Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid
und abnimmt. Rhythmisch. Als würden gespreizte Worte von unsicheren kleinen Kinderhänden geformt.
Ich gehe langsam auf den Flur zu, ohne wirklich einen Plan zu haben, versuche meine Schritte so lautlos wie möglich zu setzen. Auf halbem Weg kommt mir die Einsicht: Ziggy, natürlich ist das Ziggy, der zurückgekommen ist. Vielleicht ist er verletzt und angeschlagen, nicht in der Lage, meine Aufmerksamkeit zu erwecken.
Ich nehme die letzten Meter in großen Schritten, stürze zu der abgenutzten, aber massiven Eichentür und reiße sie auf, um den Wald dahinter zu empfangen. Die Sonne ist untergegangen, und nur ein schwacher, graublauer Schein zeigt sich noch hinter den knorrigen Kiefernstämmen. Farn, Blaubeerkraut und Moos breiten sich vor mir aus, aber nirgends kann ich Ziggys rundlichen kleinen Katzenkörper entdecken. Ich trete zögernd auf die Holztreppe hinaus.
»Ziggy!« Meine Stimme verhallt spröde und klanglos im Sommerabend.
Aber bis auf das entfernte Geräusch eines Motorboots bleibt alles still. Und dann: etwas anderes, das Geräusch von etwas Porösem, das zerbricht. Wie Zweige, die gebrochen werden. Kleine, dünne Zweige. Ich stelle mir vor, wie Ziggy verwirrt zwischen Farn und moosbewachsenen Felskuppen hin und her irrt. Verletzt und orientierungslos.
»Ziggy, komm her, mein Kleiner!«
Aber keine Katze kommt auf mich zu.
Ich gehe zurück und hole die große Taschenlampe aus dem Schlafzimmer, halte sie fest in der rechten Hand, als ich vorsichtig wieder aus der Tür trete.
»Ziiiggyy!«
Die Abendluft ist feucht und mit einem satten Duft nach vermodernden Pflanzenteilen und Nadelbäumen gefüllt. Ich schalte die Lampe ein und richte sie auf den Wald. Die Kiefernstämme werfen unregelmäßige Schatten, die grotesk langgezogenen
Gestalten ähneln, sie fallen und fallen, während ich den Lichtkegel von links nach rechts wandern lasse. Eine Fledermaus fliegt mit ruckartigen Bewegungen durch das Licht.
»Ziggy! Komm, mein Kleiner! Komm zu Frauchen!«
Langsam trete ich zwischen die Kiefern am Waldrand. Ich bin immer noch barfuß und in Badekleidung. Die Tannennadeln stechen mich in die Fußsohlen, aber das stört mich nicht. Alles, was ich will, ist, Ziggy finden.
Dann bin ich an der Wäscheleine angekommen. Die Laken, die ich heute Morgen aufgehängt habe, reflektieren das Licht der kräftigen Taschenlampe, so dass ich unfreiwillig blinzeln muss.
»Ziggy!«
Aber kein Ziggy kommt.
Aus dem Augenwinkel heraus meine ich eine Bewegung zu sehen. Das Laken ganz hinten rechts flattert leicht, und ich höre einen dumpfen Knall. Wieder bricht ein Zweig, dieses Mal aber ein kräftigerer als beim letzten Mal. Viel zu stark, um von Ziggys hübschem, geschmeidigem Katzenkörper in die Knie gezwungen worden zu sein. Das ist die Art von Zweigen, die nur unter großem Gewicht bricht. Nur ein großes Tier oder ein Mensch könnten so einen Ast brechen. Ich weiß das. Mein ganzer Körper weiß, dass es so ist.
Mein Magen zieht sich zusammen, und der Griff um die Taschenlampe wird fester. Plötzlich bin ich mir bewusst, wie ich aussehe, wie ich hier dastehe, nur in der Badehose, mit der riesigen Taschenlampe in der rechten Hand, vor mir wie ein Kruzifix ausgestreckt, als glaubte ich, sie könnte das von mir fernhalten, was sich in der Dunkelheit vor mir befindet.
Ich bleibe eine Sekunde lang mucksmäuschenstill stehen, bevor ich zurück zum Haus laufe und die Tür hinter mir zuwerfe,
auf dem Boden zusammensinke und mit zitternden Fingern die Tannennadeln von den Fußsohlen zupfe.
Vielleicht liegt das, was danach passiert, an meiner erfolglosen Suche nach Ziggy und dem sich mir aufdrängenden Gefühl, dass jemand sich vor meinem Haus befunden hat, jemand, der mich halbnackt und zitternd zwischen den Kiefern nach meiner Katze suchen sah, mit der Taschenlampe als einziger Waffe.
Ich fühle mich deprimiert, verängstigt und einsam und beschließe, mich mit der letzten Flasche Rosé aus dem Kühlschrank zu trösten. Es werden mehr Gläser, als ich gedacht hatte, und als die Flasche leer ist, lade ich mich noch zu einem Schluck Rotwein ein. Ich dämmre dahin und gleite in einen unruhigen, traumlosen Schlaf, auf dem genoppten, unbequemen Sofa liegend, mit einer Wolldecke in Schottenkaro über mir, während meine Stereoanlage viel zu laute Musik spielt. Deshalb höre ich zunächst nicht, dass das Telefon klingelt, viele Klingelzeichen ertönen, bevor ich reagiere. Es knistert und knackt in meinem Handy, und ich
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