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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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Ein schöner Mann, der sich den vierzig nähert. Er ist gut gekleidet und sieht irgendwie… teuer aus. Die Schuhe sind sorgfältig geputzt, die Fingernägel ordentlich manikürt. Er gehört wohl kaum zu meiner üblichen Zielgruppe.
    Ich erkläre die Abläufe, die zwei oder drei Vorgespräche, den Therapieplan und gebe Informationen hinsichtlich der Bezahlung. Peter Carlsson nickt und hört konzentriert zu. Obwohl er sich sichtlich zusammennimmt, spüre ich seine Nervosität. Ich nehme an, er wäre nicht hier, wenn er sich nicht dazu gezwungen fühlte.
    Ich kann sehen, dass er mich genauso taxiert wie ich ihn. Mich betrachtet, mein Gesicht, meinen Körper.
    »Sind Sie wirklich Therapeutin, ich meine, also … Sie sehen so … jung aus.«
    Die Frage ist mir schon früher gestellt worden. Mein Aussehen ist manchmal von Nachteil für meine Arbeit. Meine Patienten
erwarten oft, einer älteren Frau zu begegnen, und sind dann verwundert, wenn sie mich sehen. Vielleicht muss ich sogar härter arbeiten als andere, damit sie meine relative Jugend akzeptieren, die Unerfahrenheit zu signalisieren scheint.
    »Ja, ich bin wirklich Therapeutin«, antworte ich und versuche mir meine Verärgerung nicht anmerken zu lassen. »Aber jetzt wollen wir über Sie reden. Können Sie mir erzählen, warum Sie eine Therapie machen möchten? Bei unserem Telefongespräch haben Sie Zwangsvorstellungen und Angstzustände erwähnt, können Sie das näher erläutern?«
    Wieder nickt er und schaut aus dem Fenster.
    »Also, ich habe wohl immer zu Ängsten geneigt. Habe mir Sorgen gemacht.«
    Er begegnet meinem Blick, um bestätigt zu bekommen, dass ich zuhöre und verstehe.
    »Als Kind war es mir wichtig, die Dinge auf eine ganz bestimmte Art zu machen, auf den Pflastersteinen nicht auf die Striche zu treten, abends die Kleidung in einer ganz bestimmten Reihenfolge hinzulegen. Das war eigentlich nichts Besonderes, ich nehme an, dass das viele Kinder tun, aber im Unterschied zu anderen bin ich nie aus diesem Verhalten herausgewachsen. Oder, genauer gesagt, ich bin natürlich aus der Phase mit den Pflastersteinstrichen herausgewachsen, aber es sind immer neue Sachen dazugekommen.«
    »Hatten Sie irgendeine Idee, was passieren würde, wenn Sie die betreffenden Handlungen nicht ausführen?«
    Peter schaut auf seine Fingernägel, mustert seine gepflegten Hände.
    »Nun ja, vielleicht, dass meinen Eltern etwas zustoßen könnte. Besonders nachdem meine Großmutter gestorben war.«
    »Ihre Großmutter ist gestorben?«

    »Mm, sie war … etwas Besonderes… stand uns Kindern sehr nah. Und sie war ziemlich jung, erst in den Sechzigern. Schien bis dahin unverwundbar zu sein.«
    Peter verstummt, und ich kann sehen, dass er sich in Erinnerungen an seine schon lange tote Großmutter verliert.
    »Was ist passiert?
    »Krebs«, sagt er kurz. »Und danach war die Welt irgendwie kein sicherer Ort mehr. Verstehen Sie? Alles, was ich vorher für klar und eindeutig gehalten hatte, erwies sich als … vergänglich. Meine Kindheit wurde danach anders. Nicht in dem Sinne, dass ich zu schnell erwachsen wurde oder so ein Quatsch, aber sie wurde anders. Die Bedingungen für das Dasein veränderten sich, und die Dinge, die ich tat, dienten nur noch dazu, das Leben in Schach zu halten. Ich bekam Angst, dass meinen Eltern etwas zustoßen könnte, dass alle noch mehr aus dem Gleichgewicht geraten könnten. Ich machte mir Sorgen, dass sie krank würden oder einen Autounfall erlitten oder was auch immer. Ich passte auf sie auf, wollte ständig wissen, wo sie waren und was sie taten. Bekam Wutausbrüche, wenn sie weggehen wollten. Obwohl sich das nach einer Weile legte. Aber die Dinge blieben irgendwie. Die Routinen.«
    »In welcher Art veränderten sie sich? Was kam neu dazu?«
    »Andere Sachen«, sagt Peter zögernd.
    Ich versuche schnell im Kopf eine erste Zusammenfassung dessen zu machen, von dem Peter berichtet hat. Was er beschreibt, klingt nach klassischen Zwangshandlungen, nach zwanghaften Ritualen. Ziemlich normal in der Kindheit und oft ohne klinische Relevanz. Gehört eher zur normalen Entwicklung eines Kindes. Aber bei Peter bewirkten die Trauer und die Angst nach dem Tod seiner Großmutter offensichtlich, dass die Rituale, die er ausführte, aus dem Ruder liefen.
    Für viele Personen mit Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
ist dieses Problem eng verbunden mit Scham. Man schämt sich seiner Gedanken und Ängste, und seiner Unfähigkeit, sie zu kontrollieren. Oft führt man

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