du willst doch nicht eingewiesen werden, so wie sie es mit Mama gemacht haben? Das würde ich nie zulassen.«  
    Er sah das große Gebäude in den Wäldern wieder vor sich. Seine Mutter hatte einen Schlafanzug angehabt, den er nicht kannte, ihr langes Haar hatte offen heruntergehangen. Sie hatte ihn geküßt und festgehalten. Sie hatten beide geweint. Sonst wußte er nichts mehr.
    Er erzählte Linda, daß er wieder üben wolle – richtig üben. Das seien ja mal gute Nachrichten, fand sie. Sie sagte etwas Ermutigendes, er ging jedoch nicht weiter darauf ein. Sie merkte, daß er abwesend war, und fing an, ihm russische Wörter ins Ohr zu flüstern, die sie aus irgendeinem Buch hatte. Er ließ sie gewähren und kam langsam zur Ruhe. Aber die Wörter wurden immer anzüglicher, und sein Ohr begann von ihrem feuchten Atem zu glühen.
    »Warum ziehst du nicht bei mir ein, Mischa, mein kleiner saitschik ?«
    »Und Wim?«
    »Der hat noch seine eigene Wohnung.«
    »Das mag sein, aber …«
    »Wim braucht mich nicht so wie du.«
    Er spürte, wie ihre Brüste sich an ihn preßten, während sie ihn umarmte.
 
    Am nächsten Tag mußte er wieder ins Konservatorium, um den anderen Studenten zu unterrichten. Im Foyer sah er Natasja, die sich mit Freundinnen unterhielt.
    »He, hallo!« sagte sie fröhlich. Die Mädchen, die bei ihr standen, fingen an zu

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