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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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schwankt hin und her wie eine Boje im Sturm.
    »Scheiße. Entschuldige, Siri. Es tut mir wirklich…«
    Er verstummt und sucht nach Worten, schüttelt den Kopf und sieht aus, als versuchte er sich zu konzentrieren. Vielleicht versucht er auch nur, das Gleichgewicht wiederzufinden.
    »Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Ich bin nur besoffen … Scheiße. Kannst du meine Entschuldigung annehmen? Ich meine es ehrlich. Scheiße. Dieser blöde Alkohol …«
    Sven sieht aus, als wollte er eine lange Diskussion über sein Verhältnis zu allen möglichen Drogen anfangen, worauf ich absolut keine Lust habe.
    »Ist schon in Ordnung, Sven.«
    Ich lege ihm eine Hand auf den Arm, um zu unterstreichen, dass ich auch meine, was ich sage.
    »Wir können Montag weiter drüber reden, oder wir vergessen es einfach. Es ist okay so.« Ich drücke leicht seinen Arm, und Sven sieht mich dankbar an. Er dreht sich um und geht unsicher durch die Küchentür nach draußen, und da sehe ich sie.
    Im Flur steht Birgitta und betrachtet mich. Ihre sonst so üppigen Lippen sind zusammengepresst, ihr Gesichtsausdruck ist angespannt, die Arme über der schweren Brust verschränkt. Sie wirft mir einen vielsagenden Blick zu, eine Mischung aus Verachtung und Mitleid.

    Ich schäme mich.
    Wie viel hat sie gesehen? Was denkt sie von mir?
    Sie kommt näher, stellt sich in die Türöffnung. Sieht mich wieder an, sagt aber nichts.
    »Ja, also…«, sage ich schafsartig und spüre, wie mir heiß wird.
    Ich schäme mich, weil ihr Mann mich betatscht hat.
    Birgitta sieht mich nur an. Sie sagt nichts, hebt nur langsam den Zeigefinger und richtet ihn auf mich, als wollte sie mich wie ein unartiges Kind zurechtweisen oder jemanden vorführen – einen Schuldigen. Dann dreht sie sich um und geht ohne ein Wort wieder hinaus in den Garten.

     
    Stefan war ein begeisterter Taucher. Das war in den letzten zehn Jahren seine Leidenschaft gewesen. Wenn er nicht draußen war und selbst tauchte, plante er schon die nächste Tauchreise mit seinen ebenso begeisterten Freunden. Das Great Barrier Reef, das Rote Meer, das Südchinesische Meer, der Golf von Mexiko – Stefan war überall! Aber es gab immer noch neue Länder zu bereisen, neue Meere zu entdecken.
    In den ersten Jahren ging ich nie mit Stefan tauchen. Er wusste von meiner Angst vor der Dunkelheit und akzeptierte voll und ganz, dass ich Situationen mied, die dazu führen konnten, dass ich mich plötzlich außerhalb der Reichweite von Licht befand. Mit der Zeit begann er, das Thema zur Sprache zu bringen. »Du kannst doch mal einen Probetauchgang machen, in zehn Metern ist es immer noch total hell.«
    Ich begann ernsthaft zu überlegen, ob ich nicht tauchen lernen sollte. Gleichzeitig begann ich als Kognitive Verhaltenstherapeutin zu arbeiten, und Kernpunkt der Verhaltenstherapie an sich ist es ja, sich seinen Ängsten auszusetzen. Es ist die einzige Möglichkeit, sie überwinden zu können. Also tat ich, was er sich wünschte.
    Ich werde meinen ersten Tauchgang nie vergessen. Es war, als wäre ich auf einem langen Winterurlaub. Stefan war bedacht darauf, mich unter den vorteilhaftesten Bedingungen mit seiner großen Leidenschaft bekannt zu machen. Unsere Reise führte uns auf die Malediven. Als ich auf dem warmen weißen Korallensand stand, die Flasche auf dem Rücken, war
jeder Zweifel wie ausgewischt. Der Indische Ozean nahm mich behutsam in Empfang, als ich mich mit der ungewohnt schweren Ausrüstung vorsichtig ins Wasser gleiten ließ.
    Ein Gefühl von Schwerelosigkeit und die Sonnenstrahlen, die durch die Wasseroberfläche brachen und ein lebendiges Muster auf dem festen Sandboden bildeten, das waren die ersten Dinge, die ich registrierte. Alles war still, bis auf ein beharrliches knackendes, zischendes und blubberndes Geräusch, das meine eigene Atmung im Mundstück verursachte. Stefan nahm mich bei der Hand, und gemeinsam schwammen wir zum Riff hinaus. Er war sehr bedacht darauf, mir beim Druckausgleich zu helfen, als wir tiefer hinab schwammen. Aus zwei Metern wurden vier, dann acht. Wir schwebten schwerelos entlang der Riffwand. Umgeben von Millionen von Fischen in allen Regenbogenfarben fühlte ich eine Stille, wie ich sie noch nie zuvor erlebt hatte, und ich erinnere mich, dass ich dachte, jetzt, genau jetzt, verstehe ich Stefan.
    Ich machte den Tauchschein und begleitete Stefan immer öfter auf seinen Tauchausflügen, sowohl in Schweden als auch ins Ausland. Wir tauchten im warmen,

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