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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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Da wurde er natürlich wieder mißtrauisch. Er wollte unbedingt wissen, was los ist. Er hielt mich fest und hatte so einen wilden Blick in den Augen. So habe ich ihn noch nie gesehen.«
    »Und dann? Was hast du gesagt?«
    »Nichts. Ich hatte Angst, ihn noch wütender zu machen.«
    »Er weiß es also nicht genau?«
    »Mischa, er hat einen Stuhl genommen und an der Wand zerschlagen. Und dann ist er aus dem Zimmer gelaufen. Ich kann nicht mehr zu ihm zurück. Ich gehe nicht zurück.«
    Sie begann zu schluchzen.
    »Vivien, du mußt aber zurück. Gerade jetzt.«
    »Was? Das ist ein Scherz, oder? Was in aller Welt willst du von mir?«
    »Wenn du hierbleibst, wird er dir nachstellen.«
    »Na und? Du wolltest mich doch beschützen?«
    »Tu das jetzt nicht. Wir sind so nah dran.«
    »Du meinst, du bist so nah dran, mein Gott! Ich brauche ihn nicht unbedingt zu besiegen. Und ich brauche auch nicht mehr zu wissen, was mit Senna passiert ist. Sie ist tot, Mischa. Aber ich lebe, und du lebst. Kannst du nicht einfach mit dem glücklich sein, was wir haben?«
    »Natürlich will ich, daß du zu mir zurückkommst«, sagte er. Doch er wußte nicht, ob er es ernst meinte.
    »Warum bist du dann so unglaublich schroff? Sag was, Mischa, ich rede mit dir!«
    »Psst, nicht so laut!«
    Vivien zog ihre Hände aus seinen.
    »Okay, alles klar. Wir dürfen sie nicht aufwecken.«
    »Es ist kompliziert.«
    »Ach wirklich? So kompliziert ist es nun auch wieder nicht. Ich habe dir die Adresse von Valdin gegeben, und jetzt brauchst du mich nicht mehr. Du schläfst also wieder mit ihr.«
    Er wollte sie nicht gehen lassen, wollte sie am liebsten in die Arme nehmen. Aber irgend etwas hinderte ihn daran. Unergründliche Gefühle mit einem düsteren Unterton umgaben Vivien, an denen er nicht zugrunde gehen wollte. Er durfte nicht in das schwarze Loch hineingesaugt werden. Er mußte klar bleiben, den Kopf behalten.
    »Ihr seid euch wirklich ähnlich, du und Valdin. Er ist ganz besessen von seiner Musik. Will niemanden mehr sprechen, ißt nicht und schläft nicht. Sei vorsichtig, Mischa. Er wird alles dafür tun, dich bei dem Duell zu demütigen. Er will dich aus dem Gleichgewicht bringen, genau wie … mit Senna.«
    Er sagte nichts. Sie stand auf wie jemand, der alles begreift. Er wollte nicht, daß sie zu Valdin zurückging. Sein Körper schrie nach ihr, wollte sie festhalten. Aber es ging nicht, es durfte nicht sein.
    »Macht nichts, Mischa«, sagte sie. »Ich verstehe es. Musik ist deine große Liebe.«
    Sie küßte ihn lange auf den Mund. Vielleicht wußte sie, daß Natasja in der Tür stand und alles mit ansah. Als sie sich endlich von Notovich löste, flüsterte sie: »Schade, daß ich nicht diejenige bin, die du suchst, aber vielleicht ist es besser so. Du machst mich todunglücklich.«
    Er ging ihr nicht nach. Die Stille und die Leere, die im Zimmer zurückblieben, fühlten sich an wie ein Fehler, der nicht mehr korrigiert werden konnte.
    »Mikhael, was tust du denn da?« fragte Natasja. »Wenn du sie wirklich liebst …«
    Und wieder redete er auf Natasja ein, erklärte, daß es nun endgültig vorbei sei. Aber seine Gedanken waren woanders. Todunglücklich hatte sie gesagt. Das war genau das Wort, das Senna einst verwendet hatte.

35
    D ie Einzelheiten waren nicht verloren. Sie kamen in dieser Nacht unversehrt an die Oberfläche, ohne daß er sich Mühe geben mußte. Die Knitter in einem Unterrock, den sie getragen hatte, der süßlich-frische Duft von Blüten, die über den Rand des Balkons hingen, der Geschmack ihrer Lippen, wenn sie Wein trank, die rosa Narben auf ihren Unterarmen, die er ab und zu gesehen hatte. Einzelheiten, die einmal wieder da waren, gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Als er aufwachte, sah er die Augen von Sennas Pferd vor sich. Wie hatte dieses Bild je aus seinem Bewußtsein entschwinden können: der starrende Blick des sterbenden Tiers?
    Magda, das abgedankte Pferd mit dem durchgebogenen Rücken. Senna holte es hin und wieder von der Reitschule ab. Er folgte ihr dann manchmal in kleinem Abstand. Anfangs lief sie nur in der Gegend der Reitschule herum, später durch Parks. Und als die Abkühlung in ihrer Beziehung spürbar wurde, spazierte sie manchmal einfach mit dem Ungetüm durch die Straßen, als ob sie einen Hund ausführte. Wenn er nach einer Reihe von Konzerten nach Hause kam, suchte er zuerst die Strecken ab, die sie am häufigsten ging.
    Die anderen Frauen waren nebensächlich. Nicht nur für ihn, sondern auch

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