Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid
Absicht anfahre, sondern dass ich aus Versehen jemandem schade. Es ist eher so, als würde ich die Kontrolle verlieren, etwas Verrücktes machen, wie man es im Fernsehen
sieht, Sie wissen schon, wie dieser Typ, der seine Mitbewohnerin mit einer Axt erschlagen hat.«
Peter bezieht sich auf ein aufsehenerregendes Verbrechen.
»Das war schon immer so … seit ich hin und wieder Beziehungen habe. Aber es ist schlimmer geworden.«
»In welcher Art und Weise ist es schlimmer geworden?«
»Ich weiß nicht, die Gedanken drängen sich mir immer mehr auf. Sie werden zu Bildern. Sind wie kleine Filme, die abgespult werden. Wenn ich … wenn wir … wenn wir versuchen, miteinander zu schlafen, dann ist es, als liefe ein Film in meinem Kopf ab.«
Peter zögert, und mir ist klar, dass er eigentlich nicht berichten will, was er gleich erzählen wird.
»Wir fangen beispielsweise an, uns zu küssen oder… Sie wissen schon. Und ich werde erregt. Aber dann, dann kommen diese schrecklichen Bilder, und ich, ich tue alles, was ich kann, um sie wegzuschieben. Sage mir Schlagertexte auf oder multipliziere im Kopf… aber die Bilder kommen trotzdem. Bilder davon, wie wir miteinander schlafen. Und sie liegt da, irgendwie ausgeliefert. Und vertrauensvoll. Sie vertraut mir. Zuerst schlafen wir ganz normal zusammen, und sie genießt es. Sie genießt es, und ich genieße es. Aber dann … dann … ähh … dann passiert etwas mit den Bildern. Ich sehe, wie ich meine Hände hebe und sie ihr um den Hals lege. Und sie sieht mich an und öffnet den Mund, um Nein zu sagen, aber es kommt kein Ton heraus. Kein einziger Ton! Und ich drücke zu. Sie zittert, und ihr Rücken spannt sich, aber sie kann nichts tun. Sie scheint sich geradezu nach oben zu biegen. In einem Bogen … Ihre Augen sind groß und schwarz, und ich sehe ihre Überraschung und ihre Angst. Ich presse ihr das Leben aus dem Leib, während ich immer noch in ihr bin, und als sie aufhört zu atmen, da erst komme ich.«
Peter Carlsson sieht fast vernichtet aus. Er weint immer noch.
»Wie fühlen Sie sich jetzt, im Nachhinein, bei diesen Bildern?«
Er antwortet nicht, streicht nur mit den Händen immer und immer wieder über die mit einer Anzughose bekleideten Oberschenkel, in einer fast spastischen Bewegung.
Ich warte seine Antwort ab.
»Ich habe so eine Angst. Und wenn ich nun wirklich die Kontrolle verliere und ihr wehtue? Ich liebe sie doch. Widerlich fühle ich mich bei diesen Gedanken, wie ein verdammter Sexualverbrecher. Ich will ihr doch nicht wehtun.«
»Genießen Sie die Phantasien auch?«
Ich weiß, dass meine Fragen von meinem Patienten als provokativ empfunden werden, aber es ist wichtig für mich, sie zu stellen, damit ich verstehe, was hinter Peter Carlssons Gedanken steckt. Ist er ein Sexualsadist oder handelt es sich um Zwangsvorstellungen?
»Genießen?«
Peter sieht empört aus.
»Nein, die genieße ich nun wirklich nicht. Ich wünschte, ich würde sie loswerden. Ich wünschte, es gäbe sie gar nicht. Deswegen suche ich ja Hilfe. Damit sie verschwinden. Verstehen Sie das nicht?«
»Tun Sie selbst etwas, damit sie verschwinden?«
»Ich habe aufgehört, mir Nachrichten anzugucken und so und über Wahnsinnige und Leute zu lesen, die die Kontrolle verlieren und andere umbringen.«
Peter verstummt. Stille erfüllt den Raum.
»Sonst noch etwas?«
»Ich habe keinen Sex mehr. Wenn ich nicht mit meiner Freundin schlafe, dann kommen die Gedanken nicht in dieser
Form. Aber … welche Frau will einen Mann, der keinen Sex haben will?«
Ich habe Peters Erzählungen zugehört und seine Worte abgewogen. Die Bilder, die er vermittelt, verursachen bei mir zwar eine leichte Übelkeit, aber obwohl ich mir nicht vollkommen sicher bin, glaube ich doch eher, dass es sich bei dem, was er beschreibt, um Zwangsvorstellungen und nichts anderes handelt. Aufdringliche, unerwünschte Gedanken und Bilder, die starke Ängste verursachen. Angst, die Kontrolle zu verlieren und die Gedanken zu realisieren, was oft zu einer Vermeidung dessen führt, was diese Gedanken auslöst.
Oft kommt es dann zu Ritualen unterschiedlichster Art, genau wie bei Peter, um die beunruhigenden Gedanken auf Abstand zu halten. Aber das Ausweichen und die Rituale halten die Problematik aufrecht, ja, können sie sogar verschlimmern. Mein Job ist es, den Patienten dabei zu helfen, mit den Ritualen und der Vermeidungsstrategie aufzuhören und sich stattdessen mit den quälerischen, angsteinflößenden Gedanken
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