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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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Zwangssyndrom?«

     
     
     
     
    Ich bin müde und fühle mich erschöpft, jetzt, nachdem alle Patienten nach Hause gegangen sind und Ruhe in der Praxis eingekehrt ist. Der Tag war angefüllt mit Patiententerminen und einer administrativen Besprechung mit Aina und Sven, in der es um eine Neuverteilung von Aufgaben und eine letzte Erinnerung an das jährliche Krebsessen der Praxisangestellten ging. Die Schlagzahl war hoch und hat keinen Platz für Grübeleien gelassen. Doch jetzt kommen die Angst und die Unruhe zurück, die ich seit heute Morgen versucht habe, aus meinen Gedanken herauszuhalten, und überfallen mich mit voller Wucht.
    Wer hat mich heimlich fotografiert? Ich versuche, vernünftig zu bleiben, und halte die Angst in Schach. Das ist nur ein übler Scherz, den da jemand mit mir treibt.
    Niemand, der mir wirklich schaden will.
    Ich bin nur paranoid.
    Gleichzeitig gibt es eine andere Stimme in mir, die mir sagt, dass ich möglicherweise einen Grund dafür habe, beunruhigt zu sein. Über den Sommer hinweg hatte ich mehrmals das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden, als ich daheim in meinem Haus war. Oft bin ich spätabends an meine sich verdunkelnden Fenster getreten und habe in den Garten geschaut, der immer verlassen dalag, friedlich und schweigend.
    Aber was tut man, wenn man einen Umschlag mit einem Foto, dessen Motiv man selbst ist, ins Haus geschickt bekommt?
    Soll ich die Polizei anrufen?

    Soll ich mit Aina reden?
    Soll ich eine Alarmanlage im Haus installieren lassen?
    Mich einschließen und nie mehr rausgehen?
    Die erste Idee verwerfe ich sofort. Für die Polizei liegt diese Art von Vorkommnissen auf der Gefahrenskala wahrscheinlich nur knapp über einem Kätzchen im Baum. Eine Alarmanlage im Haus und sich total abzuschotten, das erscheint mir wie eine Überreaktion. Bleibt noch Aina. Das Problem mit Aina ist, dass ich nicht weiß, wie sie reagieren wird. Was ich am meisten fürchte: dass sie sich übertrieben große Sorgen macht. Ich bin es leid, meine Freunde mit meinen Sorgen zu belästigen, mit meinem Gejammer und meiner Angst. Gleichzeitig muss ich zugeben, dass ich stinksauer auf Aina wäre, wenn sie im Gegenzug mir etwas verheimlichen würde, um mich zu schonen. Was also kann ich tun? Abwarten und Tee trinken? Ich beschließe, dass Letzteres wahrscheinlich die klügste Strategie ist. Vielleicht ist es trotz allem ja nur ein geschmackloser Scherz.
    Ich höre, wie Marianne im Empfang rumort, und rufe ihr zu:
    »Hör auf zu arbeiten, deine Arbeitszeit ist zu Ende!«
    Marianne hört auf, mit Papier zu rascheln, ich höre, wie sich ihre Schritte der Kaffeeküche nähern.
    »Du siehst müde aus, Siri. Soll ich dir eine Tasse Kaffee machen?«, fragt sie auf die fürsorgliche Art, die typisch für sie ist.
    Sie zeigt mir ihren breiten, etwas gekrümmten Rücken und holt zwei blaue Keramikbecher aus dem Schrank. Ich lehne dankend ab. Die Tatsache, dass ich eine Sekretärin eingestellt habe, ist schon schwer genug zu verkraften. Dass sie außerdem noch Kaffee für mich kochen soll, macht mich verlegen. Ich kann meinen Kaffee selber machen!
    Ich betrachte Marianne, während sie mit dem Rücken zu
mir steht und mit Nescafépulver und dem Wasserkocher hantiert. Wir führen so unterschiedliche Leben. Marianne ist gut zehn Jahre älter als ich, und sie hat zwei Söhne großgezogen, die inzwischen erwachsen sind. Sie hat ihre Kinder früh bekommen, irgendwann kurz nachdem sie zwanzig war. Jetzt sind beide von zu Hause ausgezogen. Der älteste Sohn betreibt mit einem Kumpel zusammen eine Computerfirma, der jüngste studiert an der Technischen Hochschule.
    Marianne hat zwei Ehen hinter sich, eine mit dem Vater der Jungs, die ein paar Jahre gehalten hat, und eine mit einem Mann, der nur unter der Bezeichnung »das Schwein Peter« bei ihr läuft.
    »Das Schwein Peter« und Marianne waren zehn Jahre lang verheiratet, und es ist klassisch gelaufen. Er hat sie wegen seiner Sekretärin verlassen. Als Marianne bei uns anfing zu arbeiten, war sie in gewisser Weise die Karikatur einer männerhassenden, zurückgewiesenen Frau. Vielleicht verziehen darüber manche den Mund, aber hinter all ihrer Verbitterung liegt eine große Trauer. Wahrscheinlich viel zu schmerzhaft, um ihr ins Auge zu sehen, trotz allem hat sie sich getraut, eine neue Beziehung einzugehen. Im Frühling hat Marianne einen neuen Mann kennen gelernt. Sie erzählt nicht viel von ihm, was eingedenk ihrer früheren Erfahrungen auch nicht so

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