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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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salzigen, tropischen Meer, im trüben Wasser der Ostsee, in alten, aufgegebenen Schächten, in Wracks und in Wäldern braungrüner Algen, die sich im Takt mit den Wellen wiegten. Meine Angst vor dunklem Wasser wurde immer geringer, je besser ich im Tauchen wurde.
    Dann passierte das, was nicht hätte passieren dürfen. Ich wurde beim Tauchen von Panik überfallen. Wir waren mit Stefans Freunden Peppe und Malin vor Kungsbacka an der Westküste. Stefan und ich hatten gerade unseren ersten Tauchgang begonnen, als mich etwas erschreckte.
    Es war natürlich dunkel, eine eklige, kompakte, undurchdringliche Finsternis, massiv wie eine Betonwand. Die Kälte
des schwarzen Wassers drang durch alle Nähte des Anzugs. Ich erinnere mich, dass eine fast durchsichtige Krabbe unbeirrt an meiner Maske vorbeischwamm und in dem schwarzen Raum verschwand wie eine Raumsonde auf dem Weg ins Nichts. Ihre kleinen Beinchen bewegten sich ruckartig und ließen sie aussehen wie ein Mobile an einer Schnur, so eines, wie man sie über ein Babybett hängt. Gegen meinen Willen spürte ich, wie mein Körper immer steifer wurde, mein Herz schneller schlug und der bekannte Krampf sich im Körper ausbreitete. Ich drehte mich um, um Stefan das Zeichen fürs Aufsteigen zu geben. Noch hatte ich die Kontrolle über meinen Körper, doch als ich mich umschaute, sah ich nur noch mehr Dunkelheit. Keinen Stefan. Instinktiv tastete ich im dunklen Wasser herum. Suchte nach den kalten, harten Stahlmänteln seiner Sauerstoffflaschen oder nach dem rauen Gummi seines Neoprenanzugs.
    Die Erkenntnis kam mir schrittweise. Stefan war nicht hier. Also musste ich mich allein nach oben begeben. Einsam in der Dunkelheit. Der Krampf in der Brust war fast unerträglich, ich spürte, dass ich die Maske abnehmen musste, dass ich am Ersticken war. Ich musste dieser schrecklichen Dunkelheit entkommen. Ich versuchte an Sonnenlicht zu denken, schloss die Augen und sah es vor mir, doch es war schon zu spät. Die Katastrophe war bereits eingetroffen. Meine Gedanken reichten nicht weiter als mein von Panik befallener, herrenloser Körper.
    Ich führte die Hand an die Stirn, griff an den oberen Rand der Maske und zog sie fast vorsichtig ab, während ich gleichzeitig das Mundstück ausspuckte. Die Kälte des Wassers, das mir übers Gesicht spülte, war befreiend, und verwundert hörte ich das gurgelnde Geräusch, das aus meiner Kehle drang, als ich unkontrolliert an die Wasseroberfläche aufstieg.
    Ich war an diesem Abend untröstlich. Ich hatte gegen die
grundlegendsten Sicherheitsvorschriften verstoßen und einen vollkommen unkontrollierten Aufstieg gemacht. Stefan saß an meiner Bettkante und strich mir übers Haar. Er war besorgt und verwirrt: Wie hatte ich nur die Kontrolle verlieren können? Ich weiß, dass er nie verstand, wie ich so einfach die Kontrolle über meinen Körper verlieren konnte.
    Seiner gehorchte ihm schließlich immer.
    Es dauerte mehrere Jahre, bis ich über dieses Ereignis hinwegkam, über dieses panikartige Gefühl des absoluten Kontrollverlusts, umgeben von all dem Schwarzen, Kalten. Gefangen in meinem eigenen Körper.

     
    Es ist noch so ein betörend schöner, aber drückend schwüler Spätsommerabend. Die hohen Fichten beschatten das Haus, so dass es angenehm kühl ist, als ich nach Hause komme. Trotzdem öffne ich alle Fenster und Türen, rufe nach Ziggy und hole das Katzenfutter aus dem Schrank. Er muss doch hungrig sein, nachdem er gestern nichts gefressen hat und außerdem die ganze Nacht und den ganzen Tag draußen gewesen ist.
    Mit einigem Widerstand gehe ich meine Post durch, aber kein grauer Umschlag wartet auf mich. Ich ziehe mir eine alte, ausgeblichene Bikinihose an und schwimme eine schnelle Runde. Das Meer ist von dem warmen Sommer aufgeheizt, es ist ein Genuss zu schwimmen, aber heute bleibt es sowieso bei einer kleinen Runde. Stattdessen verbringe ich den Abend, indem ich David Bowie zuhöre, sauren Wein aus dem Karton trinke, ein paar wissenschaftliche Artikel überfliege und Therapiepläne entwerfe. Es ist fast halb eins in der Nacht, als ich die Artikel weglege, mich im Bett auf die Seite drehe und fast augenblicklich einschlafe.
    Der erste Gedanke, der mir kommt, als ich aufwache: Etwas stimmt nicht. Noch bevor ich die Augen öffne, weiß ich, dass etwas passiert ist. Es scheint, als wäre die Luft irgendwie anders. Sie drückt auf mein Gesicht und meinen Körper, erscheint mir erstickend und viel zu greifbar und schwer, um Luft zu

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