Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid
Und falls es in ihrer Beziehung knirscht, ist das zumindest von außen nicht zu erkennen. Wobei Birgitta ohnehin nicht viel Wert auf öffentliche Gefühlsbekundungen zu legen scheint. Privat befindet sie sich an der Grenze zum Geheimnisvollen, wie Aina immer sagt. Redet gern und oft über ihre Arbeit, aber selten über ihr Privatleben. Und wer könnte ihr das vorwerfen? Mit Sven verheiratet zu sein, kann nicht einfach sein.
»Dürfen wir uns denn dazusetzen?«, fragte ich rücksichtsvoll.
»Aber bitte schön«, antwortet Sven und fährt sich noch einmal mit der Hand durchs Haar. »Wir wollen uns hier nur treffen, wir gehen in ein Konzert in der Katarina-Kirche«, fährt er fort und schlägt mit der Handfläche auf den Stuhl neben sich, als wollte er damit zeigen, dass noch Platz ist.
Aina kämpft sich an die Bar, zwängt sich zwischen ein paar Rentnern und einem langhaarigen Typen mit Rastazöpfen und einem Baby in einer Art selbstgewebtem Tuch um die Hüften durch. Sven und ich bleiben am Tisch sitzen und beobachten das Spektakel.
Stille legt sich über uns. Wir schauen einander an und lachen. Peinlich berührt.
»Würden wir uns häufiger außerhalb der Praxis sehen, dann wäre es vielleicht nicht so peinlich.«
Sven schaut mich an und lächelt erneut, und einen Moment lang habe ich das Gefühl, Achterbahn zu fahren. Er schaut in mein Innerstes. Er sieht meine Einsamkeit, dessen bin ich mir sicher.
»Vielleicht sollten wir uns mal allein treffen, nur du und ich, Siri?«
Die Achterbahn hat angehalten, und ich spüre, wie Wut in mir aufsteigt, auch wenn es schwer zu sagen ist, ob Sven es ernst meint. Auf jeden Fall habe ich keine Lust auf eine derartige Diskussion mit einem Kollegen, der auch noch verheiratet ist.
»Sven, hör auf «, sage ich kurz angebunden.
Svens Lachen ist laut und schallend und pflanzt sich im Lokal fort, was mir äußerst unangenehm ist.
»Wenn ich nicht wie ein ungebildeter, chauvinistischer Trottel klänge, dann würde ich sagen, du brauchst einen Mann, Siri. Willst du wirklich leben wie eine …«
Ich schneide ihm das Wort ab.
»Da kommt ja Birgitta. Und übrigens, Sven, kann sein, dass ich einen Mann brauche, aber nicht einen zwanzig Jahre älteren verheirateten Kollegen. Da gibt es sicher andere, passendere Kandidaten …«
Ich lächle einem der Jungs vom Nebentisch zu.
Doch Sven sieht mich schon gar nicht mehr, und mein Manöver verpufft. Er steht auf und umarmt Birgitta, und ich bin überrascht über seine Fähigkeit, von einer Situation in die andere zu gleiten, als gäbe es keine Grenze dazwischen.
Alles ist im Fluss.
Birgitta begrüßt mich und Aina, die mit zwei Glas Wein zurückkommt. Wir unterhalten uns eine Weile über einen Artikel,
den Aina gelesen hat, dann wandern Sven und Birgitta hinaus in die Sommernacht, Seit an Seit.
Aina sieht mir sofort an, dass ich verärgert bin.
»Ich sehe, dass unser gemeinsamer Kollege wieder mal versucht hat, dich zu verführen.«
»Ach, es ist nichts«, antworte ich. »Es ist nur…«
Ich verstumme. Mit Sven ist meistens gut auskommen. Es ist kein Problem, mit ihm die Praxis zu teilen. Er bezahlt immer, was bezahlt werden muss, und das rechtzeitig. Er ist tüchtig und verfügt über eine jahrelange Erfahrung, die er gern teilt. Oft hat er mir bei Patienten geholfen, mit denen ich nicht weiterkam. Aber manchmal verletzt er meine Privatsphäre. Und obwohl ich eigentlich mit seiner flirtenden Art umgehen können sollte, macht er mich wütend. Aber vielleicht hat er sogar Recht. Vielleicht bin ich eine zickige, vertrocknete Frau, die unbedingt einen Mann braucht. Obwohl ich das nicht glaube. Was ich allerdings unbedingt lernen muss: nicht immer alles so bierernst zu nehmen.
»Vergiss es«, antworte ich deshalb.
Stattdessen nippe ich an meinem Wein und lasse Aina von einem neuen Abschnitt im unendlichen Konflikt mit ihrer Mutter erzählen. Worum es bei diesem Zwist eigentlich geht, ist schon lange vergessen. Jede lebt ihr eigenes Leben, und keine von beiden scheint in der Lage zu sein, ihn beizulegen oder das überhaupt zu wollen.
Es fällt mir schwer, mich auf Ainas Worte zu konzentrieren. Meine Gedanken gleiten die ganze Zeit ab zu dem Gespräch mit Sara Matteus, das ich heute geführt habe. Etwas beunruhigt mich mehr, als ich es erklären kann. Aina, die meinen Mangel an Engagement merkt, ist deshalb nicht verletzt, sondern konfrontiert mich damit, fragt:
»Willst du erzählen?«
»Ja, aber nicht hier.«
Ein
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