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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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erbrechen.
    Wir gleiten zögerlich, aber geschickt in ein Gespräch, haken das Wetter ab, die neuen Gesetze des Bezirksparlaments und die Urlaubspläne fürs nächste Jahr. Mit der Zeit werden die Gespräche in unterschiedlicher Konstellation weitergeführt. Ich höre, wie Aina und Marianne sich über Yoga unterhalten. Christer und Robert sprechen über Musik, und ich wundere mich, wie genau Christer auch in diesem Bereich Bescheid weiß.
    Ein paar Schnapslieder und Krebse später passiert es – die Diskussion gleitet unausweichlich in gefährlichere Bahnen ab. Eine Diskussion über Vergewaltigung und ihre Ursachen entfacht sich an einer Buchrezension in der Zeitung. Birgitta ist diejenige, die das Gespräch leitet.
    »Aber niemand an diesem Tisch wird doch wohl der Meinung sein, dass Vergewaltigung überhaupt eine sexuelle Handlung ist, schließlich handelt es sich dabei doch ausschließlich um patriarchale Macht, oder?«
    Herausfordernd schaut sie sich um und fährt sich mit der Zunge über ihre üppigen Lippen. Ihr graumeliertes Haar liegt in einer gepflegten Frisur perfekt an ihrem Kopf, kurzer Pagenkopf mit Pony. Sie sieht aus wie der Prototyp einer erfolgreichen Feministin. Wie immer scheint ihr akademisches Interesse das Einzige zu sein, wofür sie sich wirklich engagiert. Birgitta hat ansonsten die Tendenz, sich außerhalb der
menschlichen Gemeinschaft zu stellen. Sie ist ein Betrachter, der die anderen Menschen zu registrieren und analysieren scheint, aber nur selten eigene Ansichten verrät. Obwohl ich sie bewundere, flößt sie mir manchmal auch Furcht ein, und es kommt vor, dass ich mich in ihrer Gesellschaft unwohl fühle.
    »Ich meine damit, dass man von der Vergewaltigung behaupten kann, dass sie unsere Vorstellung von Geschlechtern und unsere Machtordnung der Geschlechter konstruiert.«
    Birgitta wartet immer noch auf eine Reaktion, sieht sich um und lässt ihren Blick auf mir ruhen. Sucht sie meine Unterstützung? Sie seufzt und sieht enttäuscht aus. Wie eine Lehrerin, die feststellt, dass ihre Schüler die Hausaufgaben nicht gemacht haben.
    »Was ich meine, ist, dass ein Übergriff auf Frauen auf den gleichen Strukturen beruht, die dazu führen, dass Männer höhere Löhne als Frauen erhalten, nämlich der Hierarchie der Geschlechter.«
    Marianne zieht an ihrer Zigarette und schaut mit gerunzelter Stirn nachdenklich übers Meer. Es sieht aus, als versuchte sie, etwas zu sagen. Christer schaut auf seinen Teller und greift dann nach einem weiteren Krebs.
    »Was denkst du, Christer?«
    Ich sehe, wie Aina sich Christer zuwendet und in ihrer üblichen, physisch präsenten Art eine Hand auf seinen Arm legt und die Brust vorschiebt. Mein Gott, denke ich, manchmal treibt sie es aber doch zu weit. Christers Blick begegnet Ainas für einen Moment, dann wendet er sich wieder seinem Krebs zu.
    »Ich habe dazu eigentlich keine Meinung«, sagt er ruhig, ohne auch nur eine Sekunde den Blick auf Ainas Brust verweilen zu lassen.
    Ich frage mich, ob er verstanden hat, wie knifflig die Frage
ist, ob er ihr Gewicht richtig einschätzt und welche Konsequenzen eine falsche Antwort haben könnte.
    »Ich finde, an dem, was du sagst, ist etwas dran«, wirft Sven ein und nickt nachdenklich, während er sich sein Schnapsglas greift und sich vorbeugt, um erneut einzuschenken.
    Sven wird heute Abend betrunken sein.
    Wieder einmal.
    »Also«, setzt Robert an, »das mit der Hierarchie der Geschlechter, das schlucke ich nicht so einfach. Ich denke, dass es sich bei einer Vergewaltigung um Geilheit in Verbindung mit einer mangelnden Impulskontrolle handelt. Außerdem gibt es einen menschlichen Überlebenswillen, der für den Drang verantwortlich ist, die eigenen Gene so breit wie möglich zu verstreuen. Vielleicht ist das nur vererbt. Evolutionäre Theorien sind ja verdammt interessant. Ansonsten glaube ich, dass alle Männer… hmm … Tiere sind.«
    Lachen entsteht um den Tisch herum. Roberts bewusst provozierender Kommentar hat die Spannung gelöst. Christer lacht laut, und Sven prustet und bekommt einen Schluck Bier in den falschen Hals. Aina kichert und krümmt sich über Roberts Knie in einer unkontrollierten Bewegung. Die Einzige, die nicht amüsiert scheint, ist Birgitta, die steif lächelt, mit fest zusammengekniffenen Lippen.
    »Na, das ist auch eine Ansicht«, sagt sie leicht ironisch, sich wohl bewusst, dass sie ausgezählt wurde.
    Von einem zwanzig Jahre jüngeren Typen.
    Mit Dreadlocks.
    Ich sehe den Blick, den sie

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