Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid
14.00
Ort: grünes Zimmer, Praxis
Patient: Peter Carlsson
Zweites Vorgespräch
Es ist wieder an der Zeit für ein Treffen mit Peter Carlsson. Dieses Mal zu einem zweiten Vorgespräch, bei dem ich schon mehr weiß, weshalb ich auch mehr Möglichkeiten habe, ihn dazu zu bringen, sich mir gegenüber zu den Dingen zu äußern, die momentan für ihn wichtig sind und die ihn dazu gebracht haben, dass er jetzt auf meinem Lamino-Sessel sitzt und schrecklich gequält aussieht. Im Laufe der letzten Woche hatte ich so meine Zweifel, ob Peter wirklich zu diesem zweiten Termin erscheinen würde. Manchmal erscheint es einem einfach zu anstrengend, wiederzukommen, vielleicht weil es einem peinlich ist und man glaubt, man hätte zu viel erzählt. Vielleicht kommt man mit dem Therapeuten nicht zurecht. Aber Peter ist hier. Er sitzt pflichtschuldig da und wartet, dass ich anfange. Ich sehe ihm an, dass es ihm schlecht geht. Sein Gesicht ist rot gefleckt, und er weicht meinem Blick aus. Als wir uns im Wartezimmer begrüßen, fühle ich, wie verschwitzt seine Hand ist, und ich kann sehen, dass er sich schämt, weil ich ihn dabei ertappt habe, dass er seine Körperfunktionen nicht im Griff hat.
Wir tauschen ein paar Höflichkeitsfloskeln aus, dann
schauen wir uns die Formulare an, die er in der Zwischenzeit ausgefüllt hat. Und danach bitte ich ihn, mir zu erzählen, wie es dazu kommt, dass er ausgerechnet jetzt Hilfe sucht. Was passiert ist, was dazu geführt hat, dass er nach fast zwanzig Jahren versucht, Hilfe zu bekommen angesichts von Symptomen, die er schon so lange hat.
»Ja, nun … ich habe eine Freundin. Sie ist sehr wichtig für mich. Ich nehme an, es ist das erste Mal, dass ich wirklich jemanden liebe. Ich meine, wirklich liebe.«
Ich nicke aufmunternd und signalisiere ihm, dass er weitersprechen soll.
»Wir haben uns vor ein paar Monaten kennen gelernt, und anfangs hat alles gut geklappt, aber ich war trotzdem nervös. Ich meine, ich habe schon früher Beziehungen gehabt, sie aber immer nach ziemlich kurzer Zeit wieder beendet. Aber mit diesem Mädchen, da will ich nicht… ich meine, ich will. Ich will etwas mit ihr zu tun haben.«
»Sie haben also schon früher Beziehungen gehabt, diese aber abgebrochen, und jetzt haben Sie eine Frau getroffen, die von Bedeutung für Sie ist, und Sie möchten, dass es klappt, habe ich Sie da richtig verstanden?«
Peter Carlsson nickt stumm, und ich kann sehen, dass Tränen in seinen Augen aufsteigen.
»Können Sie mir berichten, warum Sie Ihre früheren Beziehungen beendet haben und warum Sie sich Sorgen machen, dass Sie die jetzige auch abbrechen müssen?«
»Ich habe so Gedanken«, murmelt er, »Bilder im Kopf. Und die machen mir Angst.«
»Können Sie die Gedanken beschreiben?«
»Das … das … ist so schwer.«
Er sieht gequält aus.
»Erzählen Sie, wann es das letzte Mal dazu gekommen ist.«
»Gestern Abend. Es war gestern Abend. Wir haben … etwas gegessen und Wein getrunken. Sie, also meine Freundin, wurde müde und hat sich hingelegt. Sie lag auf dem Bett und schlief. Und ich habe vor mir gesehen, wie ich … wie ich … ich meine, wie unglaublich einfach es für mich wäre, ihr die Hände um den Hals zu legen… und … und zuzudrücken. Ich habe gesehen, wie klein und verletzlich sie ist und wie unglaublich einfach es wäre… ihr Schaden zuzufügen.«
»Und wie haben Sie sich bei diesen Gedanken gefühlt?«
»Ich weiß nicht. Zuerst waren sie fast… erregend.«
Peter Carlsson sieht beschämt aus und schaut auf seine glänzenden Schuhe, als fände sich dort die Lösung seines Problems.
»Aber dann habe ich schreckliche Angst bekommen. Wenn ich ihr nun wirklich schaden würde. Ich … ich liebe sie doch.«
Er krümmt sich auf dem Stuhl zusammen, und sein Körper erbebt. Tränen laufen ihm die Wangen hinunter, und ich mache die übliche Geste zur Kleenexpackung hin.
»Ich nehme an, diese Gedanken sind Ihnen schon in früheren Beziehungen gekommen?«
Er nickt.
»Erzählen Sie mehr davon«, fordere ich ihn auf.
»Fast immer denke ich, ich könnte ihnen Schaden zufügen. Wie mit dem Auto, wo ich gedacht habe, dass ich jemanden überfahren könnte. Aber es ist eher…«, er zögert, »… eher, als würde ich die Kontrolle verlieren. Sie wissen schon, als würde ich … wahnsinnig werden. Wenn ich nun wahnsinnig würde und etwas täte, was ich nicht mehr kontrollieren kann. Wie bei einem Autounfall, da geht es ja auch nicht darum, dass ich jemanden mit
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